Ingolstadt
Einmal in die Tasten langen

Am Samstag darf sich jeder am historischen Klavier der Ingolstädter Firma Schombacher versuchen

09.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:55 Uhr
Das Schombacher-Klavier im Stadtmuseum darf samstags jeder spielen, nicht nur Iris Winkler. Es wurde in Ingolstadt gebaut. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Ob Profi, Laie oder blutiger Anfänger - jeder darf mal.

Die Rede ist vom Klavier der Ingolstädter Firma Schombacher & Sohn in der Musikabteilung des Stadtmuseums. An diesem Samstag um 15 Uhr kann das historische Instrument aus den 1920er-Jahren in der Zeit von 15 bis 15.15 Uhr wieder einmal bespielt werden.

Das gute Stück ist ein Geschenk einer Ingolstädterin. "Es ist ein klingendes Zeitzeugnis", sagt Iris Winkler, die für die Reihe "Konzertantes Museum" verantwortlich zeichnet. Denn ein anderes Klavier der Schombacher Musikwerke, wie die Firma offiziell hieß, ist bisher nicht aufgetaucht. Das Exemplar im Stadtmuseum ist laut Winkler ein normales Klavier mit einigen wenigen, zeittypischen Verzierungen, nichts Besonderes.

Wenig ist auch über die Schombacher Musikwerke bekannt. Erhalten hat sich die Gewerbeanmeldung im Jahr 1907 in der Münchener Straße 89. Auch der Telefonanschluss ist überliefert: Im "Telephon-Adressbuch für das Deutsche Reich" hat die Firma "J. Schombacher & Sohn, Mechan. Musikwerke" die Nummer 7 in Ingolstadt. Laut einem Artikel der Ingolstädter Zeitung vom Dezember 1915 wurde bei einem Wohltätigkeitskonzert in der Pulverfabrik "ein Reinerträgnis von rund 1300 M diesem edlen Zwecke zugeführt". Der Dank gebühre unter anderem der Musikinstrumenten-Fabrik Schombacher & Sohn Ingolstadt, "die zur Aufführung ein Klavier mit herrlicher Tonfülle kostenlos zur Verfügung gestellt hat".

Das Internet liefert auch einige Treffer. Die Bibliothek der Universität Stanford hat ein Buch von Richard J. Howe mit dem Titel "Collection of musical Instruments Literature" ins Netz gestellt. Darin ist der Name Schombacher zweimal erwähnt. Danach hat die Firma um 1910 einen achtseitigen Katalog herausgegeben. 1915 erschien ebenfalls in Ingolstadt der Bestellkatalog "Das Künstler-Klavierspiel im eigenen Heim" von J. Schombacher & Söhne und Welte-Mignon, was sehr aufschlussreich ist. Denn die Freiburger Firma Welte hatte Anfang des 20. Jahrhunderts den weltweit ersten mechanischen Musikautomaten entwickelt, der mit Hilfe von Papier-Loch-streifen als Tonträgern eine weitgehend echte Wiedergabe von Klavierstücken ermöglichte.

Auch die Familie Schombacher ist schwer und nur bruchstückhaft zu fassen. Roman Schombacher wurde laut Meldekarte 1866 als Sohn eines Mühlenbesitzers in Donauwörth geboren, der mit der Ingolstädterin Josefa Müller verheiratet war. Vermutlich war er es auch, der zwischen 1880 und 1890 die längst nicht mehr existierende Mühle in Zuchering erbaute, wie aus einer alten DK-Ausgabe zu entnehmen ist.

Einige Jahre später taucht der Name in Gaimersheim wieder auf, aber in einer völlig anderen Branche. In der sächsischen Landesbibliothek in Dresden hat sich eine Ausgabe einer Zeitschrift namens "Allgemeines Journal der Uhrmacherkunst" aus dem Jahr 1896 erhalten, worin über eine Erfindung der Firma "J. Schombacher & Sohn in Gaimersheim-Ingolstadt" berichtet wird. Dabei handelt es sich um einen Heißluft-Motor als Triebkraft für eine Schaufenster-Pyramide. Die Reklame für Geschäftsauslagen sollte eine Höhe von vier Metern erreichen. Der Motor wurde mit Spiritus betrieben, der Preis lag bei 78 Mark.

Geschäftlich lief es aber offenbar nicht immer optimal: Jedenfalls wurde ein Uhrmacher und Uhren-Großhändler Roman Schombacher in Gaimersheim (Bezirksamt Ingolstadt) nach einer Voruntersuchung am Landgericht Eichstätt am Schwurgericht Augsburg wegen betrügerischen Bankrotts angeklagt, was vier Aktenordner füllte. Der Prozess zog sich über fast zehn Jahre bis 1904, das Ergebnis ist nicht bekannt.

Privat schien aber alles in Ordnung gewesen zu sein. Bereits Ende 1899 heiratete Roman Schombacher in Gaimersheim Rosina Schatz (1882 bis 1954) aus Rettenbach. Die Eheleute hatten sechs Kinder, die in den Jahren 1900 bis 1911 zur Welt kamen. 1902 zog der Kaufmann mit seiner Familie nach Ingolstadt, das Heimatrecht erhielt er am Jahresende 1915. Anfang 1929 dann der Umzug von der Münchener Straße in die Theresienstraße 3. Wenig später starb Roman Schombacher. Doch das Geschäft warb noch bis Anfang der 50er-Jahre für seine günstigen Klaviere und Pianos.

Jetzt erlebt zumindest ein Exemplar eine Renaissance. "Konzertantes Museum" nennt sich die Reihe von Iris Winkler, außerplanmäßige Professorin für Musikwissenschaft an der Uni Eichstätt. Alle 14 Tage begegnen sich Geschichte und Musik immer samstags von 15 bis 15.15 Uhr bei freiem Eintritt im Barocksaal des Stadtmuseums. So stellt sich am 1. Dezember die Klavierklasse von Carola Schlagbauer vor und am 15. die Sopranistin Stephanie Righetti-Templer.

Im November sowie am 8. und am 22. Dezember stehen zur selben Zeit die Schombacher Musikwerke im Vordergrund. Jeder, der will, kann das Instrument ausprobieren. Infos und Anmeldung bei iris. winkler@ingolstadt. de.

Bernhard Pehl