Oberdolling
"Eine solche Chance gibt's nur einmal"

Gemeinde Oberdolling kauft Produktionsareal des vor einem Jahr geschlossenen Amberger-Werks

15.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:29 Uhr
Nur einen Steinwurf vom Oberdollinger Kirchturm entfernt liegt das Dolli-Werk, das die Gemeinde gekauft hat. Die Kartoffelverarbeitungsfirma war bis zur Übernahme durch die Firma Aviko 60 Jahre in Besitz der Familie Amberger. −Foto: Kügel

Oberdolling (DK) Die Gemeinde Oberdolling hat die ehemalige Produktionsstätte der Firma Amberger gekauft.

Das gut einen Hektar große Gelände liegt mitten im Ort und soll im Rahmen der Dorferneuerung überplant werden. Bürgermeister Josef Lohr (CSU) und der Gemeinderat können sich dort gut den neuen Kindergarten oder eine Einrichtung für betreutes Wohnen vorstellen, wie CWG-Fraktionssprecher Wolfgang Kawan bestätigt.

Vor einem Jahr hat Aviko das Dolli-Werk in Oberdolling, das der niederländische Konzern Anfang 2017 übernommen hatte, geschlossen und allen 150 Mitarbeitern gekündigt. Noch am selben Abend habe die Firma die Gemeinde über die Schließung informiert und mitgeteilt, dass die Produktionsstätte im Innenort, das Logistikgelände mit Kühlhalle und Lkw-Stellplätzen und die Kläranlage bei Hagenstetten verkauft werden sollten, erinnert sich Bürgermeister Lohr im Gespräch mit dem DONAUKURIER.

"Uns ging's vorrangig um die Produktionsstätte zwischen Bahnhofstraße und Siedlerstraße", sagt Lohr. Die Anwohner hätten hier vieles hinnehmen müssen: Lkw-Verkehr, Lärm vom Schichtbetrieb und auch Geruchsemissionen. "Die Hallen hätten sicherlich eine gewerbliche Nachnutzung hergegeben, aber uns war schnell klar, dass sich dort - mitten im Ort - nicht wieder Gewerbebetriebe ansiedeln sollten", so Lohr. Deshalb habe die Gemeinde im Rahmen der Innerortsentwicklung zunächst eine Veränderungssperre erlassen, dann das Gewerbegebiet als Mischgebiet ausgewiesen und schließlich ein Vorkaufsrecht erwirkt. "So sollte auch eine Bebauung durch einen Bauträger ausgeschlossen werden, die nicht zur dörflichen Struktur passt", erklärt der Bürgermeister.

Konkrete Nutzungspläne hat die Gemeinde seinen Worten zufolge noch nicht. Auf dem 10570 Quadratmeter großen Gelände sei ein neuer Kindergarten "vorstellbar", wie Lohr vorsichtig andeutet - aber auch betreutes Wohnen, wenn es dafür finanzielle Mittel gibt. Die Bürger können und sollen im Rahmen der Dorferneuerung an der Gestaltung der Ortsmitte von Oberdolling mitwirken. "Wir wollen mit der Fläche nachhaltig umgehen", beschreibt Lohr das große Ziel. "Ich muss das Filetstück nicht bebauen", betont der 59-Jährige, der im März noch einmal für das Amt des Bürgermeisters kandidiert, das im Landkreis nur noch in zwei weiteren Gemeinden ehrenamtlich ausgeübt wird.

Längst hat die Firma Aviko alle neuwertigen Produktionsmaschinen abgebaut. Brauchbares wurde von Landwirten und anderen Interessenten demontiert. Auch der Zaun, sodass ab jetzt die Gemeinde für den Bauzaun zur Verkehrssicherung aufkommen muss. Aber das ist sicher noch das Geringste im Vergleich zum Rückbau der ausgeweideten Gebäude. "Wir haben das Gelände auch natürlich auf Altlasten untersuchen lassen", sagt Lohr. Um ganz sicher zu gehen, habe sich die Ergebnisse ein zweites, erfahrenes Büro angeschaut. Es sei auch belastetes Material gefunden worden, was sich natürlich auf den Kaufpreis ausgewirkt habe.

1,5 Millionen Euro stehen für das Objekt im Haushalt. Den genauen Preis lässt sich Lohr nicht entlocken. Nur soviel: "Es war ein finanzieller Kraftakt für die Gemeinde - aber so eine Chance gibt's halt nur einmal! "Hinterher hätte es sonst geheißen, warum haben wir's damals bloß nicht gekauft - zu dem Preis, ist sich Lohr sicher. Ein Jahr lang habe ihn die Sorge belastet, dass das Grundstück auf dem Immobilienmarkt zerpflückt werden könnte. Deshalb sei er dankbar, dass der Gemeinderat den Mut zum Kauf aufgebracht habe, und froh, dass das Geschäft jetzt besiegelt ist.

Wolfgang Kawan (CWG) gibt das Kompliment an Lohr zurück: "Das hat der Bürgermeister gut gemacht! " Er bezeichnet das Amberger-Gelände als "absolutes Sahnestück" und hält es wie Lohr für Seniorenwohnungen sehr geeignet: "Kirche und Dorfladen sind nicht weit, und auch Platz für eine Bushaltestelle ist vorhanden. " Auch für ihn sei klar gewesen, dass sich dort kein Gewerbebetrieb mehr ansiedeln sollte. Deshalb habe man über Parteigrenzen hinweg an einem Strang gezogen. Die Anwohner hätten die Belastungen in der Vergangenheit zwar toleriert, seien jetzt aber spürbar erleichtert, weiß Kawan. Und wie Lohr sagt er: "So eine Chance kriegt man nur einmal - ich freu' mich jetzt schon darauf, wenn mal alles abgebrochen ist! "

Interesse an dem Grundstück hatte auch Bernhard Forster aus Mindelstetten. "Wir haben nach einem Gespräch mit dem Bürgermeister dann aber der Gemeinde den Vortritt gelassen", sagt der 48-Jährige, der ein Unternehmen für Erdbau, Spezialtiefbau und Schotterwerke mit 55 Beschäftigten betreibt.

Bereits im September habe er als Meistbietender den Zuschlag für das 3,5 Hektar große ehemalige Logistikgelände zwischen Ober- und Unterdolling sowie die Kläranlage bei Hagenstetten erhalten. Über die Kläranlage soll künftig der angrenzende Steinbruch angefahren werden. Eine Fuhrwerkswaage befindet sich bereits im Bau. Auf dem Logistikgelände soll die Spezialtiefbausparte angesiedelt werden, die es auch jetzt schon teilweise nutzt. Für das Kühllager gibt es aktuell zwei Interessenten. Mehr will Forster, der seinen Betrieb 1984 gegründet hat, derzeit noch nicht verraten.

Sebastian Kügel