Ingolstadt
Alle Spielplätze im Glacis werden überprüft

Giftige Altlasten im Boden der Kleingartenanlage – Eine Zeitzeugin sagt: "Der Schlittenberg war eine Müllhalde"

31.05.2012 | Stand 03.12.2020, 1:26 Uhr

Gähnende Leere auf dem Spielplatz im Luitpoldpark. Im Hintergrund ist der Schlittenberg. Eine Zeitzeugin berichtet: Hier war früher einmal eine Müllkippe - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Nach dem Nachweis von krebserregendem Benzpyren in allen 50 Parzellen der Kleingartenanlage am Luitpoldpark sollen alle Spielplätze im Bereich des Glacis untersucht werden. Der Sand werde ohnehin regelmäßig ausgetauscht, sagte der städtische Pressesprecher Gerd Treffer gestern auf Anfrage.

Dennoch wolle man auf Nummer sicher gehen und sämtliche Spielplätze im Glacisbereich eingehend überprüfen.

Wie berichtet, muss in der gesamten Kleingartenanlage in der Rankestraße bis zu 60 Zentimeter Tiefe der Boden abgetragen und ausgetauscht werden. Im Zuge des Bebauungsplanverfahrens Glacis war das der Immobilien Bayern gehörende Gelände auf Altlasten untersucht worden. Die Kleingärtner wurden aufgefordert, bis zum Bodenaustausch das Obst und Gemüse, das in der Anlage angebaut wird, vor dem Verzehr gut zu waschen. Weiter hieß es, Kinder dürften beim Spielen keine Erde in den Mund bekommen.

Was die ebenfalls im Luitpoldpark gelegene Kindervilla anbelangt, gibt die Stadt Entwarnung. Hier wird eine Schadstoffbelastung im Boden klar ausgeschlossen. Laut Christina Smeets, Leiterin der Kindervilla der Bürgerhilfe, wurde das Gelände, als 2008 ein Neubau dazukam, geprüft. Altlasten wurden nicht gefunden.

Der Eigentümer des Geländes, auf dem die Kleingartenanlage steht, die Immobilienfirma des Freistaates Bayern, geht davon aus, dass die Belastung des Bodens mit Benzpyren auf die Verfüllung ehemaliger Festungsgräben mit Bauschutt zurückzuführen ist. Benzpyren ist ein stark krebserregender polycyclischer aromatischer Kohlenwasserstoff, der vor allem in Asche, Schlacken und Bitumen vorkommt.

Doch eine Zeitzeugin vermutet eine andere Ursache hinter der Bodenbelastung. Dorothea Albrecht ist 82 Jahre alt. Sie lebt seit 1945 in Ingolstadt – nicht weit weg vom Luitpoldpark. Und sie ist sich sicher: „Der Schlittenberg war eine Müllhalde.“

Wo seit Jahrzehnten der Rodelberg ist, war früher einmal ein Festungsbau, der sogenannte Rote Turm. Um die Festung war ein tiefer Graben. „Der Rote Turm“, sagt Albrecht, „wurde nicht von den Bomben zerstört, sondern Mitte der 50er Jahre eingerissen“. Dann seien alle möglichen Abfälle eingefüllt worden. Es habe fürchterlich ausgesehen. „Das war die Müllkippe von Ingolstadt. Da ist jeder Dreck dringelegen.“ Sie habe damals die Müllautos durchfahren sehen, erinnert sich die 82-Jährige. Bei Regen hätten sich Pfützen gebildet, „die haben in allen Farben geschillert“. Etwa zwei bis drei Jahre lang sei das so gegangen. „Heute will niemand mehr etwas davon wissen.“

Als die Müllkippe später ein Rodelberg wurde, habe sie immer gesagt, „wenn die wüssten, was in dem Berg alles drinliegt, würden die hier nicht rodeln“.

Vor 20 Jahren habe ihr Mann an die Stadt geschrieben und auf die Müllkippe hingewiesen. „Aber es wurde alles bagatellisiert und verharmlost.“ Als sie gestern den Bericht im DK über die Altlasten in der Kleingartenanlage gelesen habe, war für Dorothea Albrecht die Sache klar. Denn die Flucht des abfallenden Geländes vom Rodelberg führe direkt zu den Schrebergärten. Ob Benzpyren der einzige Schadstoff ist, der in den Tiefen des Luitpoldparks schlummert? Die 82-Jährige hat daran einige Zweifel.