Freunde des Armeemuseums machen Front

08.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:40 Uhr

Der künftige Schlossherr kommt mit neuen Ideen: Ansgar Reiß will das Armeemuseum einem größeren Publikum nahe bringen. - Foto: Ludsteck

Ingolstadt (DK) Wie eine Bombe schlug die Nachricht ein: die Berufung des Historikers Ansgar Reiß zum neuen Direktor des Bayerischen Armeemuseums. Dessen Freundeskreis fühlt sich übergangen, vermutet sogar, es gehe gegen Seehofer persönlich. Der jedoch sieht den Vorgang ganz entspannt.

Der Freundeskreis des Hauses vernahm es mit großem Erstaunen: Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) hat den Historiker Ansgar Reiß zum Nachfolger Ernst Aichners berufen. Der 44-Jährige werde die Leitung des Bayerischen Armeemuseums Ingolstadt im Februar 2010 antreten, hieß es. Dann geht Aichner nach zweimaliger Verlängerung mit 67 Jahren endgültig in den Ruhestand.
 
Stelle nie ausgeschrieben
 
Am Prozedere der Berufung von Ansgar Reiß bestehen in Ingolstadt allerdings erhebliche Zweifel. Vor allem unter den Freunden des Armeemuseums, ein äußerst verschwiegener Zirkel mit hoher Schlagkraft: "Wir sind mehr als überrascht von dieser Meldung", erklärte Vereinsvorsitzender Manfred Dumann dem DONAUKURIER. "Ich weiß nicht, ob sich der Minister einen Gefallen damit getan hat, über alle Köpfe hinweg zu entscheiden. Wir haben ihn jedenfalls gebeten, uns die Gründe mitzuteilen für die Berufung des Herrn Reiß, der ja über keinerlei militärhistorische Erfahrung verfügt."

Irritationen löst auch der Umstand aus, dass die Stelle nicht wie üblich ausgeschrieben wurde. "Es handelt sich doch hier um einen hochsensiblen Bereich, um ein Landesmuseum", so Dumann. "Was, wenn jemand gegen diese Berufung klagt" Er könne sich auch nicht vorstellen, dass dieses Thema nicht im Koalitionsausschuss behandelt wurde.

Dumann hegt sogar einen konkreten Verdacht: "Sollte das eine Retourkutsche der FDP sein, dann wird das ein Rohrkrepierer. Denn solche wichtigen Themen muss man aus der Parteipolitik heraushalten." Für den früheren Landtagsabgeordneten steht fest: "Das geht in Richtung Seehofer."

Der Ministerpräsident selber sieht die Angelegenheit hingegen ganz entspannt. Die Entscheidung liege in dieser Besoldungsgruppe allein im Zuständigkeitsbereich des Fachministeriums und betreffe nicht den Koalitionsausschuss, sagte er gestern auf Anfrage des DK. Da ließe sich wahrlich nichts herausdeuteln.

So sieht das auch Toni Schmid, der Chef des Kunstbereichs im Ministerium. "Solche Stellen schreiben wir nie aus, denn diejenigen, die wir wollen, bewerben sich nicht. Vielmehr sprechen wir die Leute an. Erst sammeln wir wie die Eichhörnchen, dann machen wir uns eine Liste, eine Reihung, und am Ende bleiben drei übrig. Dann erst gehen wir zum Minister. Er kommt also erst relativ spät ins Spiel." Bei der Entscheidung habe Parteipolitik jedenfalls keine Rolle gespielt: "Ein sehr naiver Gedanke."

Wittmann ist enttäuscht

Dem Ministerialbeamten liege es fern, den Freundeskreis zu verprellen: "Wir schätzen ihn ungeheuer. Aber es gibt auch die Freunde der Alten Pinakothek, und denen haben wir auch nicht vorher gesagt, dass Generaldirektor Schrenk kommt", so Schmid. Die Herren sollten sich den Neuen erst einmal in Ruhe anschauen: "Es ist doch gut, wenn jemand den Blick von außen mitbringt."

Zu den dicken Freunden und großen Förderern des Armeemuseums gehört Bürgermeister Albert Wittmann, zugleich Vorsitzender des Festungsvereins. Er vermochte gestern sein Erstaunen über die Personalie kaum zu verhehlen. "Die Nachricht hat uns sehr überrascht." Er habe von Reiß bislang zwar noch nichts gehört, wolle dessen Fachkompetenz und Eignung für das Amt aber auf keinen Fall in Frage stellen.

Es ist eher das Prozedere, das Wittmann verstimmt. Die Entscheidung des Ministeriums für Ansgar Reiß sei "bedauerlicherweise" an Ingolstadt vorbeigegangen. Er sei enttäuscht. Natürlich stehe es der Stadt nicht zu, bei Stellenbesetzungen in einem Landesmuseum mitzureden, "aber es wäre schön gewesen, wenn man dennoch mit uns geredet hätte", zumal Ingolstadt viel für das Armeemuseum getan habe.

An den Spekulationen, wonach die Personalentscheidung des FDP-Ministers als Affront gegen Horst Seehofer zu werten sei, will sich Wittmann nicht beteiligen. Er könne das nicht beurteilen, meinte der CSU-Politiker, fügte allerdings gleich hinzu: "Aber ausschließen kann ich es auch nicht."