Ingolstadt
Ein Herz im Verein

ESV feiert heute 100-jähriges Bestehen - Christa und Herbert Kuhn verliebten sich dort

05.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:32 Uhr
Schwofend auf dem Parkett der ESV-Halle: Christa und Herbert Kuhn bei einem der legendären Faschingsbälle der Vereinsabteilungen. Beim Schauturnen zeigte der gebürtige Badener gerne Flickflacks. −Foto: privat

Ingolstadt (DK) Mit einem Festakt am frühen Nachmittag in der Paul-Wegmann-Halle und einer Jubiläumsgala abends in der Tanzsporthalle feiert der ruhmreiche ESV Ringsee am heutigen Samstag seinen 100. Geburtstag. Dass der Verein das Leben im Südosten Ingolstadts prägte und für viele eine richtige Heimat war und ist, zeigen beispielhaft Christa und Herbert Kuhn, die sich dort verliebten.

Fast 2000 Mitglieder, 19 Abteilungen - der ESV gehört zu den ganz großen Verein der Stadt und sticht nicht nur mit seiner wechselvollen Geschichte heraus. Die beginnt schon mit der Gründung, die in mehreren Phasen ablief. Ein Sängerverein Ringsee, ein Geselligkeitsverein namens "Fröhliche Stunden" von Kriegsveteranen, ein von ebensolchen Heimkehrern gegründeter Fußballverein Freiheit Ringsee fanden 1919 zu einer losen Gemeinschaft und 1920 dann zum Turnverein Ringsee zusammen. Aus diesem wurde mit der Zeit der ESV, der erst ab Ende 1953 offiziell Eisenbahner Sportverein Ingolstadt-Ringsee heißen durfte.

Es sollte noch einmal zehn Jahre dauern, bis ein drahtiger Badener dort im wahrsten Wortsinn am Rad drehte. Die Bundeswehr führte den Turner Herbert Kuhn in die Immelmann-Kaserne, und von dort war es mit seiner Vespa nicht weit zum ESV, wo er die Turngilde verstärkte und später als Abteilungsleiter prägte. Zunächst einmal zog er aber die Blicke in den Übungsstunden auf sich. "Während die anderen Männer mit T-Shirt trainierten, turnte er immer nur im Unterhemd", erinnert sich Christa Kuhn, die damals noch ihren Mädchennamen Miedel trug. "Was für ein Angeber!" - so sei die einhellige Meinung gewesen. Bis sich der junge Mann bei näherer Kontaktaufnahme (bei einem der legendären Faschingsbälle der jeweiligen Abteilungen und anderen Gelegenheiten) doch nicht ganz so als "Angeber" herausstellte, und die Vereinsgeschichte um die kleine Episode verliebt, verlobt, verheiratet von Christa und Herbert Kuhn und ihren drei Töchtern erweitert wurde. Auch wenn die Liebe nicht immer ewig hält, so ist sie doch zum Verein ungebrochen, dem die Kuhns stets die Treue hielten und sich als aktive Mitglieder und Funktionäre einbrachten. "Der ESV war eine Heimat, ein Stück von unserem Leben, eine große Gaudi", sagt Christa Kuhn, die mit der Turnabteilung und der Gymnastik-Tanzgruppe unter der prägenden Gretl Mooser jedes Fest und jeden Ball zentral mitgestaltete beziehungsweise "das Vereinsleben hochgehalten" hat, wie Herbert Kuhn sagt. Er führte die Abteilung viele Jahre, ehe er die Leitung 2012 an Tochter Angelika Gützlaff übergab. 22 Jahre war der Turner zudem Vizepräsident und erlebte hautnah die Zeit mit, als der ESV wegen der über ihre Verhältnisse lebenden Fußballabteilung gewaltig in Schieflage geriet.

Ein einziges Spiel der erfolgreichen Fußballer hat Herbert Kuhn in seinem Leben gesehen, Christa Kuhn gar keines, wie sie lachend eingesteht. "Dabei hab' ich sogar Karten dafür verkauft." Es sei eben eine andere Zeit gewesen damals. Christa Kuhn interessierte sich mehr für Handball und Kegeln, wo sie aktiv war; noch mehr sogar für Radsport, wo sie 1992 als einzige Frau die 180 Kilometer "Rund um Ingolstadt" meisterte. "Da haben die Männer geschaut, als ich dort angekommen bin." Die Zeiten hatten sich eben geändert. Eine Heimat ist der ESV noch immer.

Christian Rehberger