stadtgeflüster
Friedensarbeit im Reich der Töne

16.08.2018 | Stand 02.12.2020, 15:51 Uhr

(rh) Der Beitrag Ingolstadts zu den musikalischen Schöpfungen von bleibendem Wert ist bis heute leider recht überschaubar geblieben.

Der als Ingolstädter Parademarsch von Adolf Scherzer ersonnene Bayerische Avancier- und Defiliermarsch mag sich zwar im Bierzelt als kernige Auftrittshymne der Ministerpräsidenten und passende Begleitmusik zur CSU-Leitkultur eingebürgert haben. Spöttische Naturen wie die Well-Brüder gingen seinerzeit jedoch als Biermösl-Blosn noch einen Schritt weiter und setzten folgende wahrhaft unsterblichen Verse in einprägsamen Gesang um: "Dada packmas mpfda Gmüatlichkeit, dada mpfda mpfda Kraft und Schneid, dada Schweinsbratn mpfda fünf Maß Bier, dada mpfda mpfda mir san mir! " Ein Zeugnis poetischer Kraft, wie es eben nur aus der Mitte des bayerischen Volkes erwachsen kann.
Verdienstvollerweise hat der virtuose Alleskönner Christoph Well, dem weder Alphorn noch Bachtrompete, weder Zither noch Basstuba, weder Harfe noch Gitarre fremd ist, wiederholt und nach Kräften bei musikalischen Pioniertaten in Ingolstadt unterstützend gewirkt. Leider war ihm das vor drei Wochen nicht vergönnt, als er mittels Trompete seinen Beitrag zur Uraufführung des Friedenswerkes "Salamu" im Liebfrauenmünster leisten wollte. Der musikalische Friedensappell des Komponisten Robert Maximilian Helmschrott muss wohl in einem DK-Interview kurz vor dem Konzerttermin eher als Kriegserklärung an die CSU rübergekommen sein, und für derlei sittenwidriges Treiben zum Nachteil der Staatspartei mochte der Münsterpfarrer die geweihte Stätte nicht hergeben.
Der Schöpfer des Werkes mag sich damit trösten, dass schon weit größere seiner Berufskollegen ihre liebe Not mit dem Kunstverständnis kirchlicher Würdenträger hatten. Als der junge Mozart noch auf der Gehaltsliste des Salzburger Fürstbischofs Colloredo stand, hatte er gefälligst zu parieren wie jeder andere Lakai auch. Da das selbstbewusste Jahrhundertgenie in Wien seine Chance als freier Künstler witterte, reichte es seine Entlassung ein, woraufhin des Erzbischofs Kanzleiherr Graf Arco den undankbaren "flegel, Spitzbuben und Purschen" angeblich mit einem Tritt in den Hintern aus dem Zimmer warf. Ganz so weit soll es aber im Ingolstädter Münsterpfarrhaus nach allem, was man in Erfahrung gebracht hat, bisher noch nicht gekommen sein.