Pfaffenhofen
Wie in einer eigenen Welt

Für viele ist das Zeltlager des KJR eine ganz besondere Zeit - auch für die Betreuer

14.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:24 Uhr
Sie gehören seit mehr als zehn Jahren zum Team des Jugendzeltlagers in Eschelbach: Carmen Alt (von links), Bettina Pamler und Julia Eder waren auch heuer wieder mit von der Partie. −Foto: Foto: Lodermeyer

Pfaffenhofen/Eschelbach (DK) Am vergangenen Wochenende hieß es wieder: Abschied nehmen von neuen Freunden und alten Bekannten.

Denn das Jugendzeltlager des Kreisjugendrings ging zu Ende. Auch für die Betreuer bedeutet das die Rückkehr zur Realität - schweren Herzens.

Eine Woche lang gab es jeden Tag Spiel und Spaß auf dem Zeltplatz des Kreisjugendrings in Eschelbach. Beim Mörderspiel ermittelten die Jugendlichen mit detektivischem Spürsinn, welcher Betreuer denn für den Tod eines Kollegen verantwortlich ist. Beim Freilichtkino konnten die Teilnehmer mitten im Wald bei dieser ganz eigenen Atmosphäre einen lustigen Film anschauen. Und um der Hitze zu entkommen, ging es für alle auch einmal nach Pfaffenhofen ins Freibad. "Es bilden sich viele Freundschaften unter den Kindern", sagt Julia Eder aus Lohwinden, die als Betreuerin im Zeltlager hilft. "Manchmal ist das nur für diese eine Woche - aber es ist eine sehr intensive Zeit. " Eder weiß, wovon sie spricht: Seit 14 Jahren ist sie als Betreuerin dabei - davor war sie selbst als Teilnehmer im Jugendzeltlager und auch im Kinderzeltlager mit von der Partie. "Irgendwann wird man zu alt, um selbst ins Zeltlager zu fahren", erzählt sie. "Aber für mich war klar: Ich muss hier wieder her. " Denn auch für sie stand schon als Kind fest: "Auch wenn es bloß eine Woche im Jahr ist: Mich hat die Zeit hier geprägt. "

Ähnlich ging es vor 14 Jahren auch Bettina Pamler aus Vohburg. Weil ihr fünf Jahre älterer Bruder zu der Zeit schon als Betreuer mithalf, wechselte sie ebenfalls kurzerhand von der Teilnehmer- auf die Betreuerseite. "Man wird in der Zeit auch irgendwie selbst nochmal zum Kind", erklärt die Vohburgerin, die eigentlich im Wirtschaftsingenieurwesen arbeitet.

So arg verändert haben sich die Dinge in dem Zeltlager derweil nicht während der vergangenen Jahre. Es gibt noch immer Spiele wie die Schnitzeljagd, weiß Carmen Alt, die sich heuer gemeinsam mit Eder um die Küche kümmert. Die Abende am Lagerfeuer sind immer noch genauso beliebt; wenn das Mörderspiel fehlt, gibt es enttäuschte Gesichter; Nachtwanderungen im Wald begeistern noch wie früher. "Viele von uns Betreuern sind schon seit 10 bis 20 Jahren dabei", sagt die Hohenwarterin, die selbst schon seit 15 Jahren fest zum Team zählt. Dennoch gibt es auch immer wieder etwas Neues, manchmal auch gezwungenermaßen. Heuer beispielsweise musste das gemeinsame Grillen am ersten Abend ausfallen, da die Waldbrandgefahr einfach zu groß war. "Aber so etwas regt wieder zur Kreativität an", sagt Alt. Stattdessen seien alle um eine doppelt- und dreifach gesicherte Kerze herum gesessen und hätten so einen ganz besonderen Abend erlebt. Improvisation gehört beim Zeltlager sowieso fest mit dazu - mal im Kleinen wie mit einer Kerze, mal im Großen bei schlimmen Gewittern. "Wir hatten vor einigen Jahren mal nachts ein heftiges Unwetter mit einem kompletten Stromausfall", erinnert sich Alt an eine Situation. "Da haben wir alle Kinder im Gemeinschaftsraum versammelt und bei Taschenlampenlicht alle möglichen Lieder ausgepackt, um ihnen die Angst zu nehmen. "

Heuer bilden 15 Zelte das Lager, in jedem sind sechs bis acht Kinder und Jugendliche untergebracht. Doch für die Teilnehmer sind die sieben Tage in Eschelbach nicht einfach Urlaub. "Die Kinder müssen auch selbst mit anpacken", sagt Pamler. So gibt es verschiedene Dienste, die erledigt werden müssen: Klodienst, Abwaschdienst und andere Aufgaben stehen an. "Es gibt auch Kinder, die in der Woche bei uns zum ersten Mal in ihrem Leben abwaschen oder ein Klo putzen - da hat man das Gefühl, die haben noch nie einen Lappen in der Hand gehabt. " Aber auch das sei Teil der Philosophie des Zeltlagers: "Die Kinder können sich hier ausprobieren, auch bei solchen Aufgaben", sagt Alt.

Für die Woche am Waldrand bei Eschelbach gilt für die Kinder außerdem ein Handyverbot. "Am ersten Tag zum Beispiel, wenn man mit den Kindern ins Gespräch kommt, redet man auch über ihre Hobbies. Da nennen schon viele das Handy und Computerspiele", sagt Alt. Aber während des Zeltlagers packen die Jugendlichen mit an, wenn aus Naturmaterialien gebastelt und gebaut wird - ohne Gedanken an die Medien und Spielekonsolen. "Das gibt mir als Betreuer auch ein gutes Gefühl."

Nun haben alle das Gelände wieder verlassen, das Zeltlager ist für heuer vorbei. Die Betreuer selbst blieben noch eine Nacht, nutzten die Gelegenheit zu einem großen Abschiedsessen miteinander. Sie räumten am Sonntag den Platz auf und bauten die Zelte und das ganze andere Equipment ab. Dann hieß es auch für sie wieder: zurück in den Alltag. "Eine Woche lebt man in seiner eigenen Blase. Was außen herum geschieht, das kriegt man nicht mit", sagt Eder. "Da bleibt die Zeit gefühlt stehen. " Das sieht auch Alt ähnlich: "Man hat ein doppeltes Bewusstsein: Man ist froh, dass man es geschafft hat - und traurig, dass es vorbei ist. " Genauso wird Pamler wohl einige Momente brauchen, um wirklich wieder zu Hause anzukommen: "Man sitzt daheim in der Badewanne, aber mit dem Kopf ist man noch im Zeltlager. "

Wirklich vorbei ist das Lager-leben für die Betreuer dabei auch dann nicht. "Man ist immer wieder in Kontakt mit den anderen Betreuern, plant und organisiert", sagt Pamler. "Das ganze Jahr über ist das Zeltlager mit dabei. " Denn für die Betreuer ist vollkommen klar, dass sie heuer nicht zum letzten Mal in Eschelbach waren. Daher werden die Drei auch in Zukunft wieder nach Eschelbach kommen - genauso viele der anderen Helfer, die für dieses ehrenamtliche Engagement teilweise sogar unbezahlten Urlaub nehmen. "Das Zeltlager gehört zum Jahr wie Weihnachten und Ostern. Ich kann mir gar nicht vorstellen, hier nicht mehr herzukommen", sagt Eder.

Claudia Lodermeyer