Ingolstadt
Erfreuliches und Brisantes

Stadtrat soll am heutigen Donnerstag heikles Kammerspiele-Projekt voranbringen - Viele weitere Themen

17.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:23 Uhr
Die nächste Eröffnung: Anfang März wurde der städtische Kindergarten Villa Rosa 3 an der Gerhart-Hauptmann-Straße eingeweiht. −Foto: Eberl

Ingolstadt - Wie geht es weiter mit den Kammerspielen?

Geht es überhaupt weiter? Welche Konsequenzen hat der mehrmonatige Teilstillstand des öffentlichen Lebens für den Linienbusverkehr? Wie reagieren die Schulen auf den ungewollt-abrupten Wechsel in den digitalen Heimunterricht wegen der Corona-Krise, der mehrere Monate währte - ein radikaler Ausnahmezustand, den sich noch kurz vor der Schließung der Schulen im März niemand vorstellen konnte. Auch das betrifft viele Eltern: Wird die Zahl der Plätze in den Kindertagesstätten (Krippen und Kindergärten, kurz: Kitas), geschaffen von der Stadt und freien Trägern, weiter steigen? Das sind drei der Themen, die der Stadtrat in seiner Sitzung am heutigen Donnerstag behandelt. Sie beginnt um 15 Uhr im Theaterfestsaal.

Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass am Anfang "kein Abstimmungsbedarf in nichtöffentlicher Sitzung besteht" und es gleich in den öffentlichen Teil geht. Allerdings kann ein Stadtratsmitglied beantragen, dass zuerst nichtöffentlich über die Tagesordnung abgestimmt wird. Dann müssten die Besucher so lange draußen warten.

Die Tagesordnung ist sehr umfangreich, enthält aber viele Berichte und Formalien, die zügig abzuhaken sein sollten. Wie verlautete, sollen die Sachanträge der Parteien wieder in die zuständigen Fachausschüsse verwiesen werden - mit Ausnahme des Antrags der Partei Die Linke, den "Runden Tisch Corona" weiterzuführen. Hier eine Auswahl wichtiger Punkte:

? Kammerspiele: Das Dauerthema wurde vorgezogen und kommt nach einigen Formalien unter Punkt 10. Das Projekt ist von einem Grundsatzbeschluss noch ein Stück entfernt. In dieser Sitzung stimmt der Stadtrat darüber ab, im Bereich der Einmündung der Schutterstraße in die Schlosslände einen Bebauungsplan "Kammerspiele" aufzustellen. Anschließend soll das Vergabeverfahren mit der Entscheidung abgeschlossen werden, "dass die Bietergemeinschaft Blauraum Architekten / Adlerolesch Landschaftsarchitekten als das geeignetste Planerteam für die Durchführung des Projektes Kammerspiele beurteilt wird", wie es in der Beschlussvorlage heißt.

Ferner soll der Stadtrat den Standort an der Schutterstraße für den Bau der Kammerspiele bestätigen, indem die zuständigen Gremien "zur Kenntnis nehmen", dass sich das Vorhaben dort, wie in einem Kurzvortrag erläutert werden soll, "technisch und wirtschaftlich realisieren lässt". Die Stadtrat soll zudem die vorläufige Kostenschätzung für die Kammerspiele sowie die Werkstätten in Höhe von 38,9 Millionen Euro zur Kenntnis nehmen (mindestens die Hälfte kommt als Förderung vom Freistaat) und auf dieser Grundlage die Vorprojektgenehmigung zur Beauftragung der Architektenleistungen und Freiraumplanung erteilen.

Der Stadtrat soll an diesem Donnerstag 3,3 Millionen Euro für weitere Planungen sowie die Projektsteuerung genehmigen. Erst wenn die abschließende Kostenberechnung vorliegt, soll der Stadtrat grundsätzlich entscheiden, ob die Kammerspiele gebaut werden.

Die Freien Wähler sagen entschieden nein zu den Kammerspielen (siehe Seite 17), obwohl noch nicht alle Zahlen auf dem Tisch liegen.

? ÖPNV in der Krise: In den Wochen der strikten Einschränkungen im öffentlichen und privaten Leben waren auch auf den Linien der Ingolstädter Verkehrsgesellschaft (INVG) überwiegend "Geisterbusse" unterwegs. Die GmbH hielt den Betrieb aber vollständig aufrecht (mit dem reduzierten Samstagsfahrplan), um die Grundversorgung der Bevölkerung zu gewährleisten; viele Bürger ohne Auto sind zwingend auf Busse angewiesen, man denke nur an alte Menschen, die zur Apotheke oder zum Arzt müssen. Langsam füllen sich die Busse wieder, aber die Auswirkungen der Viruskrise auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sind in allen Orten immens. Der Stadtrat entscheidet heute über eine Hilfsmaßnahme für ein Unternehmen der INVG.

Es geht um die Linien 16, 44, N14, N16 und S6, die Ingolstadt mit Orten im nördlichen Landkreis Pfaffenhofen verbinden (darunter Manching oder Karlskron). Ein Busunternehmen bediene die Linien im INVG-Netz seit 2019 eigenwirtschaftlich, so die Verwaltung, und benötige jetzt finanzielle Unterstützung, um wegen stark gesunkener Fahrgastzahlen den Linienverkehr aufrecht erhalten zu können. Es geht um einen Zuschuss in Höhe von insgesamt 142000 Euro im Monat. Es müsse zudem eine Lösung für 2021 gefunden werden, heißt es. Die Konsequenzen der Krise werden noch lange zu spüren sein.

Der hohe Aufwand der INVG für die Einhaltung aller Corona-Hygienevorschriften hat der Verwaltung zufolge wesentlich dazu beigetragen, dass das Defizit der Gesellschaft im laufenden Geschäftsjahr stark gestiegen ist. Die "nicht gedeckten Kosten" erhöhten sich im Vergleich zum Jahr 2018/2019 um 5,9 Millionen Euro auf 17,4 Millionen Euro. Der Anteil der nicht gedeckten Kosten an den Gesamtkosten steigt damit auf 49,7 Prozent. Allerdings sinken die Gesamtkosten laut INVG im Vorjahresvergleich, was unter anderem daran liege, dass nun manche Linien von den Landkreisen oder "eigenwirtschaftlich" von Busunternehmen betrieben werden. Welche Risiken das birgt, zeigen die wegen der Corona-Krise in die roten Zahlen geratenen Linien.

? Digitale Ausstattung der Schulen: Der wochenlange krisenbedingte und völlig ungeplante Heimunterricht hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Schulen mit digitaler Technik aufgerüstet werden müssen - auch im Sinne der Chancengleichheit, denn nicht jede Familie kann sich internetfähige Tablet PCs, Laptops oder PCs leisten. Der Stadtrat entscheidet über ein Sonderbudget für den Kauf solcher Geräte für den Verleih an Schüler. In Aussicht steht eine Fördersumme in Höhe von 917726 Euro, dazu kommen Kosten für Wartung und Support. Die Verwaltung schlägt "sozial gewichtete Kriterien" für den Verleih der digitalen Geräte vor. Auch darüber stimmt der Stadtrat ab.

? Netzwerk der Bio-Städte-, Landkreise und -Gemeinden: Der Stadtrat stimmt über den Beitritt der Stadt Ingolstadt zu diesem Netzwerk ab. Die Verwaltung beschreibt den 2013 gegründeten Verbund wie folgt: "Das Netzwerk der Biostädte in Deutschland ist ein offenes Angebot an Städte, Gemeinden und Landkreise mit der Zielsetzung, sich gegenseitig zu unterstützen, aus den Erfahrungen zu lernen und gemeinsame Projekte zu initiieren. Zudem können darüber die verbindenden Interessen der Biostädte gebündelt und gegenüber verschiedenen Gremien und Institutionen ergebnisorientierter kommuniziert und vertreten werden. "

? Video-Livestream: Die Stadtratssitzung wird wieder übertragen, ein Gebärdendolmetscher übersetzt simultan. "Somit müssen interessierte Bürger nicht persönlich ins Theater kommen", sagt das Presseamt. Damit ließen sich wegen der besonderen Umstände während der Corona-Pandemie Kontakte vermeiden. Die Sitzung wird unter www. ingolstadt. de/live zu sehen sein. Tagesordnung und Sitzungsunterlagen sind im Ratsinformationssystem abrufbar. Adresse: www. ingolstadt. de/ratsinfo

DK

Christian Silvester