Kösching
Energieversorgung in Bürgerhand

Fernwärmenetz nach Kösching und Lenting könnte über eine Genossenschaft betrieben werden

22.04.2021 | Stand 23.09.2023, 18:10 Uhr
Etwa einen Meter unter der Erde sollen die Leitungen für das Fernwärmenetz verlaufen. Diese bestehen aus einem Kunststoffmantelrohr, Schaumstoff zur Isolierung und Metall. Zulässig sind sie für Wärme mit maximal 100 Grad. −Foto: Stephan

Kösching/Lenting - Die Bürger-Energie-Genossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach-Eichstätt eG (BEG) bietet an, an der Umsetzung des Fernwärmenetzes nach Kösching und Lenting mitzuwirken.

Sie will laut Vorstand Bernd Weber (Foto) nicht als Investor auftreten, sondern setzt auf Bürgerbeteiligung.

"Gemeinsam" ist ein Wort, das Bernd Weber oft benutzt. "Das ist ein Bürgerprojekt", sagt der Vorstand der BEG, die Projekte zur Erzeugung, Speicherung und Verteilung erneuerbarer Energien in der Region initiiert, finanziert und betreibt. Ein solches wäre ein an das von Prolignis geplante Holzheizkraftwerk angeschlossenes Wärmenetz. Die Herausforderung: "Alle regenerativen Energien sind sichtbar", sagt Weber. "Deshalb geht das nur gemeinsam mit den Bürgern. "

Jetzt den Wechsel zu einem Fernwärmenetz anzustreben, hält Weber aufgrund anstehender Fördermöglichkeiten für den richtigen Zeitpunkt. "In vielen Altbeständen gibt es noch Ölheizungen", sagt der BEG-Vorstand. "Da macht sich jeder Gedanken, wie er das künftig mit der Energieversorgung macht. " Denn Heizsysteme mit fossilen Brennstoffen seien passé, "da wird der Gesetzgeber sehr drauf drängen". Stichwort CO2-Steuer.

Als Weber von der Möglichkeit für Kösching und Lenting erfuhr, schaltete er sich ein, "um die Bürgermeister frühzeitig auf den Gedanken der Genossenschaft aufmerksam zu machen". Dem BEG-Vorstand ist es wichtig, dabei nicht selbst als Investor aufzutreten. "Wir sehen uns lediglich als Moderator. " Die BEG sei idealistisch geprägt, die Vorstände arbeiteten nahezu ehrenamtlich. "Wir sind nicht gewinnorientiert", betont Weber. "Nur unser Aufwand für die Projektarbeit muss bezahlt werden. "

Ralf Sitzmann (UW) und Christian Tauer (SPD) hatten eine Genossenschaft - sei es nun eine eigene oder in Verbindung mit der BEG - seinen Worten zufolge noch gar nicht so richtig auf dem Schirm. "Ich stieß auf offene Ohren. " Denn Bürgerbeteiligung sei eine gute Möglichkeit, die Energieversorgung selbst in die Hand zu nehmen und selbst entscheiden zu können, wo und wie Leitungen verlegt werden. Gute Erfahrungen habe damit beispielsweise Möckenlohe gemacht (siehe eigener Artikel).

Ein erster Schritt wäre Weber zufolge, Köschinger und Lentinger zu finden, die mitmachen wollen. "Das wird ein langer Prozess", vermutet Weber. Eine Art Lenkungsgruppe soll die Bürger vertreten und die Entscheidungen treffen. Anhand der Zahl derer, die sich beteiligen wollen, können der Wärmepreis ausgerechnet und Verträge abgeschlossen werden. Eine entsprechende Studie der Technischen Hochschule Amberg-Weiden geht bei einer 20-prozentigen Beteiligung - und einem von Prolignis veranschlagten Wärmeverkaufspreis von 10 Euro pro Megawattstunde - inklusive Förderung von 8,3 Cent pro Kilowattstunde an Investitions-, Betriebs-, Wartungs- und sonstigen Kosten aus. "Das ist eine Zahl, die zuversichtlich macht", meint Weber. Andere Energieversorger verlangen seinen Worten nach bis zu 15 Cent. In Kösching und Lenting erwartet Weber einen langfristig gesicherten Preis, "weil viele kommunale Liegenschaften angeschlossen werden sollen".

Abgesehen von der Wärmeübergabe soll sich der Energieerzeuger Prolignis laut Weber aus dem Bau und Betrieb des Wärmenetzes raushalten. "Wir versuchen aber, dort Mitspracherecht zu erhalten, um zu sehen, wie die Energieerzeugung läuft", kündigt er an. Die Kommunen dagegen sollen intensiv einbezogen werden. Insbesondere die Verlegung der Leitungen bedinge laut Weber genaue Absprache. Angesprochen auf die Angst der Bürger vor einem großen Eingriff ins Straßennetz schlägt Weber vor, die Maßnahme gleichzeitig zur Verlegung von Glasfasernetzen zu ergreifen oder auf Gehwege zu setzen.

Sollte die Entscheidung für das Holzheizkraftwerk fallen, ist für Weber bis zur Errichtung des Wärmenetzes die Kommunikation entscheidend. "Die größte Aufgabe ist es, die Leute vor Ort zum Mitmachen zu bewegen. " Der BEG-Vorstand rechnet mit einem halben Jahr bis zum tatsächlichen Projektstart. "Heuer werden wir nicht mehr bauen, aber wir sollten fertig sein, wenn Prolignis zur Wärmelieferung bereit ist", erklärt Weber.

Finanziert werden soll das Projekt eben über das Genossenschaftsprinzip. Ein Bürger kann laut Weber 1 bis 50 Anteile je 100 Euro kaufen, um Mitspracherecht zu haben. Durch die Mitgliedschaft erhalten die Verbraucher die Gelegenheit, durch Bürgerdarlehen je 1000 Euro das Netz direkt mitzutragen. Dieses gehörte damit den Bürgern. "Ziel ist, kein Bankdarlehen aufnehmen zu müssen", sagt Weber. Um die Projektkosten zu tilgen, denkt er an das Zwiebelschalenprinzip: An erster Stelle können sich Anschlussteilnehmer beteiligen, an zweiter weitere Köschinger und Lentinger Genossen, an dritter andere Genossen, die ebenfalls Interesse am Projekt haben. "Wir haben viele Anfragen von Leuten, die investieren wollen, um sich ehrlich an einem nachhaltigen Projekt beteiligen zu können. "

DK

Tanja Stephan