Ingolstadt/Manching
Ein stattlicher Fehlalarm

Befürchteter Unfall mit radioaktiver Substanz im Manchinger Airbus-Werk ruft bald 300 Retter auf den Plan

13.12.2019 | Stand 23.09.2023, 9:52 Uhr
Das Manchinger Airbus-Werk ist eine kleine Stadt für sich (im Hintergrund allerdings auch noch Anlagen und Gebäude der WTD 61 der Bundeswehr). In einer der Airbus-Hallen gab es in der Nacht zum Freitag einen letztlich aber doch nicht gefährlichen Zwischenfall mit einem Chemikalienbehälter. −Foto: Foto: Schalles

Ingolstadt/Manching - Nächtlicher Großeinsatz der Feuerwehren und anderer Rettungskräfte aus weitem Umkreis im Manchinger Airbus-Werk - zum Glück aber wegen einer letztlich doch nicht gefährlichen Lage: Weil für kurze Zeit befürchtet worden war, dass in einer Werkhalle des Flugzeugherstellers eine radioaktive Substanz ausgetreten sein könnte, hat in der Nacht zum Freitag die für eine derartige schwere Betriebsstörung vorgeschriebene Alarmierungskette gegriffen.

Zwischen etwa 23.30 und ca. 4 Uhr morgens waren Dutzende Fahrzeuge und entsprechende Mannschaften von Werkfeuerwehr, der Berufsfeuerwehren aus München und Ingolstadt sowie zahlreicher Freiwilliger Wehren aus Ingolstadt und dem Landkreis Pfaffenhofen und teils sogar aus Niederbayern am Flugplatz im Einsatz. Hinzu kamen Kräfte des BRK und der Johanniter aus dem Landkreis sowie der Katastrophenschutz-Stab des Landratsamtes - alles in allem rund 280 Männer und Frauen, also ein Aufwand vergleichbar dem nach der Explosion in der Vohburger Bayernoil-Raffinerie im vergangenen Jahr.


Der vermutete Strahlungsunfall erwies sich aber schon relativ kurz nach Eintreffen der Retter als nicht gegeben: Der Behälter mit einer radioaktiven Flüssigkeit, der offenbar bei Arbeiten von Nachtschichtlern in der Werkhalle verrutscht und zu Boden gestürzt war, hatte entgegen ersten Befürchtungen standgehalten.

Wie Brandinspektor Christian Nitschke von der Pfaffenhofener Kreisbrandinspektion als in der Nacht zuständiger Einsatzleiter am Freitag auf DK-Anfrage erklärte, wurden am Behälter und in seiner Umgebung keinerlei Hinweise auf eine ausgetretene Chemikalie gefunden. In Schutzanzügen angerückte Feuerwehrspezialisten hätten sowohl den vermuteten Gefahrenbereich als auch die gut 20 Airbus-Beschäftigten, die in der bewussten Halle gearbeitet hatten, auf etwaige Kontaminierungen untersucht und auch mit Strahlenmessgeräten überprüft, ohne dass auch nur die kleinste Spur einer radioaktiven Belastung festzustellen gewesen wäre, so der Einsatzleiter. Die Messreihe sei sicherheitshalber auch von Fachleuten der Münchner Berufsfeuerwehr wiederholt worden - ebenfalls ergebnislos.

Zu Art und Beschaffenheit der im Behälter aufbewahrten radioaktiven Flüssigkeit mochte sich der Kreisbrandinspektor nicht äußern. Er verwies hierzu auf die Firma Airbus. Deren für die militärische Luftfahrtsparte zuständiger Sprecher Florian Taitsch mochte dem DK allerdings mit Hinweis auf Betriebsinterna, die nicht öffentlich behandelt werden können, ebenfalls keine konkreten Angaben zu der fraglichen Substanz machen. Taitsch bestätigte aber, dass im Manchinger Werk für gewisse Arbeitsgänge schwach radioaktive Chemikalien eingesetzt werden. Auf keinen Fall würden aber wirklich hochgefährliche Substanzen dort gelagert, so der Firmensprecher.

Weil in Deutschland (und vielfach sicher auch anderswo) für den Umgang mit radioaktiven Chemikalien strenge Regeln zu beachten sind, gibt es für den Fall von Unfällen mit solchen Mitteln auch eine penibel vorgeschriebene Alarmierungskette und vorbereitete Einsatzpläne mit festen Abläufen. Bei Auslösung des Alarms, der um 23.15 Uhr bei der Brandinspektion einging, lief also eine regelrechte Maschinerie an, bei der alle für einen solchen Fall vorgesehenen Kräfte von Feuerwehren und Rettungsdiensten sowie die Verantwortlichen der Katastrophenschutzbehörde (Landratsamt) auf den Plan gerufen wurden.

Wie ernst ein solcher Alarm genommen wird, verdeutlicht wohl der Umstand, dass die Münchner Berufsfeuerwehr drei komplette Löschzüge mit Blaulicht über die A9 auf die Reise nach Manching schickte. Einzelne für Chemieunfälle besonders ausgerüstete Fahrzeuge und Spezialisten wurden von den Freiwilligen Feuerwehren in Ehekirchen (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) und Bad Abbach (Landkreis Kelheim) angefordert.

Dass die Freiwillige Feuerwehr Manching und die aus der Kreisstadt mit von der Partie waren, versteht sich von selbst. Aus einigen weiteren Kommunen im Landkreis, aber auch aus Ingolstadt stießen weitere Kräfte hinzu. Aus München war noch ein besonderer Großraum-Rettungswagen angerückt, um im Falle eines Falles beim Abtransport von Verletzten oder etwaigen Strahlenopfern eingesetzt zu werden. BRK und Johanniter hatten auch ihre Kriseninterventionsteams aufgeboten. Und schließlich war noch das Pfaffenhofener THW zur Stelle.

Sowohl Brandinspektor Nitschke als auch der Sprecher des Pfaffenhofener Landratsamtes, Christian Degen, zeigten sich am Freitag gegenüber dem DK sehr zufrieden mit dem Einsatzablauf. Alle Beteiligten seien schnell auf dem Plan gewesen, die Räder hätten gut ineinander gegriffen - auch wenn es letztlich keinen wirklichen Rettungseinsatz gegeben hat. Das Landratsamt musste den Katastrophenfall erst gar nicht ausrufen und auch keine entsprechenden Meldungen an Regierungsstellen erstatten.

DK

 

Bernd Heimerl