Ingolstadt
Hundewiese als Ausgleich zur Leinenpflicht

Der BZA Süd hat sich gegen eine Spielfläche ausgesprochen - Was sind die Gründe dafür und dagegen?

13.10.2021 | Stand 16.10.2021, 3:34 Uhr
Spaß beim Spiel: Auf einer Hundewiese dürfen die Vierbeiner ohne Leine laufen - und auch mal schauen, wer da fotografiert. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Es ist ein sehr emotionales und auch ein schwieriges Thema: Das Einrichten einer neuen - für alle kostenfreien - Hundewiese.

Für eine solche hat die Ausschussgemeinschaft FDP/JU bereits im Oktober 2020 einen Stadtratsantrag gestellt. Bedarf ist durchaus gegeben: "Allein im Süden Ingolstadts gibt es über 1100 Hunde, im gesamten Stadtgebiet über 4000." Dies geht aus dem Ergänzungsantrag der Ausschussgemeinschaft BGI/UDI und Die Linke/ÖDP hervor.

Die Gründe für eine Hundewiese sind vielfältig, wie nicht nur in den Anträgen, sondern unter anderem auch von BZA-Mitglied Renate Froschmeier (UDI) - eine Befürworterin eines solchen Geländes - aufgezählt wird: "Generell ist es wichtig, dass Hunde einen geschützten Rahmen haben, sich frei bewegen zu können - ohne Leine. Das ist auch im Tierschutzgesetz verankert unter Paragraph 2." Darin steht, dass Tierhalter dafür zu sorgen haben, dass das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend ernährt, gepflegt und untergebracht wird und sich artgemäß bewegen kann.

In Ingolstadt allerdings ist in der Grünanlagen-Satzung festgeschrieben, dass Hunde außerhalb der Wege nicht frei laufen dürfen und an einer reißfesten Leine von nicht mehr als 1,5 Metern geführt werden müssen. Grünanlagen sind laut Satzung alle Freiflächen, die gärtnerisch gepflegt werden und der Allgemeinheit zugänglich sind - dazu gehören Parks, Liegewiesen, Kinder- und Ballspielplätze, öffentlich zugängliche Flächen in Kleingartenanlagen und Naherholungsgebiete sowie alle zugehörigen Wege, Plätze, Parkplätze und Wasseranlagen. Annähernd überall herrscht also Leinenpflicht für Hunde.

"Früher war das ganz normal, dass ein Hund mal frei gelaufen ist", sagt Froschmeier. Mittlerweile brauche man eine geschützte Fläche, "auf der man die Hunde aufeinander zukommen und das Sozialverhalten ausleben lässt. Das ist generell für die Entwicklung des Hundes wichtig. "

Ein weiterer wichtiger Grund sei laut Froschmeier der Ausgleich für Hunde mit Aufgaben - also Besuchs-, Blinden- und Behindertenhunde, aber auch Hunde im Dienst der Polizei - die während ihrer Arbeit ruhig sein und sich konzentrieren müssten. "Das ist anstrengend für so ein Tier. Auf einer Hundewiese kann es frei rumlaufen, wie es möchte. " Es gebe auch Menschen, die Angst vor Hunden hätten. "Gerade da ist es doch toll. Da braucht keiner Angst haben, dass der Hund auf ihn zuläuft. "

Bisher gibt es eine Hundewiese im Nordwesten der Stadt hinter der Wirffelstraße zwischen Donau und Bezirkssportanlage Nord-Ost. Für diese Wiese hat Daniela Bartling gekämpft. Sie sei Teil einer Gruppe mit 20, 25 Hunden gewesen, die sich sechs Jahre lang getroffen habe - "verbotenerweise auf dem Hubschrauberlandeplatz hinter dem Landgericht". Und dann sei ein Hund mal auf die Straße gehopst, die Polizei habe ihn wieder reingejagt. Dann war es an der Zeit und Bartling versuchte, eine Hundewiese zu kriegen, die eingezäunt ist. Wo jeder geschützt ist - sowohl die Leute die vorbeigehen als auch die Hunde auf der Wiese. Das erste Hindernis sei laut Bartling, Verständnis dafür zu kriegen, dass man eine Wiese braucht.

Das war auch das Problem im BZA Süd, wie Mitglied Renate Froschmeier beklagt. Sie bemängelt, dass die Abstimmung über einen generellen Bedarf so nicht angekündigt war. "Und ohne dass man gesagt hat, da hören wir uns vorher einen Fachmann an", sagt sie.

Eine Fachfrau ist die zertifizierte Hundetrainerin Alexandra Stribel, die in Ingolstadt eine Hundeschule führt. Sie hat eine klare Meinung zu Hundewiesen: Diese würden aufgesucht, "damit die Tiere Sozialkontakte knüpfen und das in Form von gemeinsamem Spiel zeigen können. Leider erfolgt das aber immer ohne professionelle Aufsicht - sprich die Besitzer werden nicht angeleitet, wann sie beispielsweise eingreifen sollen. " Sie ist der Meinung, dass noch unerfahrene Hundebesitzer ihre Hunde nicht lesen könnten - also "nicht sehen, wann zum Beispiel ein Hund von anderen gemobbt wird". Sicherlich habe der eine Hundebesitzer das bessere Auge dafür, Situationen zu lesen und adäquat einzugreifen. "Gerade wenn er mal für längere Zeit in einer Hundeschule war und auch professionelle Anleitungen dazu bekommen hat", so Stribel. Aber sie glaube nicht, dass das eine Gruppe Menschen mit zum Beispiel zehn Personen miteinander schaffen würde - "eben weil der eine oder andere es vielleicht nicht so gut kann". Für Stribel gibt es nur eine Lösung: "Auf Hundewiesen gehören geschulte Menschen, die das ganze überwachen und anleiten. "

Renate Froschmeier schiebt das Argument nicht weg. Natürlich müsse man die Größenunterschiede beachten und auch die verschiedenen Charaktere. Eine Möglichkeit sieht sie im Unterteilen der Fläche in zwei Bereiche - einen für größere und einen für kleinere Hunde. Oder darin, extra Zeiten für die kleinen Hunde zu schaffen. "Wenn es Freiwillige gäbe, die stundenweise vor Ort sind und den Leuten sagen, wenn dein Hund so und so reagiert, dann heißt das dies. Das wäre eine ganz tolle Geschichte", sagt Froschmeier. Es gibt ja bereits betreute Spielstunden, "da sind wir aber im gewerblichen Bereich. Und das kann sich nicht jeder leisten. "

In der BZA-Sitzung im Süden hat Karl Grabendorfer (JU) viel Applaus aus dem Publikum bekommen. Der Jäger ist wie auch die Hundetrainerin der Meinung, dass die Sozialisierung nicht einfach so auf einem Hundeplatz gemacht werden sollte. Er geht noch einen Schritt weiter: "Ich wäre ein Verfechter vom Hundeführerschein, wie es in anderen Bundesländern gemacht wird. " Eine Hundewiese im Süden lehnt er aus mehreren Gründen ab: Unter anderem sei der Besucherdruck durch Corona sowieso schon so hoch und auch der finanzielle Aspekt. "Eine Hundewiese ist meiner Meinung nach in einem anderen Stadtteil besser aufgehoben. "

Nur wo? Laut Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle bestehe durchaus die Notwendigkeit für solche Flächen im urbanen Raum. Neben der bereits bestehenden, sei eine zweite beim Kiosk am Baggersee in der Diskussion. Vorschläge können alle Bürgerinnen und Bürger einreichen.

DKHINTERGRUND DER DISKUSSIONIn der vergangenen Sitzung des Bezirksausschusses Süd stand auch das Thema Hundewiese auf der Tagesordnung. Der BZA musste entscheiden, ob auf einem bestimmten Grundstück in Winden eine solche Hundewiese eingerichtet werden soll. Da sich dieses Grundstück an der Windener Straße aber neben einem Bolzplatz befindet, wurde der Antrag einstimmig abgelehnt. Direkt an die Diskussion zu diesem Grundstück schloss sich dann ein Meinungsaustausch an, der zunehmend hitziger wurde. Die Vorsitzende des BZA Süd, Tanja Stumpf, fragte nämlich in die Runde, ob überhaupt Bedarf an einer Hundewiese im Süden bestehe. Bei der Abstimmung sprachen sich nur zwei Mitglieder für den Bedarf aus, acht waren dagegen. Laut Stumpf spare man sich jetzt die Prüfung weiterer Grundstücke. dm