Ingolstadt
Falsche Fürsorge

Ingolstädter Tierschutzorganisationen warnen vor Fehlern beim Umgang mit Fundkatzen

30.10.2019 | Stand 23.09.2023, 9:13 Uhr
Sabine Kaczynski
"Nicht wahllos irgendwelche Katzen füttern!", bitten Tierschutzorganisationen. Auf dem Bild sieht man Mifty. Der kleine Kater, dessen Augen verkümmert sind, wird in seiner Notlage von Tierfreundin Carmen Danhauser mit der Milchflasche versorgt. −Foto: Kaczynski

Ingolstadt (DK) Die Tierfreunde der Region Ingolstadt (TRI) und der Ingolstädter Tierschutzverein schlagen Alarm, denn es häufen sich Probleme mit Fundkatzen.

Oft entstehen die vielfältigen Schwierigkeiten aus falscher Fürsorge oder fehlender Kenntnis der Sachlage, berichten sie. Daher informieren die beiden Organisationen nun über den richtigen Umgang mit den Tieren.

Die Situation hat fast jeder schon einmal erlebt: Im Garten treibt sich eine fremde Katze herum, besucht einen immer wieder und scheint sich in der Umgebung wohlzufühlen. Viele - vor allem ältere - Menschen wollen dem Tier etwas Gutes tun und stellen Futter hin. Und genau da beginnen die Probleme. Carmen Danhauser, Vorstandsmitglied bei den TRI, erklärt: "Bevor man überhaupt einen Gedanken daran verschwendet, die Katze zu füttern, sollte man sie genau anschauen. Sieht das Tier gesund und gepflegt aus, ist es gut genährt und hat klare Augen, ist es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Freigänger, der seine Umgebung erkundet. Dann lässt man das Tier am besten einfach in Ruhe. "

Ähnlich sieht das Katja Payer, Tierheimleiterin beim Tierschutzverein in Ingolstadt: "Nicht jedes Miauen bedeutet Hunger. Erst wenn ein Tier verwahrlost oder verletzt wirkt, handelt es sich in der Regel um einen Streuner. " Die Freigänger gehen dagegen normalerweise am Abend nach Hause zum Fressen. Doch wenn die Katze auch woanders regelmäßig Futter findet, kann es sein, dass sie sich von ihrem Herrchen oder Frauchen entfernt. Noch dramatischer wird die Lage, wenn die Menschen sogar beschließen, die Katze, die regelmäßig zu Besuch kommt, zu behalten, denn das ist rechtlich gesehen Diebstahl. "Denn die Mieze gehört weiterhin ihrem Besitzer. Man muss den Fund also anzeigen und untersuchen, ob das Tier gechipt oder tätowiert ist und so seinen Halter ermitteln. Dabei können Tierschutzorganisationen, der Tierarzt oder sogar die Polizei helfen", so Danhauser.

Etwas anders sehe die Lage aus, wenn das fremde Tier augenscheinlich ein Streuner ist, der krank oder verwildert wirkt, sich nicht anfassen lässt und vornehmlich nachts auftaucht. Hier entstehen ganz andere Probleme: "Wenn man streunende Katzen füttert, muss man sich der Konsequenzen auch bewusst sein", warnt das Vorstandsmitglied. "Denn durch regelmäßiges, bewusstes Anfüttern wird man rechtlich zum Besitzer der Tiere und ist damit verpflichtet, auch für ihre Gesundheit zu sorgen. "

Dass dann gezähmte Tiere auf Kosten der Tierschützer behandelt und kastriert werden, lehnt die Tierschützerin daher ab. "Das geht natürlich nicht. Wenn ich die Katze quasi zu meinem Eigentum mache, übernehme ich auch die Verantwortung und muss dann auch die Kosten tragen. "

Etwas anders ist die Lage bei Streunern, die nicht mehr gezähmt werden können: "Wir sind froh um jede Futterstelle, die Streunern zur Verfügung gestellt wird. Doch wir müssen schnellstens informiert werden, damit die Tiere gefangen und kastriert werden können", sagt Tierheimleiterin Payer. Denn wenn man die Tiere nicht kastriere, würden aus zwei schnell 20 Katzen - alle oft in einem gesundheitlich erbärmlichen Zustand. Haben sich die Miezen dann unkontrolliert vermehrt, wird es den "Fütterern" doch oft zu viel und die Tierschutzorganisationen sollen eingreifen. Dass die Problematik praktisch hausgemacht ist, weil viel zu spät die Reißleine gezogen wurde, wollen viele dann nicht einsehen. Als Ergebnis dieser "Ignoranz" wurden in diesem Jahr bereits über 60 junge Katzen allein vom Ingolstädter Tierheim aufgenommen: "Sie sind meist extrem scheu und daher schwer vermittelbar", erklärt Payer. Auch die TRI haben heuer schon rund 50 junge Streuner eingesammelt, die meisten von ihnen krank.

Auch Kater Mifty ist so ein Fall. Er und seine vier Geschwister wurden mit knapp drei Wochen in einem Garten gefunden, von Mama Katze keine Spur. Mifty hat verkümmerte Augen, vermutlich die Folge von unkontrollierter Vermehrung mit Inzucht und einer Ansteckung mit Parasiten und Katzenschnupfen bereits im Mutterleib. Die Mini-Katze, die derzeit bei Carmen Danhauser lebt, wäre in der Natur vollkommen lebensunfähig, denn sie kann nichts sehen. Seit rund fünf Wochen wird Mifty alle zwei Stunden mit der Milchflasche gefüttert, noch einmal so lange wird es dauern, bis das Miezenbaby halbwegs selbstständig fressen kann. "Genau diese Fälle wollen wir verhindern", wünscht sich die Tierfreundin und rät, sich an eine simple Regel zu halten: "Bitte nicht wahllos irgendwelche Katzen füttern! Ein Fundtier - egal ob Streuner oder Freigänger - muss grundsätzlich gemeldet werden, am besten beim Tierschutz. Dort bekommt man professionelle Hilfe von Menschen, die wissen, wie man sinnvoll weiter vorgeht. "

Auch Katja Payer hat noch einen Tipp parat: "Freigänger-Katzen bitte unbedingt rechtzeitig kastrieren, chippen und registrieren lassen. So kann einerseits unfreiwilliger Nachwuchs vermieden und andererseits die Katze sicher zugeordnet werden, wenn sie doch einmal verschwindet. "

Sabine Kaczynski