Einige
Im "Commun" durfte jeder brauen

Im ehemaligen Jesuitenkolleg konnten früher alle Ingolstädter ihr eigenes Bier herstellen

07.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:34 Uhr

Unterhaltsam und gesellig war's schon früher im Weißbräuhaus, wie diese lithografische Ansichtskarte von 1900 zeigt. - Foto: Sammlung Fegert

Einige Ingolstädter Brauer gingen auch als besondere Wohltäter in die Stadtgeschichte ein. Nachdem im heutigen Westfriedhof im Jahre 1800 die alte Friedhofskapelle von österreichischen Soldaten zerstört worden war, ließ beispielsweise die Schwabenbräuin Walburga Geislmayr die Kapelle im Jahr 1803 wieder neu errichten. Auch der unverheiratete Rappensberger Brauherr Josef Ponschab vermachte sein gesamtes Vermögen der Stadt Ingolstadt für wohltätige Zwecke, unter anderem auch das Höllbräuanwesen. Beiden Brauern zu ehren wurden in Ingolstadt Straßen nach ihnen benannt.

 

HÖLLBRÄU

Hans Kärling, genannt "der Hell", gründete im Jahre 1613 am Rathausplatz den Höllbräu. Bis der Buxheimer Georg Heilmeier das Höllbräuanwesen 1868 erwerben konnte, ist noch über mehrere Generationen hinweg ein reger Wechsel der Brauherren zu verzeichnen. Was den Bierausstoß betraf, avancierte die Braustätte im Jahre 1885 unter Heilmeier zum drittgrößten Braubetrieb der Stadt. 1898 stellte der "Höllbräu" schließlich den Sudbetrieb ein, die Brauerei ging im Bürgerlichen Brauhaus auf. 1922 erwarb die Sparkasse Ingolstadt das Höllbräuhaus und verpachtete die Gastwirtschaft. Das Geldinstitut ließ nach der Inflationszeit die "Hölle" abreißen. 1924 entstand auf dem Areal die erste Sparkassen-Hauptstelle. Ein Teilstück der Höllbräugasse wurde 1925 in Josef-Ponschab-Straße umbenannt. Der gelernte Bierbrauer und Kommerzienrat Josef Ponschab war seit 1891 Inhaber des Rappensbergerbräu und musste diesen mit der Höllbräu-Wirtschaft 1917 aus gesundheitlichen Gründen verkaufen. Den Erlös stiftete der 1865 geborene Ponschab der Stadt für wohltätige Zwecke. Von 1919 bis 1923 bekleidete er das Amt des 2. Bürgermeisters, er verstarb 1930 in einer Münchener Klinik an den Folgen eines Schlaganfalles.

 

JUNGBRÄU

Bis zum Jahre 1900 war die heutige Sauerstraße nach der dort ansässigen Brauerei Jungbräugasse (vormals Kumpfengasse) benannt. 1746 hatte Monika Rumpf den Braubetrieb von Philipp Kumbhuber erworben. Das Brauereianwesen war daraufhin bis zum Jahr 1873 im Familienbesitz. Dann erwarb der Buxheimer Bierbrauer Georg Heilmeier den Jungbräu, stellte jedoch den Braubetrieb ein und veräußerte die Immobilien. Das Brauereigasthaus selbst hatte noch bis zur Bombardierung im Jahre 1945 unter verschiedenen Pächtern bestanden.

 

ANGERMILLERBRÄU

Bereits im Jahre 1643 war ein Martin Angermiller als Brauer genannt. Die heutige Schäffbräustraße war bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts nach dessen Braustätte als Angermillergässchen bezeichnet. Nachdem 1892 Josef Leiner das Brauereianwesen von der verwitweten Angermillerbräuin, Walburga Bösl erworben hatte, erfolgte auch die Brauereiumbenennung in Schlosserbräu. Die Straßenumbenennung in Schäffbräustraße war zu diesem Zeitpunkt bereits längst vollzogen. Im Jahre 1919 stellte die letzte Besitzerin Therese Oswald den Sudbetrieb für immer ein und verkaufte die stillgelegte Brauerei an den Schäffbräu. Die ehemalige Brauereigaststätte ist heute als Kuchelbauer bekannt und beherbergt ein kleines Brauereimuseum.

 

MALTESERBRÄU

Die erste Braustätte der Ingolstädter Jesuiten befand sich seit 1633 im Jesuitenkolleg. Nach einem Brauereibrand im Jahre 1684 braute der Orden ab 1693 sein Bier in Oberhaunstadt (heute Nordbräu). Nach der Ordensauflösung 1772 übernahm ein Jahr später der Malteser- bzw. Johanniterorden das gesamte Jesuitenvermögen. Im Oberhaunstädter Braubetrieb wurde daraufhin der Malteserbräu ins Leben gerufen. Mit der Säkularisation 1802 gingen alle kirchlichen Güter an den Staat über, so auch das Oberhaunstädter Brauereigut. Die verwitwete Kurfürstin von Bayern und geborene Erzherzogin von Österreich, Maria Leopoldine, Besitzerin der Arco-Brauerei in Stepperg, erwarb dann 1811 die Maltesergerechtsame. Jene Brauerlaubnis übertrug sie auf das einstige "Commun-Brauhaus" im ehemaligen Jesuitenkolleg - einst durfte jeder Ingolstädter Bürger im "Commun" für den Eigenbedarf sein Bier selbst brauen. 20 Jahre lang wurde hier die Malteser-Bierproduktion fortgesetzt. In jener Zeit soll der Malteser-Bierausstoß mit etwa 4000 Hektolitern den gesamten Bierausstoß der gesamten Ingolstädter Brauereien übertroffen haben. Ihre fürstliche Hoheit veräußerte den Braubetrieb im Jahre 1831, bis er schließlich 1878 in der Aktienbrauerei aufging.

 

WEISSBRÄUHAUS

Trotz der großen Welle an Brauereistilllegungen zum Ende des 19. Jahrhunderts entstand in dieser Zeit auch eine neue Brauerei. 1874 gründete Georg Hörlein in der damaligen Schwaigergasse (heute Dollstraße) das Weißbräuhaus. Josef Gloßner, der das Weißbierbraurecht im Lenzbräu ausübte, kaufte 1896 das Weißbräuhaus. 1929 übernahm das Bürgerliche Brauhaus die noch einzige eigenständige Weißbierbrauerei von Max Gloßner. 1959 stellte die Weißbräuhaus GmbH den Braubetrieb ein. Die traditionsreiche Brauereigaststätte dagegen wurde in den 1970er-Jahren nach längeren Leerständen und mehreren Zweckentfremdungen, wie Diskothekenbetriebe, einer musterhaften Sanierung unterzogen. Seit 1993 ist das Weißbräuhaus zum Herrnbräu ein beliebter Altstadt-Treffpunkt.

 

DANIELBRÄU

Mit der Universitätsgründung im Jahre 1472 entstand auch an der Roseneckstraße der Danielbräu. Eine Untersuchung der

Dachbalken ergab, dass die Bäume im Winter 1470/71 gefällt wurden - also zu einer Zeit, als Amerika noch nicht entdeckt war. Auch das Sandtnermodell von 1572/73 zeigt das Haus mit seinem typischen Treppengiebel. Im ältesten Häuserbuch ist von 1580 bis 1610 als Besitzer der "Braustätte mit Bierschänke" ein gewisser Daniel Schmidt eingetragen. 1828 erwarb Alois Bonschab die Brauerei. Der letzte Inhaber war Joseph Bonschab, dann fusionierte 1873 seine Danielbrauerei mit dem Herrnbräu des Johann Högner und bildeten die neue Aktienbrauerei. Seit der Generalsanierung 2005 erstrahlt die traditionsreiche Brauereigaststätte wieder im alten Glanz. Im ältesten Gasthaus der Stadt wird seit heuer in der neuen Hausbrauerei wieder selbst gebrautes Daniel-Bier ausgeschenkt.