Die Schaeffler-Belegschaft wehrt sich

Bundesweiter Aktionstag gegen geplanten Stellenabbau - außerordentliche Betriebsversammlung in Ingolstadt

16.09.2020 | Stand 02.12.2020, 10:33 Uhr
"Große Betroffenheit": Gut 180 Mitarbeiter von Schaeffler in Ingolstadt sind am Mittwoch zu einer außerordentlichen Betriebsversammlung zusammengekommen. −Foto: Neubauer

Ingolstadt - Am bundesweiten Aktionstag haben sich am Mittwoch auch die Ingolstädter Beschäftigten gegen den drohenden Personalabbau bei Schaeffler gewehrt.

 

In der vergangenen Woche hatte der Konzern verkündet, über 4400 Stellen - fast alle in Deutschland - abzubauen. "Die IG Metall Ingolstadt und die Beschäftigten bei Schaeffler werden diesen Abbau nicht kampflos hinnehmen. Die Argumente des Unternehmens lassen darauf schließen, dass hier die Corona-Pandemie genutzt werden soll, um Stellen in Deutschland weiter abzubauen und die Produktion ins Ausland zu verlagern", kommentiert der Erste Bevollmächtigte Bernhard Stiedl die Ankündigung des Unternehmens.

Am frühen Mittwochnachmittag kamen deswegen im Werk Ingolstadt Mitarbeiter sowie Vertreter des Betriebsrates und der Gewerkschaften zu einer außerordentlichen Betriebsversammlung zusammen. "Die Stimmung ist katastrophal", berichtete Betriebsratsvorsitzender Robert Lauffer anschließend auf Anfrage des DONAUKURIER. In Ingolstadt geht man derzeit von einem Abbau von 40 Stellen aus. Weniger als an anderen Standorten. "Aber auch wir sind davon betroffen", betont Lauffer. "Man darf auch nicht vergessen, dass bei uns seit 2018 bereits 57 gut bezahlte Stellen weggefallen sind. Jetzt sollen 40 weitere folgen. " Es gehe den Ingolstädtern auch darum, sich am Protesttag mit den Kollegen anderer Standorte zu solidarisieren. Schon in der Früh haben die Schaeffler-Mitarbeiter mit Flugblättern auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Gut 180 Kolleginnen und Kollegen folgten mittags der Einladung zur Betriebsversammlung. "Die gesamte Frühschicht war da", so Lauffer. "Viele Kollegen haben Angst, wie es weitergeht - auch bei uns. "

Für die IG Metall sprach bei der Betriebsversammlung Gerhard Stelzer. Auch er habe "große Betroffenheit" in der Belegschaft gespürt, erzählt er dem DK. "Das Unternehmen war in Kurzarbeit, jetzt sollen dennoch Leute entlassen werden, das ist einfach nicht nachvollziehbar. " Laut der Konzernführung befürchtet Schaeffler einen Rückgang des Automobil- und Industrieumsatzes und reagiert darauf mit Entlassungen. "Genau für solche Situationen gibt es das Kurzarbeitergeld", argumentiert auch Stiedl.

Die IG Metall und der Betriebsrat kündigten weiteren Widerstand gegen die geplanten Maßnahmen an. "Wir fordern einen Stopp des Personalabbaus und bieten der Unternehmensführung Gespräche an, um die Auswirkungen der Pandemie und der Transformation sozial verträglich zu gestalten", betonte Lauffer.

Am bundesweiten Aktionstag beteiligen sich die Belegschaften aller Schaeffler-Standorte in Bayern: Höchstadt, Eltmann, Herzogenaurach, Hirschaid, Schweinfurt, Kitzingen, Gunzenhausen und eben Ingolstadt. Johann Horn, Bezirksleiter der IG Metall Bayern, machte deutlich: "Der Aktionstag war ein klares Signal ans Unternehmen: Die Beschäftigten wehren sich und halten zusammen - deutschlandweit über alle Standorte hinweg. Standortschließungen und Verlagerungen an Billigstandorte werden wir nicht hinnehmen. " Horn untermauert seine Kritik am Unternehmen, die Corona-Krise auszunutzen, um Kosten zu sparen und Profite zu steigern: "Wir erwarten, dass Schaeffler stattdessen Verantwortung übernimmt und Beschäftigung sichert. Dafür gibt es genügend gesetzliche und tarifliche Instrumente wie Kurzarbeit oder Arbeitszeitverkürzungen. " Horn verweist auf eine Zukunftsvereinbarung, die Schaeffler 2018 mit der IG Metall abgeschlossen hat. Darin ist eine Stärkung der deutschen Standorte vereinbart, betriebsbedingte Kündigungen werden grundsätzlich ausgeschlossen.

"Wir wissen nicht, was nach diesem Maßnahmenpaket namens ,Space' noch alles kommt", sagt Stelzer auch mit Blick auf die Situation in Ingolstadt. "Wir laufen jedenfalls nicht mit einem Sozialplan in der Tasche herum. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz. " Am heutigen Donnerstag beginnen in Schweinfurt die Verhandlungen zwischen der Konzernführung und dem Gesamtbetriebsrat sowie dem Gesamtbetriebsausschuss. "Wir werden uns das alles erst einmal anhören", so der Gewerkschaftler. Dann werde man sehen, wie es weitergeht. Von Solidaritätsaktionen bis hin zum Streik sei nichts auszuschließen, so Stelzer. Es wird also nicht die letzte Versammlung der Ingolstädter Schaeffler-Kollegen gewesen sein. 

DK