Ingolstadt
Grenzgänger im Grünen

Wohnungsmangel versus Naturschutz: Auch im künftigen Baugebiet Unsernherrn-Nord wird ein Grundkonflikt sichtbar

26.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:47 Uhr
Gleich neben dem Spielfeldrand beginnt das künftige Baugebiet: Am Freitag markierte Michael Wöhrl, der Platzwart des TSV Unsernherrn, die Linien nach. Wo genau die Grenzen des auch im Fall Unsernherrn-Nord tangierten zweiten Grünrings um Ingolstadt verlaufen, ist nach wie vor nicht ganz klar. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Eine Frage dürfte Landschaftsschützer und Wohnraumbewirtschafter gleichermaßen umtreiben: Wo verläuft er denn nun genau, dieser ominöse zweite Grünring um Ingolstadt?

Auf jeden Fall trennt er Hundszell und Haunwöhr, wie interessierte Bewohner nach vielen teils turbulenten Bürgerversammlungen und Sitzungen des BZA Südwest wissen. Diese Schlacht ist geschlagen. Das umstrittene Terrain wird bebaut.

In Unsernherrn-Nord droht eine ähnliche Konstellation: 120 Wohneinheiten sollen entstehen. Sie werden dringend benötigt. Doch der Baugrund tangiert den Grünring. Die ÖDP hat den Plan deshalb im Stadtentwicklungsausschuss abgelehnt. Manfred Schuhmann kündigte an, dass die SPD nicht einhellig abstimmen werde. "Das ist ein typisches Beispiel für die Konfliktlage zwischen Wohnraum und Natur. " Schuhmann stimmte "nach reiflicher Überlegung" für den Wohnraum.

Am Tag vor der Stadtratssitzung veröffentlichte ein Bündnis aus Grünen, ÖDP, Linkspartei, BGI und dem SPD-Ortsverein Süd eine Protestnote. Darin heißt es: "Wenn wie im Bereich des TSV Unsernherrn knapp 300 Menschen 57400 Quadratmeter Ackerland besiedeln sollen, kann von Flächensparen keine Rede sein! Stattdessen ignoriert die Stadt Ingolstadt konsequent den Appell der Landesregierung, die sich der bedrohlichen Wohnraumfrage - verbunden mit dem naturzerstörenden Flächenfraß - mittlerweile bewusst ist! " Weiter: "Wir fordern, dass der Grünzug des Zweiten Grünrings, der Unsernherrn-Nord einzuschließen scheint, kartografisch exakt definiert wird! "

Aber das ist nicht einfach, wie in der Stadtratssitzung zu erfahren war. Der Landschaftsarchitekt Wolfgang Weinzierl hat im Auftrag der Stadt gründlich untersucht, was alles im Grünring liegt. "Ein Großteil sind landwirtschaftliche Flächen", sagte Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle. "Da ist es schwierig festzulegen, was dazugehört. "

Widerspruch Thomas Thönes (ÖDP): "Wenn wir den Grünring nicht schützen, wird irgendwann nichts mehr da sein, was man schützen kann! " Statt endlich klar zu bestimmen, was alles zum Grünring zählt "und wo ein klares No-Go besteht", lasse die Stadt die Natur "Einzelfallentscheidung für Einzelfallentscheidung" immer weiter zubetonieren. "Seit Jahren macht die Stadt erst, was sie für richtig hält, und ändert dann den Flächennutzungsplan", kritisierte Christian Lange, BGI-Fraktionschef.

OB Christian Lösel antwortete: "Wir haben eine Nachhaltigkeitsvorlage in Arbeit. " Das Ziel sei ein neuer Flächennutzungsplan. Es gebe noch viel mehr als Grundstücksfragen zu klären. Hans Achhammer (CSU): "Wir werden uns weiter mit den Bürgern zusammensetzen und fragen: Was kann man machen im Grünring? Aber in Stein gemeißelt wird das nie sein. " Ein leicht schiefes Bild, doch alle verstanden, was gemeint ist. Der Bebauungsplan wurde beschlossen.

Christian Silvester