Ingolstadt
"Die Stunde, in der wir zusammenstehen"

22.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:54 Uhr
Menschen protestieren nach dem Terror von Hanau gegen Rassismus und Hetze. −Foto: Johannes Hauser info@johannes-ha

Ingolstadt - Mehr als 250 Menschen haben sich am Samstagnachmittag auf dem Theaterplatz zu einer Gedenkkundgebung für die Opfer der terroristischen Mordtat von Hanau versammelt.

Eingeladen hierzu hatten verschiedene muslimische Verbindungen. Unter den Anwesenden befanden sich weiter zahlreiche Vertreter des Stadtrats und der Parteien, darunter der OB-Kandidat der SPD, Christian Scharpf, der auch das Wort ergriff.

"Faschismus ist keine Meinung", "Gemeinsam gegen Terror" und "Beendet den Hass" - Botschaften wie diese hielten trauernde Besucher der Veranstaltung, auf Schilder geschrieben, empor, um so ihrer Fassungslosigkeit über das Geschehene Ausdruck zu verleihen. Andere hatten türkische Fahnen dabei, einmal sogar zusammen mit der deutschen Flagge an einem Mast befestigt. Es waren nicht nur Muslime und türkische Mitbürger, die dem Aufruf gefolgt waren. Viele Deutsche waren ebenso auf den Platz gekommen, zeigten sich so solidarisch mit den Opfern und setzten zugleich ein Zeichen für Toleranz und gegen Rassismus. Ein Zeichen, das auch in den Reden immer wieder beschworen wurde.

Wut und Trauer über die Tat äußerte zunächst der ehrenamtliche Imam der Ayasofya- Moschee in Ingolstadt, Mohammed Bayhal Hoca. "Der Rassismus in Deutschland wird seit Jahren verharmlost, das muss aufhören", forderte er hinsichtlich anderer schrecklicher Vorfälle in jüngster Zeit, wie etwa in Halle. Unter Beifall rief er zum Umdenken auf. Wer verharmlose, mache sich mitschuldig, sagte er und appellierte an die Gesellschaft, sich durch rechten Terror nicht spalten zu lassen.

Auch Jörg Schlagbauer von der IG Metall äußerte Fassungslosigkeit und Zorn ob der Schreckenstat in Hessen und sprach von einem Angriff auf die Demokratie. 75 Jahre nach Kriegsende habe der rechte Terror in Deutschland wieder ein Gesicht bekommen, so der Gewerkschafter. "Das ist die Stunde, in der wir zeigen, dass wir zusammenstehen. Zeigt euch solidarisch", sagte er an die Anwesenden gerichtet.

"Taten wie diese beruhen auf einer Ideologie, die Gift ist für das Land und die Gesellschaft", so Christian Scharpf anschließend. Er erinnerte daran, dass Menschen 150 verschiedener Nationalitäten in Ingolstadt friedlich miteinander leben. Dies solle als Zeichen der Offenheit und der Toleranz so bleiben. Bürgermeister Sepp Mißlbeck, der betonte, als Bürger gekommen zu sein, hob die kulturelle Vielfalt in Ingolstadt als Bereicherung, die wirklich zähle, hervor. "Wir sind nun wachgerüttelt und werden die Stimme erheben gegen den Rassismus und ihm entschieden entgegentreten", sagte er. Dem schloss sich auch Ingrid Gumplinger, Integrationsbeauftragte der Stadt Ingolstadt, an.

Weitere Vertreter muslimischer Bürger und Verbände - sie hielten ihre Reden zum Teil auf Türkisch - machten deutlich, dass Terror für sie keine Religion habe - wo auch immer er seinen Schrecken verbreite. Sie appellierten an alle Bürger, jetzt enger zusammenzurücken, ihre Beziehungen zu vertiefen und Islamophobie abzubauen. "Wir müssen Barrieren zum Schmelzen bringen", hieß es in einer Übersetzung. Die friedliche Botschaft des Islam müsse nun vorgelebt werden. Gott habe den Planeten Erde erschaffen, ohne Grenzen zu ziehen. So solle er auch wahrgenommen werden. "Jeder kann leben, wo es ihm gefällt", lautete eine der Schlussbotschaften.

DK