Die Behörde für Genießer

10.08.2008 | Stand 03.12.2020, 5:41 Uhr

Kost- und kostenbewusst: Die Finanzanwärter Kathrin und Benedikt schätzen das Preis-Leistungs-Verhältnis – und natürlich das Essen.

Ingolstadt (DK) „24 Stunden Ingolstadt“ lautet der Titel der Sommerserie im DONAUKURIER. In zwei Dutzend Geschichten wird jeweils eine Stunde des Tages an einem anderen Ort in Ingolstadt erzählt, um den ganz normalen Alltag zu schildern. Diesmal: Von 12 bis 13 Uhr in der Kantine des Finanzamts.

Es wird allgemein viel gelächelt in der Behördenkantine, die auch dem nicht verbeamteten Volk offen steht. Die Stimmung scheint so gut, weil das Essen schmeckt. "Diese Arbeit macht echt großen Spaß!", sagt Manja, die viele Gäste mit Namen grüßt. Man kennt sich, die meisten kommen regelmäßig. Die braunen Tabletts klappern über die Metallschiene, warten muss kaum jemand, die Leute treffen so gleichmäßig ein, als hätten sie sich abgesprochen. Kurz nach zwölf ist fast jeder Tisch besetzt.

Es ist der vorletzte Tag vor der zweiwöchigen Betriebsruhe – doch auch jetzt in den Ferien leidet die Kantine keinen Mangel an Essern. Nur Lehrer speisen derzeit nicht im Finanzamt. Dennoch ist die Beamtendichte hoch. Irene Kreuz, die mit ihrem Mann Friedrich ("Er ist die gute Seele des Betriebs") die Führungsspitze bildet, schätzt den Staatsdieneranteil auf 80 Prozent. "Es kommen ja auch viele aus den umliegenden Behörden zu uns."

Um halb eins wächst das Polizeiaufgebot. Die meisten Beamten rücken in voller Montur an, einige sind leger unterwegs, ohne Waffe und Diensthemd, im T-Shirt über der Uniformhose. Eher lässig sind auch die anderen Behördenvertreter unterwegs. Krawattenträger machen sich rar.

Um so zahlreicher kommen Familien und Senioren. Das Ehepaar Möbs trifft sich nach einem langen Einkaufsbummel mit einer Freundin im Finanzamt. Für die Kinder haben sie Menüs in Plastikdosen füllen lassen, die sie eigens mitgebracht haben. "Wenn die heute aus der Arbeit kommen, kriegen s’ was Feines, und wir müssen nicht mehr kochen."

Die kostenbewussten Finanzanwärter Kathrin (20, Mailänder Schnitzel) und Benedikt (21, Rindergulasch), schätzen "das tolle Preis-Leistungs-Verhältnis" und nicht zuletzt das Essen. "Es gibt für jeden was."

Herbert Ehrismann, Kassenleiter, zählt zu den treusten Essern. 1989 griff er hier erstmals zum Löffel. "Ich geh’ in die Kantine, seit ich in Ingolstadt arbeite", erzählt der Riedenburger. "Da kann man so schön fachsimpeln." Favoriten hat er keine. "Ich ess’ alles gern!"

Langsam lässt der Andrang nach. Je kürzer die Reihe der Kantinengänger, desto länger die Gespräche, die Irene Kreuz mit ihnen an der Kasse führt. "Die Gäste mögen uns, und wir mögen unsere Gäste."

Und die Teamkollegen mögen die Teamkollegen. Letztens waren alle gemeinsam beim Skifahren in Südtirol, erzählt die Chefin. Welche Belegschaft mache sowas schon? "Wunderbar! Ein ganzes Wochenende – länger ging es nicht. Werktags müssen wir ja kochen."

Kurz vor 13 Uhr lichten sich die Reihen. Die Beamten kehren zum Dienst zurück, viele Senioren wechseln in die Cafeteria. Vorher räumen alle diszipliniert ihr Geschirr auf. Gläser und Flaschen kommen in eigene Behälter. "Endspurt!", rufen die drei Damen von der Ausgabe. Noch ein Mal kochen, dann beginnen 14 Tage Betriebsruhe. Erste Lappen kommen zum Einsatz. Das Rindergulasch liegt immer noch in Führung.

 

Die Kantine des Ingolstädter Finanzamts an der Esplanade 38 ist nach den Betriebsferien wieder ab Montag, 25. August, täglich zwischen 11.30 und 13.30 Uhr geöffnet und steht allen Bürgern offen.