Ingolstadt
Es hätte schlimmer kommen können

CSU feiert ihren Direktkandidaten Alfred Grob und erklärt das schlechte Abschneiden mit der Flüchtlingspolitik Merkels

14.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:39 Uhr
Jubel trotz allgemeiner Krisenstimmung: Direktkandidat Alfred Grob (2.v.l.) zieht ungefährdet in den Landtag ein. Kreischef Hans Süßbauer applaudiert ihm sowie den anderen Kandidaten Nicole Wittmann (Bezirkstagsliste), Matthias Schickel (Landtagsliste) und Michael Kern (Bezirkstags-Direktkandidat). −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Sie waren ja schon darauf vorbereitet. Insofern ist keines der rund 30 Mitglieder, die am frühen Abend ins CSU-Haus gekommen sind, überrascht, als Punkt 18 Uhr die erste Prognose am Bildschirm erscheint. 35,5 Prozent. Eigentlich ein Wahnsinn, aber es hätte schlimmer kommen können, denken sie sich.

Laut wird es nur bei der Schalte zur Ansprache der Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze. "Ausschalten, ausschalten!", ruft Anton Koppenhofer vom Ortsverband Süd. Als Söder spricht, machen sie den Fernseher lauter, die Gespräche verstummen. Zwei Mitglieder klatschen bei Söders Hinweis, die CSU sei trotz allem stärkste Partei und habe vom Wähler den Regierungsauftrag erhalten.

Um 19.09 Uhr betritt Alfred Grob den Saal. Einige Stimmbezirke sind schon ausgezählt - es ist klar, dass er das Direktmandat holen wird. Die Mitglieder im inzwischen vollen Saal stehen auf, jubeln und klatschen. Grob strahlt, ebenso die anderen Kandidaten, die mit ihm gekommen sind: Matthias Schickel, der auf der Liste kandidiert, dazu Michael Kern (Direktkandidat für den Bezirkstag) und Nicole Wittmann (Bezirkstags-Listenkandidatin. "Normalerweise ist heute kein Jubeltag für die CSU", sagt der Kreisvorsitzende Hans Süßbauer. "Aber wenn diese Vier kommen, dann tobt der Saal, weil sie einen engagierten Wahlkampf gemacht haben." 5200 Hausbesuche haben die Kandidaten laut Süßbauer absolviert. "Wir sind damit in Oberbayern auf Platz eins", sagt Organisator Stefan Huber. "Und vielleicht sogar in ganz Bayern." Man sei also präsent gewesen, meint Süßbauer. "Wir haben in Ingolstadt das Mögliche getan." Aber das Thema Flüchtlingspolitik habe alles andere überstrahlt. Und da müsse sich die CSU wohl an die eigene Nase fassen, "dass man der Bundeskanzlerin nicht mehr Paroli geboten habe". Diese "herbe Klatsche" müsse gründlich analysiert werden.

Denkzettel-Wahl - den Begriff hört man an diesem Abend noch häufiger. Es sei ja wohl augenscheinlich, dass mit der SPD auch der zweite Partner der Bundesregierung erhebliche Verluste erlitten habe, sagt Oberbürgermeister Christian Lösel. Die sei in Bayern ja gar nicht in der Regierung. Wie oft habe er an den Wahlkampfständen den AfD-Spruch "Wer CSU wählt, wählt Merkel" gehört. Plausibel widerlegen habe sich diese These der Wähler nicht lassen.

Das bestätigt auch Kandidat Grob, der sich trotz "niederschmetternder Zahlen aus Bayern" freut, in den Landtag gewählt worden zu sein. Das sei ein Grund "angemessen und gemäßigt zu feiern", ruft er den Mitgliedern zu. Aber man müsse auch klar analysieren, wie es zu dem Ergebnis in Bayern kommen konnte und danach auch personelle Fragen stellen, sagt er später im Gespräch mit dem DK. Dass die CSU und Grob mit 36,03 beziehungsweise 36,48 Prozent unter dem Bayernschnitt liegen, ist für Grob leicht erklärbar - mit dem Transitzentrum im Stadtgebiet und beim Erststimmen-Ergebnis mit den vielen anderen Kandidaten. "Insofern bin ich mit meinem Ergebnis zufrieden", sagt er. Die bisherige Stimmkreisabgeordnete Christine Haderthauer, die das Geschehen von München aus verfolgt hat, habe ihm schon per SMS gratuliert.

Am heutigen Montag wird sich Grob auch dazu mit der Bezirksleitung der CSU treffen. Bald soll es dann auch um den möglichen Koalitionspartner gehen. Für Grob sind das ganz klar die Freien Wähler. "Die Grünen sind noch nicht soweit", sagt er.

Im Landtag sieht sich Grob zunächst als "Repräsentant für Ingolstadt, und zwar für alle, egal, ob mich jemand gewählt hat oder nicht". Und dann liegen dem bisherigen Chef der Kriminalpolizei natürlich die Themen Polizei, Flüchtlinge und Innere Sicherheit am Herzen, wie er sagt. Da müsse man einiges weiterentwickeln. Damit in fünf Jahren nicht die nächste Denkzettel-Wahl analysiert werden muss.

Thorsten Stark