Ingolstadt
"Es fehlt an Attraktivität"

Trotz Leerständen: In der Innenstadt gibt es Geschäfte, die schon lange existieren - Zwei Inhaber berichten

06.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:26 Uhr
Tanja und Christoph Genz führen den Ingolstädter Gourmet in der Innenstadt seit über 16 Jahren. Mit der Entwicklung in der City sind sie dennoch nicht zufrieden. Es fehlt ihnen an Attraktivität. −Foto: Brandl

Ingolstadt - Es gibt sie: Kleine Geschäfte in der Innenstadt mit langer Lebensdauer.

 

Sie trotzen dem Ladensterben, das sich aktuell in zahlreichen leerstehenden Ladenlokalen abbildet, und setzen dabei auf Qualität und Service. Unsere Zeitung berichtete im Januar ausführlich über die Lage im Zentrum. Das hat jetzt eine Ladeninhaberin auf den Plan gerufen, die findet, diese Sicht sei zu einseitig. Mängel bei der Qualität in der Innenstadt sieht sie trotzdem.

Tanja und Christoph Genz betreiben den Ingolstädter Gourmet seit über 16 Jahren. Den Laden habe der Vater von Tanja Genz vom Gründer übernommen, der die Stadt nach zwei Jahren aus privaten Gründen verlassen habe, wie Genz sagt. Das Fachgeschäft Am Stein verkauft vorwiegend offene Essige und Öle, Liköre, Whisky, Feinkost und Gewürze. Als vor geraumer Zeit ein Laden für Geschenkartikel in der Innenstadt schloss, entschieden sie sich, einen kleinen Teil des Sortiments zu übernehmen. Hinzu kommt, dass der Kunde alle flüssigen Produkte in eigene Gefäße abfüllen kann - ein wachsender Trend.

Mangelnde Innovation kann man den Geschäftsleuten also nicht vorwerfen. Dennoch seien die Kundenzahlen seit fünf Jahren rückläufig, räumt das Ehepaar ein. "Seit das mit den Leerständen akut ist", sagt Christoph Genz. Die Gründe sieht das Ehepaar vor allen Dingen in der Parkplatzsituation und der "fehlenden Attraktivität in der Innenstadt". Manche Kunden würden am frühen Vormittag nur kurz vor dem Geschäft parken und die bestellte Ware abholen, um dann gleich wieder wegzufahren.

Als der DK den Laden besucht, spielt es sich einmal genauso ab. "Es gibt Leute, die fragen uns, ob wir nicht in den Westpark ziehen wollen", sagt Tanja Genz. Das kommt für sie aber nicht in Frage. "Wir müssten dann die Preise erhöhen und bräuchten Angestellte, um die längeren Öffnungszeiten abdecken zu können", begründet sie das auch hinsichtlich der höheren Miete in dem Einkaufscenter. Derzeit würden sie für ihren Laden in der Altstadt eine für die Lage angemessene Miete bezahlen.

Dass der Innenstadthändlerverein IN-City sich angesichts der Situation nach außen hin so ruhig gibt, kann die Geschäftsfrau nicht verstehen. "Da stellen sich mir die Nackenhaare auf", sagt Genz. Sie vermisse Aktivität in der Innenstadt. Aktionstage etwa, die auch Am Stein stattfänden. Das kenne sie sonst nur vom Bürgerfest. "Was spricht dagegen, am Autotag ,City-PS' hier Autos herzustellen? Am Samstag fahren ja keine Busse und Taxis durch", argumentiert die Ladenbetreiberin.

Genz und ihr Mann fänden es zudem gut, wenn zumindest drei Stunden lang täglich kostenlos geparkt werden dürfte. "Es wird einfach zu wenig getan. Wir dagegen machen alles, um noch irgendetwas zu tun für die Stadt", sagt sie und ergänzt: "Allein TK Maxx und Primark lösen das Problem nicht. "

Ursula Waldemair und ihr Mann Karl-Heinz betreiben an der Ludwigstraße ein Optikergeschäft, das seit 75 Jahren familiengeführt ist. Die Auswahl an Fachgeschäften mit Brillen in der Innenstadt ist auffallend groß - das findet auch die Inhaberin. Dennoch halten die Waldemairs an ihrer Lage in der Fußgängerzone fest, auch weil sie derzeit keinen Grund sehen, etwa in den Westpark zu ziehen. Selbst, wenn Kunden sie manchmal danach fragten, so Waldemair.

Den gröbsten Teil der Sanierung der Fußgängerzone hat der Laden inzwischen hinter sich gebracht. "Geschäftlich hat es uns nicht geschadet", sagt die Inhaberin. Worin liegt also das Geheimnis ihres Erfolgs? "Wir schreiben Service sehr groß und haben zu 90 Prozent Stammkunden, die persönlich und ehrlich beraten werden wollen", sagt Waldemair. Mitglied beim Stadtmarketingverein IN-City seien sie nicht. "Aktionstage wie der Kindertag bringen uns nicht viel. Wir verkaufen vielleicht eine Brille, benötigen aber zwei Mitarbeiter", heißt es. Das City-Ticket, mit dem die Händler ihren Kunden einen Rabatt auf die Parkgebühren geben können, findet die Inhaberin zwar gut. "Kaufen kann ich sie als Nichtmitglied allerdings nicht mehr", sagt sie. Insgesamt, so glaubt Walde-mair, werde zu viel gejammert, was die Innenstadt angehe. Sie räumt allerdings ein, dass es an hochwertigen Angeboten fehle, die neue Kunden anzögen. "Das Niveau sinkt. Kaufhäuser wie Wagner und Wöhrl sind weg, dafür gibt es jetzt Primark", sagt die Optikerin. Sie ist aber zuversichtlich: "Es wird für uns so weitergehen und wir sind froh darüber. "

DK

Michael Brandl