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Im Spannungsfeld zwischen Bildungsprestige und Übertrittsdruck

Die Statistik bildet zwei folgenreiche Entwicklungen deutlich ab: Den Bedeutungsverlust der Hauptschule und den Sturm aufs Gymnasium

19.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:53 Uhr

Die Hauptschule hieß einst Hauptschule, weil sie die Hauptschule war. Die Nummer eins. Sie vereinte noch in den 1960er Jahren bis zu zwei Drittel eines Geburtsjahrgangs; in den Städten etwas weniger, auf dem Land wesentlich mehr.

Aber dann setzte ein Prozess ein, dessen Konsequenzen bis heute fortwirken: der deutliche Schüler- und Bedeutungsverlust der Hauptschule. Demgegenüber: die Entwicklung des Gymnasiums zur neuen Hauptschule. Zum begehrten Ziel von immer mehr Schülern (und deren Eltern). Für sie das Maß aller Dinge. Im Schatten der Gymnasien hatten es die Haupt- und Realschulen lange Zeit schwer.

Eine nicht unproblematische Entwicklung also, die auch die Ingolstädter Zahlen sehr deutlich abbilden. Da bis 1976 nicht zwischen Grund- und Hauptschulen unterschieden wurde, kennt die Statistik vorher nur Volksschüler. Ihr Anteil betrug 1960 in Ingolstadt etwa 64 Prozent, knapp die Hälfte (grob gerechnet) waren Grundschüler.

Die Gymnasiastenquote lag 1960 bei 26,5 Prozent, das entsprach 1930 Schülern (und ganz wenigen Schülerinnen). Hier wirkte auch ein Stadteffekt: Vor der Bildungsexpansion der 60er und 70er Jahre, als republikweit weiterführende Schulen und Universitäten en masse gebaut wurden, gab es in den Städten noch viele Internate, in denen junges Landvolk auf dem Weg zum Abitur wohnte. In Ingolstadt waren das vor allem das Canisiuskonvikt, St. Alfons und das evangelische Schülerheim.

Jahrzehntelang ist die Übertrittsquote stark gestiegen. 2010 gingen 53 Prozent der in Ingolstadt eingeschriebenen Schüler der Sekundarstufe (ab Klasse fünf) auf ein Gymnasium. Heuer ist die Zahl der Anmeldungen erstmals wieder gesunken, während die Mittelschulen (wie die Hauptschulen seit 2010 heißen) konstante Zahlen melden. Ihre Krise scheint überwunden. Auch die Realschulen treten seit einigen Jahren immer weiter aus dem Schatten der Gymnasien.