Ingolstadt
Hilfe ist unterwegs

In der Corona-Krise gründen sich gerade viele Initiativen - Wir stellen einige aus der Stadt vor

19.03.2020 | Stand 02.12.2020, 11:42 Uhr
Auch Mitarbeiter vom Roten Kreuz kaufen ab sofort für Menschen aus Risikogruppen und unter Quarantäne ein. −Foto: Hammer

Ingolstadt - Staaten wie Menschen schotten sich in der Corona-Krise voneinander ab und zeigen mit dem Zeigefinger auf andere.

Doch es gibt auch immer mehr Beispiele für Solidarität untereinander. Etliche Menschen wollen helfen - auch in Ingolstadt sind einige Initiativen im Entstehen. Wir stellen ein paar davon vor.

Einkaufsdienst des BRK: Seit Mittwoch bietet das Bayerische Rote Kreuz einen Einkaufsdienst in der Stadt an. "Es gab schon jede Menge Rückmeldungen", sagt Sophia Bartsch, Verantwortliche für den Bereich Soziales beim BRK. Viele Ehrenamtliche hätten sich gemeldet, mit dem Wunsch helfen zu wollen. Dazu habe es etliche Anrufe von Menschen gegeben, die sich nach dem Prozedere erkundigten - da sie jetzt noch genug Lebensmittel zu Hause hätten, aber möglicherweise ab kommender Woche nicht mehr. Der BRK-Dienst richtet sich an Menschen, die sich wegen Sars-CoV-2 in häuslicher Quarantäne befinden oder alleinstehend und aus einer Risikogruppe sind.

Unter der Telefonnummer (0841) 9333-14 nimmt das BRK montags bis freitags zwischen 8 und 15 Uhr Bestellungen entgegen. Der Einkauf wird vor der Haustür abgestellt, es gibt also keinen direkten Kontakt. Die Rechnung kommt auf dem Postweg, der Service ist kostenlos. Im Einsatz werden nun nicht nur die Ehrenamtlichen sein, sondern vor allem die hauptamtlichen Mitarbeiter des BRK-Schulfahrdienstes, der derzeit ja ruhen muss. Sophia Bartsch weist darauf hin, dass sich die Bestellungen natürlich an haushaltsüblichen Mengen orientieren müssen. "Zehn Klopapierpackungen pro Person funktioniert nicht. " Produktwünsche könnten die Kunden äußern - Voraussetzung dafür, dass sie erfüllt werden, müsse aber sein, dass die Artikel auch beim Kooperationspartner Edeka Fanderl in der Liegnitzer Straße erhältlich seien.

Dass nun die BRK-Mitarbeiter an der Kasse schief angesehen werden, weil sie mit Bergen von Artikeln ankommen, das werde wohl nicht passieren, sagt Bartsch. "Wir haben uns darüber natürlich Gedanken gemacht. Wir schicken die Leute mit Rotkreuz-T-Shirts los, damit sie auch erkennbar sind. "

Hilfe aus Syrien: Seit einigen Tagen liegen in Ingolstadt die Zettel aus, dazu entstand die Facebookseite mit dem Titel "Solidarität Ingolstadt in der Coronakrise - Einkaufshilfe". Und schon jetzt ist der Andrang groß. Am Mittwoch meldeten sich 28 Leute, bis Donnerstagnachmittag waren es schon 41. An Menschen über 55 oder mit einer Immunkrankheit beziehungsweise einem geschwächten Immunsystem richtet sich das Angebot des syrischen Freiwilligenteams. Wer Einkäufe braucht oder sonstige Hilfe, für die man sonst nach draußen müsste, kann sich über Telefon, WhatsApp oder Facebook an die inzwischen 27 Helfer aus Syrien wenden. "Ich habe in meiner Heimat gesehen, wie die alten Leute gestorben sind. Das möchte ich kein zweites Mal erleben", sagt Initiator Adnan Al Asskar, der seit dreieinhalb Jahren in Ingolstadt lebt. Er sagt, er sehe es als seine Pflicht an, zu helfen. "Wir sind 27 junge Leute, haben keine Arbeit und wir haben Zeit. Die alten Leute brauchen uns jetzt. "

Wer Hilfe braucht, soll möglichst eine Nachricht mit der Adresse und den benötigten Lebensmitteln oder anderen Dingen an das Team schicken (0157-58005163), und so schnell wie möglich bringt dann einer der Helfer das Bestellte vorbei. Bezahlt wird per Rechnung. Direkten Kontakt gibt es keinen, die Bestellung wird vor der Haustür abgestellt. Sicherheit ist Adnan Al Asskar und seinem Team wichtig. Jeder Helfer ist obendrein mit Handschuhen und Masken ausgerüstet. Ins Team darf nur, wer jung und alleinstehend ist - es soll keine Familie gefährdet werden. Für den Service verlangen die Helfer nichts. Spenden für die Ausgaben seien ihnen aber schon von einigen angeboten worden, erzählt Adnan Al Asskar. Aber die nehme keiner an. "Wir brauchen nichts. Das ist jetzt unsere Aufgabe. "

FCI-Ultras: Noch vor einigen Wochen waren die Ultras deutscher Fußballvereine in großen Teilen der Öffentlichkeit wegen der konzertierten Aktionen gegen Fußballfunktionär Dietmar Hopp noch so etwas wie Staatsfeinde. Inzwischen gibt es ganz andere Probleme, und so manche Ultra-Gruppierung zeigte sich in der Corona-Krise vielmehr als die Stimme der Vernunft als die Fußballverantwortlichen. So verwundert es auch nicht, dass einige Ultras schon konkrete Hilfsprojekte aus dem Boden gestampft haben. So auch die FCI-Ultras: Unter dem Motto "Zamhoidn, Schanzer! " bieten die Supporters Ingolstadt und BRC 08 Menschen, die zur Risikogruppe zählen oder unter Quarantäne stehen, ihre kostenlose Hilfe an. "Wir sehen uns junge Leute in der Verantwortung", sagt Moritz Schmidl, einer der Initiatoren. Das Team umfasst rund 30 Leute, die bereit sind, im Raum Ingolstadt Botengänge oder ähnliches zu erledigen. Sie sind mit Masken, Handschuhen und Desinfektions-Kits ausgerüstet. Wie die Rechnung bezahlt wird, wird am Telefon ausgemacht. Wer Hilfe benötigt, kann sich an jedem Tag zwischen 11 und 17 Uhr an die Fans wenden, Telefon (01573) 4479295 oder per E-Mail an zamhoidn@su-in. de. Spenden seien natürlich jederzeit willkommen, sagt Schmidl. Wohin, das kann auch bei einem Anruf geklärt werden.

ERC-Ultras: "Solo 8070 karitativ" nennt sich das Hilfsprojekt der ERC-Ultras, das Einkaufshilfen, Apothekengänge und/oder Gassi-geh-Runden für Risikogruppen und unter Quarantäne stehende Personen im Ingolstädter Stadtgebiet anbietet. Die Helfer sind montags bis freitags von 10 bis 14 Uhr unter Telefon (0177) 4927 491 oder der E-Mail-Adresse kontakt@blog-f. de (Betreff: HILFE, Bestellung, Adresse und Telefonnummer für Rückfragen angeben) erreichbar und haben Zeit zwischen 11 und 19 Uhr vorbeizukommen. "Wir bitten Euch, nur das, was Ihr wirklich braucht bzw. das Nötigste auf die Einkaufsliste zu setzen" schreiben die Fans in ihrem Blog. "Damit wir bei der Übergabe der Sachen und der Bezahlung die Situation nicht verschlimmern, sind alle unsere HelferInnen, die unterwegs sind, mit Desinfektions-Kits ausgestattet. Ebenso bekommt jede/r HelferIn genaue Angaben, was nach dem aktuellen Hygiene-Plan zu beachten ist. "
Die Art der Bezahlung wird bei der Kontaktaufnahme ausgemacht. Für den Service verlangen die ERC-Ultras nichts, wie sie erklären. "Es wäre allerdings schön, wenn diejenigen, die es sich leisten können, etwas Geld für Sprit und die Desinfektions-Kits spenden könnten. " Kontodaten können Interessierte auch per E-Mail oder Telefon erfragen. Wer eine Sachspende oder überzählige, bald ablaufende Lebensmittel spenden möchte, kann eine E-Mail mit dem Betreff "SPONSOR" an kontakt@blog-f. de schicken. Wer ein ähnliches Projekt plant, kann sich ebenfalls per Mail an die Fans wenden. Der Betreff hierfür wäre "NETZWERK".

Pfarrjugend und Nachbarschaftshilfe aus Gerolfing: Auch auf sublokaler Ebene gibt es schon Angebote, zum Beispiel für Gerolfing, Dünzlau, Mühlhausen und Irgertsheim: Wer dort zur Risikogruppe gehört und nicht mehr einkaufen gehen mag, oder wer berufstätig ist und wegen der Schul- bzw. Kitaschließungen Probleme mit der Kinderbetreuung hat, kann sich an die Pfarrjugend und die Nachbarschaftshilfe Gerolfing wenden. "Die Initiative kam von der Jugend selber", sagt Diakon Daniel Heinle stolz. Rund 20 Jugendliche stehen regelmäßig zur Verfügung. "Die sind ja alle ausgebildete Jugendleiter", sagt Heinle. Entsprechend dürften sie auch Kinder betreuen. Beim Einkaufen wiederum soll natürlich direkter Kontakt vermieden werden. Die Interessenten sollten Geld und Einkaufsliste in einen Umschlag stecken, der dann vor der Tür platziert werden könnte. Dorthin sollen die Helfer später auch den Einkauf hinstellen. Jeden Tag zwischen 8 und 19/20 Uhr ist der Dienst erreichbar. Meist wird dann Daniel Heinle abheben. "Ich habe ja gerade nichts anderes zu tun", sagt er. Schließlich sind die Gottesdienste wie alle anderen kirchlichen Veranstaltungen ja abgesagt.

DK