Ingolstadt
Reporter ohne Grenzen

Eric Bwire, ein kritischer Journalist, der aus seiner Heimat flüchten musste, erzählte Gymnasiasten seine Geschichte

18.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:32 Uhr

"Ich lebe noch wegen Deutschland!" Eric Bwire musste aus Uganda fliehen. Gestern berichtete er im Katharinen-Gymnasium von den brutalen Menschenrechtsverletzungen in seiner Heimat. Neben ihm Birgit Mair, Referentin der Georg-von-Vollmar-Akademie. - Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) In seinem Heimatland Uganda geschieht unmenschliches Unrecht, und er schrieb mutig dagegen an. Eric Bwire, Journalist, war ein junger Familienvater, als er vor gut zehn Jahren volles Risiko ging. Aber er konnte nicht anders, als die vom Staat geduldeten, ja sogar angestifteten Verbrechen anzuprangern.

Nach einem brutalen Schlüsselerlebnis erklärte Bwire die Verteidigung der Menschenrechte zu seinem Lebensthema: Einer seiner Freunde war auf offener Straße zu Tode gesteinigt worden, nachdem dessen Homosexualität bekanntgeworden war; eine Strafe hatten die Täter nicht zu befürchten. Strafbar macht sich in diesem ostafrikanischen Land aber, wer Homosexuelle nicht bei der Polizei denunziert. "Es ist dort völlig normal, wenn Schwule auf der Straße umgebracht werden", erzählt Bwire. Selbst vor Jugendlichen mache die mordende Menge nicht Halt. Wer ihr entkommt und vor Gericht landet, hat mit einer Freiheitsstrafe zwischen zehn und 15 Jahren zu rechnen. Unmenschliche Zustände. "Ich wollte etwas ändern!" Der unbequeme Journalist geriet schnell unter Druck, musste untertauchen, wurde verhaftet und misshandelt. Mit Hilfe der deutschen Botschaft gelang ihm die Flucht nach Deutschland. Er bekam Asyl. Und erzählt gerne Schülern seine Geschichte.

Gestern war Bwire im Katharinen-Gymnasium zu Gast. An der Seite von Birgit Mair, einer Referentin der Georg-von-Vollmar Akademie für politische Bildung, setzte er sich mit Achtklässlern und deren Lehrerin Stefanie Kohlhepp zusammen. Der Journalist berichtete mit ruhiger Stimme über seine dramatischen Erlebnisse. Er wurde nicht verhaftet, sondern von der Polizei verschleppt. Bwire landete nicht in einem normalen Gefängnis, sondern in einem so genannten "Save House", das allerdings alles andere als sicher war. Sondern höllisch. "Von außen sah es aus wie ein ganz normales Haus. Wir saßen dort, wussten nicht, wo wir sind, ohne einen festen Tagesablauf. Ich wurde geschlagen und ununterbrochen verhört", erzählte er. Sie wollten Namen von ihm hören, Kontakte, Pläne. Die Polizisten rissen ihm mit einer Zange mehrere Zähne aus. Bwires Frau und die zwei kleinen Kinder blieben im Ungewissen. Drei Wochen dauerte die Tortur, dann gelang Bwire mit Hilfe eines Mitarbeiters der deutschen Botschaft, die direkt neben diesem rechtsfreien "Save House" lag, die Flucht. 2009 war das. Der damals 29-Jährige landete in Bayern und stellte einen Asylantrag, der relativ zügig bewilligt wurde - auch deshalb, weil Bwire viele seiner Artikel vorlegen konnte, die seinen Einsatz für die Menschenrechte dokumentieren. Was ihn in Deutschland als Erstes beeindruckt habe, wollte eine Schülerin wissen. Die Antwort kam binnen einer Sekunde: "Die Freiheit! Und die Kultur, besonders in Bayern." Anfangs war es nicht leicht für den jungen Asylbewerber: Er lebte in einer Unterkunft in einem mittelfränkischen Dorf und tat sich mit der deutschen Sprache schwer. Aber bald erging es ihm besser. Bwires Familie durfte zu ihm ziehen, vor drei Jahren kam das dritte Kind zur Welt. Nächstes Jahr wird der heute 36-Jährige seine Ausbildung zum Sozialbetreuer abschließen. Außerdem arbeitet er nebenher als Journalist, schreibt für englischsprachige Medien.

Er vermisse seine Verwandten in seiner Heimat sehr und würde sofort wieder zurückgehen, wenn sich dort die Rechtslage verbessern würde, sagte Bwire den sehr interessierten Schülern, die ihm viele Fragen stellten. Aber er hat derzeit keine Hoffnung. "Mein Ziel war immer die Freiheit, egal, wo ich bin! Ohne Einschränkungen!" Und genau das schätzt er so an Deutschland und den Deutschen, betonte er. "Ich lebe noch wegen Deutschland!" Da kam er auf die Gegenwart: Es sei eine "großartige Geste" gewesen, als Bundeskanzlerin Angela Merkel im vergangenen Spätsommer die Grenzen für Flüchtlinge öffnen ließ. Bwire spricht es offen an, dass es wegen der hohen Zahl von Asylbewerbern noch viele Probleme zu lösen gilt, aber er bittet dabei eines unbedingt zu bedenken: "Niemand will seine Heimat einfach so verlassen! Es gibt immer einen Grund."