Eichstätt
Energiebündel steht unter Strom

Nach dem kräftezehrenden Kampf gegen die Gleichstromtrasse ist die Vereinsführung nun voll Tatendrang

05.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:35 Uhr

Wie Weihnachten und Ostern an einem Tag: Bernd Weber aus Böhmfeld freut sich über seine neu installierte Speicherbatterie für Photovoltaikstrom - Foto: Helmut Adam

Eichstätt (aur) Bernd Weber, der Vizevorsitzende des Energiebündels Eichstätt, kommt strahlend zum Pressetermin. Gerade hat er in seinem Haus in Böhmfeld einen Stromspeicher für seine Photovoltaikanlage eingebaut – und ist damit beinahe Selbstversorger. Es herrscht Aufbruchstimmung.

Seit viereinhalb Jahren gibt es den Verein Energiebündel Eichstätt. Dessen Fernziel ist, dass der gesamte Landkreis Eichstätt bis zum Jahr 2031 die Menge der hier verbrauchten Energie selbst an Ort und Stelle erzeugt. Was damals keiner zu hoffen wagte: Das Landkreisgebiet ist heute bereits bei etwa 45 Prozent Selbstversorgung, spielt damit in der Öko-Bundesliga. Und trotzdem war die Stimmung in den letzten beiden Jahren mies: Die Weichen, die von der „großen“ Politik in Sachen Energiewende gestellt werden, gehen in eine völlig andere Richtung, als sich das Energiebündel das vorgestellt hat. Das Einzige, was auf Bundesebene zähle, sei der Atomausstieg, sagt Energiebündel-Vorsitzender Josef Loderer. Aber ansonsten würden kleine Projekte konsequent ausgebremst, zugunsten von zentralistischen Großvorhaben der Konzerne, Offshore-Windparks in der Ostsee zum Beispiel, Kohlekraftwerke. Und deren Strom muss dann mit Großleitungen durch die ganze Republik befördert werden.

Das Energiebündel setzt dagegen. Loderer: „Die Energiewende kann nur dezentral und regenerativ funktionieren, mit Wertschöpfung vor Ort. Aber die Politik boykottiert genau dies. Sie will es weiter zentral und mit konventioneller Energie haben, auch in Bayern“, sagt Loderer im Pressegespräch, an dem neben Bernd Weber auch Vorstandsmitglied Johann Beck teilnimmt.

Beck sagt: „Mit besonders viel Energie wird die Entwicklung der erneuerbaren Energien gebremst, wenn die Energieversorgung in der Hand von Privatleuten, von Kleinen ist.“ Man könnte unter diesen Vorzeichen im Energiebündel endlos über die Gleichstromtrassen durch Bayern lamentieren, über die unglaublichen Energien, die das Energiebündel im letzten Jahr für den Kampf gegen diese „Monstertrassen“ aufbringen musste, um die tausende von Kilometern, die die Vorstandsmitglieder deswegen unterwegs waren. Aber das Thema ist irgendwie durch: „Das war schon ein Riesenerfolg“, meint Josef Loderer. „Man hat wirklich was erreicht. Aber wir werden das weiter beobachten.“ Doch nun sei endlich die Zeit gekommen, wieder konstruktiv zu arbeiten und nicht mehr nur zu verhindern.

Die Stimmung ist so gut wie lange nicht mehr beim Energiebündel, der Frust vergangener Monate ist wie weggeblasen, auch wenn neue Windräder, Biomasseanlagen oder große Solaranlagen nur noch schwierig (wenn überhaupt) zu realisieren sind. Der Verein setzt dafür umso mehr auf das Themenfeld Energiesparen und – siehe Bernd Weber – auf Photovoltaik mit Speicher für den Eigenverbrauch. Weber freut sich über seine rund 9000 Euro teure und etwa kühlschrankgroße Neuerwerbung, als wären da Weihnachten und Ostern auf einen Tag gefallen. Dazu kommen die Felder Heizungswärme und Mobilität. „Es geht uns um die gesamte Energie, nicht nur um die Elektrizität“, betont Loderer.

Da ist noch Luft nach oben, wissen die Leute vom Energiebündel, auch im Landkreis Eichstätt gibt es noch „weiße Flecken“, wo es noch keine Nahwärmenetze gibt, keine Bürgerwindräder, keine sonstigen Gemeinschaftsanlagen. Deswegen hat das Energiebündel vor zwei Monaten einen bedeutenden Schritt unternommen: Es hat sich der bestehenden „Bürgerenergiegenossenschaft Neuburg-Schrobenhausen-Aichach“ angeschlossen. Damit hat der gemeinnützige Verein erstmals die Möglichkeit, selbst genossenschaftliche Öko-Projekte „in Bürgerhand“ im Gebiet des Landkreises Eichstätt aufzuziehen. Loderer betont, man werde auf keinen Fall in Konkurrenz zu bestehenden Genossenschaften treten. Möglich seien Projekte bis zu einer halben Million Euro, aber auch ganz kleine Vorhaben. „Da suchen wir Firmen, die mit uns kooperieren“ – und von Fall zu Fall Bürger, die über die Genossenschaft investieren wollen.

Dass sich Interesse wecken lässt, steht für die Vorständler des Energiebündels außer Frage. Bernd Weber bilanziert: „Wir sind ziemlich weit vorne, was das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Energiewende angeht.“ Und Josef Loderer prophezeit: „Energie ist die Währung der Zukunft.“