Ingolstadt
"Auch wir sprechen für die Bürger"

27.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:04 Uhr
Auch wir sprechen für die Bürger −Foto: Repro: DK

Ingolstadt (DK) Wer vertritt die Bürger Ingolstadts? Der Stadtheimatpfleger, der sich unverdrossen für die Rettung des Verwaltungsgebäudes auf dem Gießereigelände engagiert? Oder die gewählten Stadträte, die im Mai bei ihrer Entscheidung über den Abriss vielleicht andere Schwerpunkte setzen

Nach der Expertenanhörung vom Montag war dies eine der Fragen, auf die sich die politische Debatte im Stadtentwicklungsausschuss konzentrierte. Heimatpfleger Christian Dittmar hatte sein Plädoyer für den Erhalt des denkmalgeschützten Verwaltungsbaus wiederholt mit dem Hinweis untermauert, er verstehe sich als Vertreter der Ingolstädter. "Wenn Sie das Thema nur auf die städtebaulichen Belange reduzieren", hielt er den Stadträten entgegen, "dann gehen Sie am Bürger vorbei. Die Bürger hängen an ihrer Stadt!"

CSU-Fraktionschef Joachim Genosko wollte das nicht so stehen lassen. Dittmars Einstellung verrate "schon ein bisschen Hybris", erklärte er. Denn auch die Studenten, die von der Hochschulerweiterung profitieren, seien "Bürger dieser Stadt". Ihn beschleiche das Gefühl, stichelte Genosko, dass wohl nur noch ein "Kongresszentrumerl und ein Hotelerl" gebaut werden soll, wenn unter allen Umständen der Verwaltungsbau erhalten bleibe.

"Wir wägen auch ab", sagte Hans Achhammer (CSU) in Richtung Dittmar, "wir sprechen auch für die Bürger." Und er blieb dabei: "Wir müssen leider in den sauren Apel beißen und das Verwaltungsgebäude opfern, auch wenn es uns nicht leicht fällt." Ein weiterer Alt-Ingolstädter "Bürger", SPD-Ausschusssprecher Manfred Schuhmann, kam zum gleichen Ergebnis: "Ich persönlich bin dafür, dieses Opfer zu bringen." Wenn neben der Gießereihalle ein freier Platz entstehe und die Rossmühle besser zur Geltung komme, "gewinnt die Denkmalpflege ganz entscheidend". Schuhmanns Fraktionskollegin Gudrun Rihl bekannte durchaus selbstkritisch, der Stadtrat hätte – schon vor dem Architektenwettbewerb – klarstellen müssen, dass er das Verwaltungsgebäude erhalten will.

Hans Stachel (FW), als "nächster gebürtiger Ingolstädter" vom OB aufgerufen, zeigte zwar Verständnis für ehemalige Schubsa-Mitarbeiter, deren Herz an den verbliebenen Bauten der Gießerei hängt. "Aber der Stellenwert des Verwaltungsgebäudes ist für mich nicht so groß." Stachel nannte Dittmars Aussage "schon überzogen", wenn er behaupte, "ganz Ingolstadt hängt daran".

Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle verblüffte manchen Politiker mit der Erinnerung an den ersten Wettbewerb 1995. Nur auf Betreiben der Stadt, berichtete sie, sei damals die – heute hoch gelobte – Gießereihalle unter Schutz gestellt worden. "Wenn wir nicht schnell genug gewesen wären, hätte Rieter das mit abgerissen."

Angelika Wegener-Hüssen (Grüne) gab zu bedenken, dass ein künftiger Nutzer dieser Halle wohl auf irgendeine Art von Anbau angewiesen sei. Diesen Gedanken griff auch OB Alfred Lehmann auf. "Wir werden zusätzliche Flächen dafür brauchen", brachte er den Erhalt den Zwischenbaus der beiden Denkmäler ins Spiel. Schlussappell von Ludwig Wappner, Vorsitzender des Preisgerichts, an das Publikum: "Wir haben sehr bewusst abgewogen, das bitte ich zu berücksichtigen. Ich glaube, der zwanghafte Erhalt bereitet einer gesamtheitlichen Lösung große Probleme."