Ingolstadt
Die drei Löwen gegen die Karierten

Auf dem Sofa oder in der Fußgängerzone: Wie Engländer und Kroaten in Ingolstadt das WM-Halbfinale Mittwochabend erleben

10.07.2018 | Stand 23.09.2023, 3:41 Uhr
Die Trikots sitzen schon: Familie Dixon hat sie sich extra für dieses Spiel besorgt. Vater Carl ? gebürtiger Brite ?, Mutter Ilse (hinten) und die beiden Kinder Amy und Phillip drücken den Engländern die Daumen. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Kroatien oder England - am Mittwoch entscheidet sich, welche der beiden Fußballnationalmannschaften ins WM-Finale einzieht. Auch in Ingolstadt drücken Engländer und Kroaten ihrem Team die Daumen. Zwei von ihnen erzählen, wie sie das Turnier bisher erlebt haben und was sie sich für das Spiel wünschen. Einer wagt sogar einen Tipp.

Carl W. Dixon hat mit den drei Löwen, so lautet der Spitzname der englischen Nationalmannschaft, schon so einiges durchgemacht. "Die letzten Jahre waren voller Enttäuschungen", sagt der gebürtige Brite. 2010 schieden die Engländer im Achtelfinale nach einem 1:4 gegen Deutschland aus. 2012 kam das Aus im Viertelfinale gegen Italien nach einem Elfmeterschießen - bis dato nicht gerade die Paradedisziplin der Engländer. 2014 dann die Blamage, das englische Team fährt schon nach der Gruppenphase nach Hause.

Dixon riet seinen zwei Kindern zwischendurch schon, doch lieber zur deutschen Mannschaft zu halten, "die hätten bessere Chancen", sagt er und lacht. Die Kinder aber blieben den Löwen treu. Jetzt, bei der Weltmeisterschaft in Russland 2018, hat sich das Blatt gewendet. Deutschland ist raus und England gewinnt mittlerweile sogar Elfmeterschießen, so geschehen in der Partie gegen Kolumbien vor einer Woche. Bei den Briten wächst langsam die Hoffnung auf den Titel - so auch bei Dixon.

Bei jedem Spiel der englischen Mannschaft in diesem Turnier hat er mitgefiebert - und "einige Nerven gebraucht", wie er sagt. Mittlerweile aber, wo die englischen Löwen im Halbfinale stehen, da habe er Respekt vor dem Team. Die ganze Familie Dixon - also auch Carls Frau Ilse, Sohn Phillip und Tochter Amy - werden das Spiel heute Abend daheim auf der Couch verfolgen. Denn der Weg vom Public Viewing nach Hause, nachdem die eigene Mannschaft ausgeschieden ist, ist laut Vater Dixon immer "unschön".

Er hofft noch, dass England zumindest ins Finale einzieht, "das würde mich mega, mega, mega freuen". Schließlich ist das letzte Endspiel der Löwen schon einige Jahrzehnte her, genauer gesagt 52 Jahre. So mancher deutscher Fußballfan erinnert sich wohl schmerzlich daran. Stichwort Wembley.

Einen Tipp abzugeben traut sich der Brite nicht. Dabei lag er mit seiner Prognose des Ergebnisses im Spiel England gegen Schweden mit 2:1 nur knapp daneben - das Spiel endete 2:0. Aber "die Kroaten sind stark, Fußball ist ein komischer Sport - und man weiß nie", sagt er schulterzuckend. Abgesehen von einem guten Ergebnis ("hoffentlich eindeutig, dass es nicht so eng wird") hat Dixon noch einen Wunsch: Das Spiel soll doch bitte nach 90 Minuten beendet sein - "ich hasse Elfmeterschießen und Verlängerung".

Da wird Marinko Katic schon konkreter: "2:0 für Kroatien", sagt er so sicher, als stünde das Ergebnis schon fest. Der 34-Jährige ist in dem südeuropäischen Land geboren, vor vier Jahren nach Deutschland gekommen und drückt dem Team seines Heimatlandes am Mittwoch "selbstverständlich" die Daumen. Schon seit seiner Kindheit sei er ein großer Fußballfan, erzählt der Inhaber des Cafés Delizia in der Ludwigstraße.

Bis jetzt hätten sich bei jedem WM-Spiel der "Karierten", wie die kroatische Mannschaft von Zeit zu Zeit genannt wird, zahlreiche Kroaten und Deutsche in seiner Bar versammelt und gemeinsam mit der kroatischen Mannschaft mitgefiebert und gejubelt, erklärt er. Am Samstagabend beim Spiel gegen Gastgeber Russland waren die Außenplätze des Cafés alle mit rot-weiß-karierten Fahnen geschmückt. Katic selbst war ins kroatische Trikot geschlüpft - mit der Nummer 17 des Mittelfeldspielers Ivan Rakitic auf der Brust. So wird es auch heute Abend wieder aussehen. "Das ist eine sehr gute Mannschaft", erklärt er stolz. "Wenn die ins Finale kommen, das wäre ein einmaliger Erfolg."
 

Sophie Schmidt