Ingolstadt
"Im Internet-Zeitalter musst du dauernd etwas Neues bringen"

Magier Desimo trat erstmals in Ingolstadt im Rahmen der an diesem Sonntag endenden 23. Zaubertage auf

15.11.2019 | Stand 02.12.2020, 12:36 Uhr
Desimo verblüfft sein Publikum leidenschaftlich gerne. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Magie, Illusion, Faszination, wundervolle Tricks, elegante Täuschung, smarte Ablenkung - Zaubern kann so schön verzaubern.

Anerkannter Meister seines Fachs ist Desimo, der 53-Jährige aus Hannover, der die Zauberei charmant in eine kurzweilige Show mit niveauvollem Witz und einem ordentlich Schuss Comedy verpackt. Desimo war Gast der 23. Ingolstädter Zaubertage, die noch bis zu diesem Sonntag laufen. Er war das erste Mal in Ingolstadt. Und würde gerne wiederkommen, wie er nach seinem Auftritt im Altstadttheater im Gespräch mit unserer Zeitung verraten hat.

Desimo, jeder möchte doch spätestens nach Ihren Shows wissen, wie Ihre Tricks funktionieren, und jeder fragt Sie.

Desimo: Die Geheimnisse behalte ich natürlich für mich. Das ist ja die Grundregel, sonst ist der Spaß ja nur halb so groß.

Wenn man alle Tricks kennt, geht vielleicht auch die Magie verloren.

Desimo: Genau, finde ich auch. Und es ist tatsächlich manchmal so, dass Geheimnisse einfach nur clever gedacht sind. Das erkennt man aber erst, wenn man weiß, wie ein Trick funktioniert. Das ist fast wie das Ei des Kolumbus. Alle sagen, ich kann das Ei nicht auf den Kopf stellen. Und dann titscht es einer an und es steht. Dann sagt man ,Ja, so einfach. '

Aber so einfach ist es ja selten.

Desimo: Oft steckt jahrelange Entwicklung hinter einem Trick, damit man auf eine einfache Idee kommt.

Wie lange zaubern Sie schon?

Desimo: Seit ich ein kleiner Junge war. Der klassische Zauberkasten bedeutete den Start. Ich bin schon beim Grundschulabschluss aufgetreten.

Und dann ging es immer so weiter?

Desimo: Ja, meinen ersten öffentlichen Auftritt mit Gage hatte ich mit 14. Es gab 10 Mark.

Wo sind Sie aufgetreten?

Desimo: In einem Urlaubsparadies. Ich bin da hingegangen und habe - mit dem Zauberkoffer in der Hand - gesagt, ich würde gerne auftreten. Dann hieß es ,okay'. Es kam ein Plakat an die Wand, und am anderen Tag trat ich um 9.30 Uhr auf.

Dann sind Sie dem Zaubern treu geblieben.

Desimo: Ja. Nebenbei mache ich noch eine Veranstaltungsreihe in Hannover, den relativ aufwendigen Spezialclub, der auch mit Show und Entertainment zu tun hat.

Wie viele Tricks muss man beherrschen, um sich als Zauberer behaupten zu können?

Desimo: Früher war das einfach. Da hieß es im Varieté, mit einer Nummer, die rund sieben Minuten dauert, ist dein ganzes Leben gerettet. Mit der konntest du in die anderen Häuser reisen, keiner hat es vorher gesehen. Da war klar: Eine Nummer reicht.

Und heute?

Desimo: Im Internet-Zeitalter musst du dauernd etwas Neues bringen. Ich habe zuletzt meine siebte Show ausgearbeitet. die zwei jüngsten spiele ich zur Zeit regelmäßig.

In Ingolstadt war es Nummer wieviel?

Desimo: Eine Show mit meinen Lieblingsstücken. Aber spätestens in drei Jahren muss ich mit etwas Neuem kommen.

Ist das Internet eher ein Fluch für einen Zauberer?

Desimo: Fluch und Segen, würde ich sagen. Auf der einen Seite werden natürlich viele Tricks verraten, was schade ist. Auf der anderen Seite wächst der Ehrgeiz ,Meine Tricks findest du im Internet nicht'. Von der heutigen Show findet man einiges im Internet, weil ich Bekanntes neu interpretiere und andere es auch zeigen. In meiner neuen Show steckt ganz viel Eigenes, das nicht im Internet zu finden ist. Positiv am Internet ist auch: Es regt die Fantasie an und hat viele Kinder und Jugendliche wieder zur Zauberei gebracht. Sie haben Interesse und kommen in unsere Liveshows. Wir haben so wieder mehr Publikum. Das war nicht immer so.

In Ingolstadt sind an Schulen derzeit Kartentricks angesagt.

Desimo: Da gibt es Youtuber, die es zeigen, wie es geht. Das war früher undenkbar. Ich war Außenseiter als Zauberer. Das war gar nichts, schlimm. Fußball hat gezählt.

Aber jeder Bub bekommt doch irgendwann einen Zauberkasten geschenkt.

Desimo: Und keiner bleibt dabei. Irgendwann hört man ja auch auf, mit Puppen zu spielen.

Haben Sie einen Lieblingstrick?

Desimo: Ich mag sehr gerne die Bauklötze am Ende meiner Show. Weil es ganz nah dran ist, also ganz persönlich. Es ist ein schöner Kontrast zur Quiznummer davor, die schön, schnell, lustig ist. Ein ruhiger Abschluss. Das mag ich sehr.

Setzen Sie sich eigentlich auch in Shows von "Kollegen"?

Desimo: Ich würde gerne mehr. Zum Beispiel bei den Ehrlich Brothers, die drei Tage in Hannover auftreten. Aber ich bin selber unterwegs.

Wenn es klappt, sitzen Sie in der ersten Reihe und wissen, wie alles funktioniert.

Desimo: Ja, aber es ist schön zu sehen, wenn Kollegen ihren eigenen Kick haben. Es ist wie in der Musik und deren Interpretation. Es gibt die Noten, das Lied, den Klassiker. Man freut sich, ,New York, New York' von der Stimme zu hören, oder als Coverversion. Beides ist einfach toll.

Sie sitzen also nicht mit Fragezeichen in Reihe eins?

Desimo: Doch, gibt es. Aber selten. Wenn es so ist, genieße ich es sehr. Beim Weltkongress in Seoul saß ich ein paar Momente da und habe gesagt ,das kann nicht wahr sein'.

Warum?

Desimo: Weil es überraschende Magie war oder so große Kunst. Einmal hat mich ein Künstler zu Tränen gerührt. Mit dem Klassischsten, was man als Zauberer machen kann. Schwarzweiß, Frack, Zylinder, Karten. Der hatte eine Ausstrahlung, eine Originalität, eine Musik, eine Perfektion. Keine Fragen mehr. Da bin ich wieder das kleine Kind, das staunt. Aber das passiert mit leider viel zu selten.

Apropos Faszination. Sie sind aus der Generation Copperfield. Was halten sie vom amerikanischen Magier?

Desimo: Das war auch einer dieser Momente. Es gab noch nicht alles in Internet. Wir waren stolz, nach Monaten ein Video zu bekommen, wo ,Flying' von Copperfield zu sehen war. Wir waren auf einer Show in Hamburg und waren geflasht. Eine neue Dimension. Perfekt gebaute Story, perfekte Ausstattung, perfekte Tricktechnik. Der hat eine ganze Generation bewegt.

War das ein besonderer Moment für Sie?

Desimo: Der hat ja eine ganze Generation bewegt. Er ist ja immer noch besessen von der Zauberei, spielt zwei- bis dreimal pro Tag in Las Vegas. Nicht wegen des Geldes. Und mit seiner Show ist er nach wie vor ganz weit vorne.

Sie waren heuer das erste Mal bei den Ingolstädter Zaubertagen. Die Veranstaltung war Ihnen aber schon vorher ein Begriff?

Desimo: Ja. Es ist ein absolutes Highlight. Ingolstadt ist nun ja keine Metropole. Dass hier dennoch so etwas aufgebaut wurde, verdient höchsten Respekt.

Kommen Sie wieder?

Desimo: Jetzt, wo ich da war, glaube ich, ich muss mir einen Terminblocker für nächstes Jahr in meinen Kalender machen.

Wie fanden Sie das Ingolstädter Publikum?

Desimo: Ich habe gemerkt: Das Programm ist gleichermaßen geeignet für Kinder, Eltern und Großeltern. Ich mag es sehr, wenn alle an den gleichen Stellen Spaß haben. Es zeigt, dass man sich auf einer menschlichen Ebene trifft.

Das Interview führte

Oliver Konze.