Ingolstadt
Die Grenzen der Reporter

Journalist Christian Mihr zu Gast beim Ingolstädter Presseclub

12.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:15 Uhr
Kamingespräch über die Pressefreiheit: Bernd Betz, Vorsitzender des Ingolstädter Presseclubs (links) im Gedankenaustausch mit Christian Mihr, Geschäftsführer von "Reporter ohne Grenzen". −Foto: Lamprecht

Ingolstadt (las) "Kampf der Zensur" - so lautete der Titel des jüngsten Kamingesprächs beim Presseclub Ingolstadt im Kreuztor.

 Zu Gast war ein Experte auf diesem Feld: Christian Mihr, Journalist, Menschenrechtsaktivist, Fachmann für internationale Medienpolitik und seit sechs Jahren Geschäftsführer der Organisation "Reporter ohne Grenzen".

"Gefühlt", so leitete Bernd Betz, Vorsitzender des Presseclubs, den Abend ein, "vergeht kein Tag, an dem nicht an einem Ort der Welt versucht wird, die Arbeit von Journalisten zu verhindern oder zu behindern. Schlimmer noch sind die Todesfälle von Journalisten in der jüngsten Vergangenheit. "

Was folgte, war ein rund einstündiges Gespräch zwischen Mihr, Betz und den zahlreichen Zuhörern, in dem Mihr von seiner Arbeit wie auch der seiner Organisation berichtete. Ein Gespräch, in dem es um die Lage in für Journalisten bekanntermaßen schwierigen Ländern wie Syrien, Jemen, China oder auch Mexiko ging. "Man kann im Grunde nur selbst entscheiden, in welche Länder man reist und unter welchen Voraussetzungen man das tut", meinte Mihr.

Aber es ging auch um Deutschland und ganz konkret um die Frage, wie sich der Aufkauf von Verlagen auf die Pressefreiheit auswirkt. "Natürlich", so Mihr, "ist das ein Luxusproblem, wenn ich es mit der Lage in anderen Ländern vergleiche, aber Vielfalt wäre wichtig, um das Bild, das die Medien zeichnen, vollständiger werden zu lassen. "

Zur Sprache kam aber auch die Frage, warum gerade in Europa, wo es um die Freiheit der Presse recht gut bestellt ist, die Glaubwürdigkeit von Journalisten von der Bevölkerung inzwischen häufig als gering eingeschätzt wird. Und auch hier hatte Mihr eine Antwort parat: Zum einen, so meinte er, seien Journalisten in den vergangenen Jahren auch in Europa zunehmend verunsichert. Zum anderen sei es aber auch oft so, dass Journalisten in Demokratien generell oft als weniger glaubwürdig angesehen würden als in Diktaturen. "Das gesunde Misstrauen der Bevölkerung ist also wohl auch ein Zeichen für Demokratie und Medienvielfalt", so der Gast des Presseclubs.

Positiv sah Mihr in weiten Teilen die sozialen Medien. Natürlich gebe es positive wie negative Aspekte, Fakt sei aber, dass der Wert von Bürgerreportern gerade in Krisengebieten enorm sei. "Wenn es diese Leute nicht gäbe, wüssten wir beispielsweise aus Syrien sehr viel weniger bis fast gar nichts", befand er und fügte an: "Man muss auch bedenken, dass diese Leute völlig ohne Schutz und Rückendeckung arbeiten, und das rückt sie und ihren Wert nochmal in ein ganz anderes Licht. "

Mit Rückendeckung waren dabei auch Einrichtungen wie eben Reporter ohne Grenzen gemeint, die, wie Mihr erklärte, über ein weltweites Netzwerk verfügen und schnell auch vor Ort Hilfe leisten können. Oft brauche es dazu zwar einen langen Atem, aber Erfolge, wie die Freilassung lange inhaftierter Kollegen oder die erfolgreiche Klage gegen eine Datenbank des BND zeigten, "dass unsere Arbeit Erfolge mit sich bringt, und das ist sehr motivierend". Dennoch: Es gebe genug und immer mehr Fälle, in denen ein Einschreiten nötig sei. Das gelte insbesondere für eine zunehmenden Zahl von Ländern im Nahen Osten und in Nordafrika, in denen es um die Freiheit der Presse mehr als schlecht bestellt sei. Auf der Weltkarte der Pressefreiheit sind sie schwarz eingezeichnet. Deutschland, sagte Mihr, "ist noch weiß". Aber es gebe auch hier zunehmend Angriffe und Übergriffe von rechts wie mithin auch von links. Mihr findet, dass seien Tendenzen, "die man durchaus nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. "