Ingolstadt
Nicht mehr im Netz

Ein Treffen mit Freunden: Smartphones sitzen mit am Tisch

18.01.2019 | Stand 23.09.2023, 5:41 Uhr
Daumenmagnet Smartphone: Ein ähnliches Bild bot sich auch unserer DK-Volontärin. −Foto: getty images

Ingolstadt (DK) Vertippt.

Nochmal von vorne. Elf Zahlen, elf mal drücke ich die Tasten. Auswendig kenne ich die Nummer nicht. Früher, damals, anno Pre-Smartphone-Ära, habe ich noch alle Festnetznummern meiner Freunde gewusst. Die Vorwahl verriet die Stadt, im Mobilfunknetz gibt sie höchstens Auskunft über den Anbieter. Es tutet. Mein Zeigefinger spielt mit der Telefonschnur. Tag drei ohne Smartphone wird nicht schon wieder vor dem Fernseher verbracht. "Servus Anna! Warte, ich gehe mal kurz raus. " Keine Sorge, weglaufen kann ich ja nicht. "19.30 Uhr im Tam Tam? Bis dann! " Das ging ja schnell, direkte Kommunikation statt Nachrichtenflut.

Umständlich pfriemel ich meine Winterjacke vom Handgelenk und linse auf meine Armbanduhr. Ich bin ein wenig zu spät. Normalerweise würde ich jetzt kurz eine Nachricht in Whatsapp schreiben: "sorry, komme später". Ich laufe etwas schneller. In meiner anologen Phase werde ich glatt noch pünktlich.

Durch die Fußgängerzone, rein ins Tam Tam: Zu sechst sitzen wir am Tisch, fünf davon sind in ihren digitalen Begleiter vertieft. Ich hingegen studiere die Speisekarte. "Ich komme mir vor wie in der Steinzeit, wenn ich dir eine Mail schreibe", scherzt ein Freund. Eine Freundin wirft mir einen Blick zu, fast schon schuldbewusst lässt sie ihr Smartphone in die Tasche gleiten. Dann sind die Getränke da. Die Eiswürfel klirren im Glas.

Ein Blick an die umliegenden Tische: Schräg gegenüber beäugen sich zwei junge Frauen über ihre Smartphones, ihre Finger fliegen über das Display. Vielleicht schreiben sie ja miteinander. Eine Handykamera blitzt vor mir auf. Eine Freundin rückt unsere Getränke zusammen, macht nochmal ein Foto. "Wie heißt ihr alle nochmal auf instagram? ", fragt sie in die Runde. Der Abend wird dokumentiert für die Netzwelt - und ich bin live mit dabei. Oder auch irgendwie nicht.
 

Anna Hausmann