Großmehring
"Dann hänge ich in der Luft"

Besucher der Tagespflegestätte in Großmehring bedauern bevorstehendes Aus - Gespräch mit Caritas

12.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:22 Uhr
Diese gemütliche Runde in der Tagespflegestätte in Großmehring dürfte künftig der Vergangenheit angehören: Die Einrichtung wird höchstwahrscheinlich im nächsten Jahr geschlossen. Zu wenige Besucher waren in den vergangenen Jahren gekommen. −Foto: Hammer

Großmehring (DK) Nach wie vor ein Aufreger in Großmehring ist die bereits beschlossene Schließung der Tagespflegestätte im nächsten Jahr. Für deren Erhalt kämpft die Gemeinde aber weiter. Jetzt wollen die Bürgermeister aus Großmehring und Pförring mit dem Caritasverband sprechen.

Die Idylle trügt. Die acht, neun Pflegebedürftigen, die mehrmals in der Woche zum Einödhof zwischen Großmehring und dem Demlinger Steinbruch kommen, sind enttäuscht über das bevorstehende Aus der defizitären Einrichtung. "Es ist ein Krampf, dass die Tagespflege geschlossen wird", entrüstet sich Lorenz Koch. Der Ernsgadener ist ein Stammgast. "Wir sind eine gute Gemeinschaft", sagt er und blickt in die Runde, die sich an einem großen Tisch versammelt hat.

Dort sitzt auch Marianne S. aus Vohburg. "Ich komme seit rund acht Jahren hierher, und es gefällt mir immer", meint die 63-Jährige, die auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie ist traurig über die Schließung: "Dann hänge ich in der Luft, und ich muss mir einen neuen Krankengymnasten suchen." Ihr Mann, der noch berufstätig ist, bringt Marianne S. jeden Morgen in die Einrichtung und holt sie am späten Nachmittag wieder ab.

"Es wird immer schwieriger, Personal in der Altenpflege zu bekommen."

Yvonne Schambeck von der Caritas-Sozialstation

 

Ein großer Befürworter der Einrichtung ist auch der Großmehringer Bürgermeister Ludwig Diepold. "Die Tagespflege ist eine hilfreiche Einrichtung und entlastet die Angehörigen von pflegebedürftigen Menschen", sagt er. Deshalb müsse sie unbedingt erhalten werden. Mit diesem erklärten Ziel gingen er und sein Pförringer Amtskollege Bernhard Sammiller (auch die Marktgemeinde unterstützt die Großmehringer Einrichtung) Ende Oktober in ein Gespräch mit Vertretern des Caritasverbands in der Diözese Regensburg, sagt Diepold auf Anfrage des DONAUKURIER. "Da werden wir alles durchsprechen."

Auch das Hauptproblem - die finanzielle Seite - soll zur Sprache kommen. Die Tagespflegestätte, die sich seit 2001 in einem angemieteten Gebäude befindet, verzeichnet ständig ein Minus. "Wir haben ein jährliches Defizit von bis zu 50 000 Euro", räumt die neue Geschäftsführerin der Caritas-Sozialstation Kösching, Yvonne Schambeck, ein. Sie betont: "Wir haben uns die Schließung der Tagespflegestätte Großmehring zu keiner leichten Entscheidung gemacht." Der Hauptgrund für das Aus ist nach ihren Worten die geringe Auslastung. "Hier wurden zwölf Betreuungsplätze täglich geschaffen. Diese waren über Jahre im Schnitt nur von neun oder zehn Pflegebedürftigen belegt. Teilweise war die Einrichtung nur vier Tage in der Woche geöffnet, da die Besucher ausgeblieben sind."

Laut Schambeck wurde der Sozialstation von unabhängiger Seite geraten, die Pflegestätte zu schließen. "Das wurde so lange wie möglich verhindert." Die Geschäftsführerin macht auf ein weiteres Problem aufmerksam: "Es wird immer schwieriger, Personal in der Altenpflege zu bekommen." Die Verantwortlichen müssten sowohl die wirtschaftliche als auch die personelle Lage berücksichtigen.

Die Träger der Sozialstation - die Vertreter der 30 Kirchenstiftungen im Einzugsbereich der Einrichtung - stimmten deshalb in der Mitgliederversammlung der Sozialstation Ende Juli für eine sozialverträgliche Schließung der Tagesstätte in Großmehring und für eine Zusammenlegung mit der Tagespflegeeinrichtung in Kösching. Außerdem wurde die Geschäftsführerin beauftragt, die Kündigung des bis Februar 2018 laufenden Mietvertrags in die Wege zu leiten.

Auf DK-Anfrage bekräftigte jetzt Yvonne Schambeck, dass die Schließung "unwiderruflich" sei. Sie machte gleichzeitig deutlich, dass auch künftig ein "ganz großer Dienst für ältere Menschen aus Großmehring geleistet wird". So könnten diese ab Februar die Tagespflegestätte in Kösching besuchen.

Eine eindeutige Meinung zum Ende für die Großmehringer Einrichtung hat Martin Guth, der Vorsitzende des Caritas-Fördervereins Kösching. "Wenn das Geld schlicht und einfach fehlt, dann gibt es nur eine Alternative: In Kösching werden die Plätze erhöht, und der Standort Großmehring wird geschlossen."

Als "Juwel" bezeichnet Monika Schneider die Pflegestätte. Deshalb hat die Fraktionsvorsitzende von UW/FW im Großmehringer Gemeinderat im Sommer eine Unterschriftenaktion gestartet. "1700 Unterschriften gegen die Schließung haben wir gesammelt. Das ist ganz toll." Die Liste soll bald Bürgermeister Ludwig Diepold überreicht werden. Schneider ist es wichtig, dass die Einrichtung irgendwie weiterbesteht. "Mir wäre auch ein privater Träger recht", betont sie.

Kommentar von Karlheinz Heimisch

Eine schlimme Nachricht für die Betroffenen: Die Tagespflegestätte in Großmehring macht im nächsten Jahr zu. Das ist beschlossene Sache. Dem Vernehmen nach wurde der Mietvertrag, der ohnehin im Februar ausläuft, bereits gekündigt.Ein Zurück gibt es also offenbar nicht mehr - auch wenn sich die Gemeinden Großmehring und Pförring weiterhin redlich bemühen, die Einrichtung noch zu retten.

Eines scheint aber jetzt schon sicher: Das Ende Oktober anvisierte Gespräch der Bürgermeister der beiden Kommunen mit dem Regensburger Caritasverband dürfte so gut wie nichts bringen, denn dieser ist ja für die Tagespflegestation gar nicht verantwortlich. Träger sind vielmehr 30 Kirchenstiftungen und sieben Fördervereine im Einzugsbereich der Einrichtung.

Wie dem auch sei: Das Aus für die segensreiche Tagesstätte ist ein schwerer Schlag für die (meist demenzkranken) Pflegebedürftigen und deren Angehörige. Die Köschinger Caritas weist immer auf die Defizite der Einrichtung hin. Aber darf man den Dienst an alten Menschen wirklich nur kaufmännisch sehen? Es ist wahrlich nicht die Aufgabe unseres Sozialwesens, Gewinne zu erzielen. Und: Gute Pflege ist immer ein Gewinn für unsere Gesellschaft.