Ingolstadt
Einmal unten durch

Die Kommunalbetriebe verlegen einen neuen Kanal am Hauptbahnhof - und der Zugverkehr läuft weiter

09.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:21 Uhr
Sabine Kaczynski
Schweres Gerät: Die Vortriebsmaschine (oben und unten links) mit zwei der vier Vortriebszylindern (gelb), die sich unter dem Hauptbahnhof durchgraben wird, ging gestern in Betrieb. Helmut Benegui (unten rechts), Bereichsleiter Wasserversorgung und Entwässerung bei den Kommunalbetrieben, präsentiert eins der Stahlbetonrohre, die für den Mischwasserkanal verwendet werden. −Foto: Fotos: Kaczynski

Ingolstadt (DK) Der alte Mischwasserkanal aus den 1920er Jahren, der unter den Gleisen des Hauptbahnhofs verläuft, hat ausgedient - ein neuer muss her. 1,4 Meter Durchmesser wird er haben und auf 220 Metern quer von der Martin-Hemm-Straße auf Ringseer Seite bis zum Parkhaus in der Elisabethstraße verlaufen, und zwar knapp drei Meter unterhalb der Schienen. Gestern begannen die Bauarbeiten.

Die Kommunalbetriebe verwenden für den Kanalneubau in Ingolstadt erstmals eine bemannte offene Vortriebsmaschine, damit der Bahnverkehr während der Baumaßnahme weitestgehend weiterlaufen kann. "Innerhalb von zwei Wochen wollen wir uns unter den Gleisen durchgraben und den Kanal auf dieser Strecke fertigstellen", erklärt Marcus Plank von den Ingolstädter Kommunalbetrieben, der Bauleiter des Projekts ist.

Man hat sich in erster Linie für diese Variante entschieden, weil das Gebiet um den Hauptbahnhof "kampfmittelverdächtig" ist. Auch wenn im Vorfeld durch Messungen ein Bombenfund aus dem Zweiten Weltkrieg nahezu ausgeschlossen werden konnte, besteht dennoch die Gefahr, dass ein unbemanntes und geschlossenes Gerät durch Betonbrocken oder Holzstämme, die unter den Schienen liegen könnten, beschädigt wird und dann mit großem Aufwand geborgen werden muss. "Dieses Szenario wollten wir unbedingt vermeiden. Daher ist es wichtig, dass der Maschinenführer sehen kann, wo gegraben wird, um gegebenenfalls reagieren zu können", meint der Bauleiter. 24 Stunden am Tag wird die Maschine daher ab heute besetzt sein und sich unter dem Bahnhof durchgraben. Die Funktionsweise der Vortriebsmaschine ist dabei beeindruckend: Vier Vortriebszylinder üben je 350 Tonnen Druck auf einen Ring aus, der die riesige Maschine dann nach vorne drückt. Der Baggerarm, der an der Front des Geräts angebracht ist, gräbt den Abraum weg, der über Förderbänder aus dem zukünftigen Kanal abtransportiert wird. So kann sich die Maschine immer weiter vorwärts arbeiten. Immer, wenn sie vier Meter zurückgelegt hat, werden in einem nächsten Schritt dann in dem entstandenen Raum die gewaltigen Rohre - erneut mit Hilfe der Vortriebszylinder - verlegt: Vier Meter Länge, acht Tonnen Gewicht und 1,4 Meter Durchmesser hat so ein Stahlbetonrohr, das dann in das ausgeschnittene Loch passt. Der Ringspalt, der zwischen Schneide und Rohr entsteht, wird zur Festigung zwischen Kanal und Lockergestein und auch zur Schmierung mit einer Bentonitsuspension ausgefüllt. Sukzessive werden die Rohre nun aneinandergefügt und der neue Mischwasserkanal entsteht.

"Während der kompletten Bauphase laufen umfangreiche Gleisvermessungen, die Schienen werden also ständig überwacht. Setzungen oder irgendwelche Bewegungen werden daher sofort registriert. Entsteht eine kritische Situation, können wir dann direkt eingreifen", betont der Bauleiter. "Das war auch eine Vorgabe der Bahn." Die Sicherheit für die Reisenden ist also gewährleistet - und das ist auch gut so, denn der Bahnverkehr wird während der Kanalbauarbeiten durchgehend weiterlaufen. Lediglich die Gleise, unter denen gerade direkt gearbeitet wird, werden gesperrt. "Wir arbeiten hier eng mit der Bahn zusammen und stimmen uns ständig ab", versichert Bauleiter Marcus Plank.

Sabine Kaczynski