Ingolstadt/Manching
Gutachter soll Aufklärung bringen

Manching gegen Bundesrepublik: 2. Verhandlungstag im PFC-Prozess am Landgericht

30.09.2020 | Stand 23.09.2023, 14:27 Uhr
Als eine der ersten Kommunen Deutschlands klagt der Markt Manching wegen der PFC-Belastung einiger seiner Grundstücke gegen die Bundesrepublik. Die Kommune will klären, wie hoch der Schaden ist, der ihm durch die Emissionen vom Flugplatz entstanden ist. Nach dem Prozessauftakt im Juni (Bild) war am Mittwoch Verkündungstermin am Landgericht. Unabhängig davon haben im Umfeld des Flugfeldes schon Probebohrungen begonnen, damit im im Frühjahr 2021 dort fünf Brunnen als Abstromsicherung in Betrieb gehen können. −Foto: Pehl, Hammer/DK-Archiv

Ingolstadt/Manching - Auf großes Interesse stieß auch der Verkündungstermin im Prozess des Marktes Manching gegen den Bund vor dem Landgericht Ingolstadt. Nicht nur die Medien waren anwesend, sondern auch Vertreter der Kommune und der Initiative betroffener Bürger. Darüber hinaus wird diese Auseinandersetzung in Sachen PFC jedoch auch bundesweit aufmerksam verfolgt.

 

Denn Manching ist erst die zweite Gemeinde überhaupt, die von der Bundesrepublik Schadenersatz deswegen fordert und vor Gericht gegangen ist. Doch ob der Markt wegen der Verseuchung eines Teils seiner Grundstücke durch ausströmendes PFC vom Bundeswehr-Flugplatz eine Entschädigung erhält und wie viel, dürfte so schnell wohl nicht geklärt werden.

In der PFC-Feststellungsklage des Marktes Manching gegen die Bundesrepublik Deutschland hat Richter Stefan Schwab am Mittwochvormittag jedenfalls seinen Beweisbeschluss verkündet und zunächst ein Gutachten angeordnet. Damit soll geklärt werden, wie hoch die PFC-Konzentration im Boden von insgesamt rund 90 Grundstücken im Besitz der Gemeinde ist. Es handelt sich dabei um rund 65 Hektar, geplant sind 80 Bohrungen. Wie der Richter bei der Verkündung seines Beschlusses sagte, habe er bereits einen Gutachter bestellt.

"Wir können nur für den Markt Manching selber klagen, nicht für Private", betonte Bürgermeister Herbert Nerb im Anschluss an den recht kurzen Verkündungstermin, den auch Vertreter einer der zwei Bürgerinitiativen verfolgten. Wie bereits berichtet, hatte Manching als eine der ersten Kommunen in Deutschland im Januar des Vorjahres wegen einer PFC-Belastung einiger seiner Grundstücke Klage gegen die Bundesrepublik eingereicht, die vom Gemeinderat zuvor einstimmig beschlossen worden war. Der Prozess steht bundesweit im Blickpunkt, denn er gilt als Musterverfahren für über 100 vergleichbare Fälle. Der Markt Manching will den ihm durch PFC verursachten Schaden festgestellt und ersetzt haben. Wie Nerb vermutet, könnte sich die juristische Auseinandersetzung länger hinziehen. "Es geht hier nicht um Sieger oder Verlierer", erklärte er: "Das PFC muss raus." Doch für diese Reinigung gehen Experten von einem Zeitraum von mehreren Jahren oder gar Jahrzehnten aus.

Wie mehrfach berichtet, wurde am Flugplatz Manching wie auf anderen Flughäfen auch bis zum Verbot 2011 PFC-haltiger Löschschaum verwendet, der in den Boden und ins Grundwasser gelangte und sich in dessen Fließrichtung bis in die Manchinger Ortsteile Westenhausen und Lindach und darüber hinaus ausgebreitet hat. Die Folgen sind gravierend, nicht nur für die Landwirte, sondern auch für Grundstückseigentümer und Hausbesitzer, denen hohe Wertverluste drohen. Der Verzehr von Fischen aus den betroffenen Gewässern sowie das Gießen von Privatgärten mit Grundwasser sind dort verboten. 2012 war die erste PFC-Verunreinigung im Lindacher Weiher erkannt worden, 2018 hatte die Bundeswehr eingeräumt, der Verursacher zu sein.

Mitte Juli hat die Bundeswehr mit dem Schlagen des ersten Brunnens die Probebohrungen am Flugplatz Manching begonnen. Ab Mitte 2021 sollen fünf Brunnen an der nördlichen Startbahn auf einer Länge von 1250 Metern eine Abstromsicherung bilden. Das Grundwasser wird nach dem Beispiel am IN-Campus abgesaugt, gereinigt und wieder zurückgepumpt. Damit soll verhindert werden, dass weiter PFC vom Flugplatz aus in nordöstlicher Richtung abströmt. Doch so sehr sich alle Beteiligten hier ein rasches Vorgehen wünschen, birgt dies paradoxerweise auch eine Gefahr: Diese unabhängig vom Prozess gestartete Probebohrung am Flugplatz könnte die Ergebnisse der Gutachter-Messungen beeinflussen. Für die Bundeswehr als Verursacher ist es deutschlandweit die erste Sanierung dieser Art.

DK

Bernhard Pehl