Ingolstadt
Es liegt was in der Luft

Eigentlich finden alle Stadträte die Flugtaxi-Initiative gut, trotzdem debattieren sie lang darüber

26.07.2018 | Stand 02.12.2020, 15:59 Uhr
Pressegespräch zur Urban Air Mobility vorgestern im Historischen Sitzungssaal. In der Mitte OB Christian Lösel, rechts neben ihm sitzt THI-Professor Harry Wagner. Er wird das Modellprojekt leiten. −Foto: Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Das Thema Flugtaxis sei leider "immer noch mit einem Lächeln behaftet", hat OB Christian Lösel unlängst bemerkt, als mehr oder weniger originelles Gespöttel über seine neueste Innovationsoffensive im Netz zum Running Joke avancierte: Science-Fiction-Standort Ingolstadt.

Besserverdiener, die jetzt erst richtig abheben. Lösel im Flugmodus über den Niederungen des Alltags schwebend.

Und so weiter. Der OB verteidigt seinen Vorstoß vehement - und zwar von keinerlei Lächeln behaftet -, wenn mal wieder einer die Flugtaxi-Vision für zu abgefahren hält (um das Reizwort abgehoben zu vermeiden).

Lösels Strategie: Das für diese Verkehrsrevolution nötige technische Know-how in Ingolstadt konzentrieren, Labors aufbauen, Experten ansiedeln und alle möglichen Fördermittel abgreifen. Kurz: Standortpolitik. Ingolstadt und die Region sollen sich deshalb für eine Mitgliedschaft in der Kerngruppe der Urban Air Mobility-Initiative der EU-Kommission bewerben. Darüber hatte der Stadtrat gestern abzustimmen. Und obwohl alle den Vorstoß im Prinzip gut finden, kam es zu einer fast eineinhalbstündigen, sehr bewegten Debatte.

Der Gegenwind für die Flugtaxis ist vor allem politischer Provenienz. Lösel presche vorwärts und lasse den Stadtrat zurück, kritisieren viele Oppositionspolitiker. "Wir begrüßen, dass Ingolstadt in die dritte Dimension aufbricht, aber das muss schrittweise geschehen - unter Beteiligung des Stadtrats", sagte Thomas Thöne (ÖDP). "Der Stadtrat löst sich gerade selber auf! ", feuerte Christian Lange (BGI) hinterher. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Werner sieht es so: "Das ist ein Beispiel dafür, wie man eine wunderbare Sache durch falsche Kommunikation in ein schlechtes Licht rückt. Wir wollen mitreden! Die Dinge positiv beeinflussen. " Deshalb sollte der Stadtrat etwa vorher wissen, wo die Testflugstrecken der Luftpioniere verlaufen werden. "Und bei den Finanzen befinden wir uns auch im Blindflug. "

CSU-Fraktionschefin Patricia Klein widersprach angriffslustig: "Wenn in Ingolstadt alle Stadträte immer so zögerlich gewesen wären, würden wir heute noch in Pferdekutschen rumfahren! " Da schwoll ein kurzes "Ho ho! " an. Doch Klein fuhr unbeirrt fort: "Wir dürfen nicht die Zukunft unserer Stadt opfern! Die Weltwirtschaft nimmt keine Rücksicht auf unsere Sitzungsdurchläufe. Der OB hat eine einmalige Chance entschlossen ergriffen. "

Der hier Erwähnte stellte dazu grundsätzlich fest: "Wir müssen Arbeitsplätze für unsere Kinder und Enkelkinder sichern - und damit den Wohlstand unserer Stadt erhalten. " Wenn man jetzt nicht schnell handle, werden die ersten Lufttaxis in Konkurrenzstädten gebaut. Zu den offenen Fragen bemerkte Lösel: "Wir stehen ganz am Anfang eines Forschungsprojekts. Da weiß man nicht, was kommt, sonst wäre es ja keine Forschung! " Vielleicht, wer weiß, werden aus den Flugdrohnen auch neuartige Autos.

Weil die Stadträte die Initiative aber wie gesagt eigentlich alle echt gut finden, stimmten sie für die "Urban Air Mobility"-Bewerbung. Bis auf die ÖDP. Die hält Flugtaxis zwar auch für eine tolle Idee, es geht ihr aber zu schnell.