Ingolstadt
Impfstoff lässt auf sich warten

Grippe: In der Region sind die Wartelisten in den Arztpraxen lang

24.11.2020 | Stand 23.09.2023, 15:38 Uhr
Impfdosen fehlen vielerorts im Moment, auch in Ingolstadt. Viele Patientinnen und Patienten sind deshalb ungeduldig: Gerade wegen der Corona-Pandemie wollen sie sich schützen. −Foto: Kästle, dpa

Ingolstadt - Mehr Ingolstädterinnen und Ingolstädter als sonst lassen sich in diesem Winter wegen der Corona-Pandemie gegen die Grippe impfen.

Oder: Sie würden es gerne. Denn momentan gibt es in der Region keine oder nur noch sehr wenige Impfdosen. Zwei Betroffene haben sich mit Schreiben an lokale Politiker und den DONAUKURIER gewandt.

Unter anderem wollte sich ein 83-jähriger Rentner aus Ingolstadt, der seinen Namen nicht veröffentlicht haben möchte, gegen die Influenza schützen. "Seit Jahrzehnten ist eine Grippeimpfung bei mir Pflicht", schreibt er in einem Brief an die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml. Dieses Schreiben ans Ministerium vom 11. November ist nicht ohne Grund entstanden. Das Problem: Es gebe seit mehreren Wochen keinen Impfstoff gegen Grippe in Bayern, heißt es. Besser gesagt: In der Praxis seines Hausarztes gibt es keinen Impfstoff, der 83-Jährige ist der 60. Patient auf einer Warteliste. Für den 83-Jährigen Ingolstädter und seine Frau ist der fehlende Schutz belastend. "Ich habe Angst, denn vor langer Zeit hatte ich schon eine sehr schwere Lungenentzündung. " Auch wegen seines Alters möchte der Mann auf Nummer sicher gehen. Eine Antwort auf seinen Brief gibt es bislang noch nicht.

Klaus Tschirne aus Ingolstadt ist zumindest in diesem Punkt schon einen Schritt weiter - er ist der zweite Betroffene und bekam eine Antwort. Der Ingolstädter hat ein ähnliches Problem und suchte beim Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl (CSU) sowie beim Landtagsabgeordneten Alfred Grob (CSU) Rat: "Wie kann es sein, dass offensichtlich alle unsere gesetzlich krankenversicherten Bekannten, die sich gegen Grippe impfen lassen wollten, dies auch schon zum Teil vor Wochen erledigt haben, wir aber als Privatpatienten weiterhin dem Gripperisiko zusätzlich zu Corona ausgesetzt sind", fragt der Hochrisikopatient (über 70 Jahre und Vorerkrankungen). Denn Privatversicherte müssen ihren Impfstoff in der Apotheke selbst besorgen. Dafür brauchen sie ein Rezept von ihrem Arzt. Tschirnes Lösungsvorschlag: Der Impfstoff-Bedarf soll für alle Versicherten bei den Hausärzten zur Verfügung gestellt werden. Die Mediziner sollen dann den tatsächlichen Einsatz abrechnen.

Reinhard Brandl antwortete, dass für diese Saison mit insgesamt 27 Millionen Dosen in Deutschland so viele Influenzaimpfstoffdosen wie noch nie zuvor vorhanden seien. Während der letzten Grippesaison wurden rund 14 Millionen Dosen verimpft. Weiter schreibt der CSU-Politiker, dass die Dosen in mehreren Chargen ausgeliefert werden - "aufgrund der technischen Anforderungen".

Brandl geht weiter auf die Grippeimpfstoffe für Privatversicherte ein. "Für ihre gesetzlich krankenversicherten Patienten erhalten die Ärzte den Impfstoff direkt von den Apotheken. " In der Regel werden 10er-Packungen geliefert. "Das Problem scheint nun zu sein, dass nicht genug Einzeldosen verfügbar sind beziehungsweise die Apotheken die Zehner-Packungen nicht abrechnen, die für den Sprechstundenbedarf für die gesetzlich Versicherten gedacht sind. " Brandl möchte der Sache bei den zuständigen Stellen weiter auf den Grund gehen. Tschirne ist vom zweiten Teil des Briefes überrascht. "Es kann doch nicht sein, dass Apotheken oder auch Ärzte ihre Zehner-Packungen nicht anreißen, weil sie Angst haben, den Rest nicht bezahlt zu bekommen. " Bisher warten sowohl er als auch der 83-jährige Rentner aus Ingolstadt auf eine Impfung.

Christian Pacher, Ingolstädter Apotheker und Vorsitzender des Apothekerverbands des Bezirksverbands Oberbayern-Nord, bestätigt auf Anfrage unserer Zeitung, dass Einzelimpfdosen für Privatpatienten "in der Tat bisher nicht in den normalerweise üblichen Mengen ausgeliefert worden sind". Der Pharmazeut rechnet damit, dass der Impfstoff-Nachschub aus einer "Bundes- und der Bayernreserve" Ende November oder Anfang Dezember eintreffen wird, auch für Kassenpatienten. Seit das bayerische Gesundheitsministerium am Wochenende mitgeteilt hat, dass es noch über eine halbe Millionen Impfdosen in Reserve habe und im Moment die Verteilung organisiert wird, habe sich auch die hohe Zahl der Anfragen an Apotheken etwas beruhigt.

Den Mangel an Impfdosen führt Pacher auf die Corona-Pandemie zurück. "Anfang des Jahres sind die Ärzte von den kassenärztlichen Vereinigungen angehalten worden, ihren Bedarf an Impfdosen zu melden und zu bestellen. " Zu den Bestellungen wird noch ein Sicherheitszuschlag gerechnet. In diesem Jahr reichte aber auch der nicht.

DK

Lina Schönach