Ingolstadt
Der Doktor und das liebe Vieh

Bernhard Kehrwald und seine Herzenstöne bereiten Hunderten in St. Anton ein "tierisches Vergnügen"

18.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:59 Uhr
Nicht nur stimm-, sondern auch sprunggewaltig: Mit einem aufweckenden Hahnenschrei hob Sänger und Conferencier Bernhard Kehrwald am Sonntag im Pfarrsaal von St. Anton von der Bühne ab. Die Musiker des Ensembles Herzenstöne (v.l.): Josef Wittmann (Kontrabass), Daniela Mayer (Violoncello), Annette Ledl (Akkordeon) und Christian Ledl (Klavier). Emmy Seiltgen trug die Texte vor. −Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Die gute Tat wurde ein großer Erfolg: Das Pfarrheim von St. Anton war am Sonntagnachmittag randvoll, als der Kardiologe und Tenor Bernhard Kehrwald mit seinem Ensemble Herzenstöne ein Benefizkonzert zugunsten der Demenz-Wohngemeinschaften der Ingenium-Stiftung und der Schwarzachhaus gGmbH gab. Unter dem Motto "Ein tierisches Vergnügen" spielte sich das Quintett schwungvoll, fröhlich und mit amüsanten Texten einmal quer durchs Tierreich.

Herr Doktor wollt', er wär' ein Huhn. Das erscheint nachvollziehbar in Anbetracht der sich dadurch bietenden Muße- und Freizeitmöglichkeiten: Er hätte dann nicht viel zu tun. Er legte vormittags ein Ei und abends wär' er frei. So führt Bernhard Kehrwald, Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Kardiologie, und sonorer Tenor in die Vorzüge des Huhn-Seins ein. Doch bevor er den Hit der Comedian Harmonists aus den 1930er-Jahren anstimmt - oder um im Bilde zu bleiben: den Ohrwurm - gibt er erst einmal einen Hahn. Mit einem beachtlichen Sprung hebt Kehrwald von der Bühne ab und kräht mit bauernhoferfüllender Kraft. Da lacht das von Anfang an aufgeweckte Publikum (der Pfarrsaal ist randvoll, um es vorsichtig zu formulieren) aus ganzem Herzen, was wiederum den Kardiologen und seine vier virtuosen, alle Späße mitspielenden Musiker sichtlich freut.

Das inoffizielle Motto des Benefizkonzerts lautet: "Unter 15 Euro geht hier keiner raus!", so tönt es zur Begrüßung. Offiziell trägt der Nachmittag in St. Anton den Titel: "Ein tierisches Vergnügen". Denn, so die Ansage: "Wir wollen, dass die Menschen in den Demenz-Wohngemeinschaften der Ingenium-Stiftung so richtig vergnügt sind - und richtig vergnügt wollen wir auch sein. Seid tierisch vergnügt!" Derart angefeuert, musizieren die Herzenstöne (Daniela Mayer, Cello, Annette Ledl, Akkordeon, Christian Ledl, Klavier, und Josef Wittmann, Kontrabass) gekonnt drauf los. Emmy Seiltgen (kleines Foto) rezitiert, was die deutsche Lyrik so alles an unterhaltsam Animalischem hergibt; mancher Zuhörer könnte sich hier auch an die britische Uraltserie "Der Doktor und das liebe Vieh" erinnert fühlen. Nach Johann Zellers "Hirtenpolka" (im weiteren Sinne tierisch) lernt das Publikum Viech um Viech kennen - volltönend und hochamüsant.

Das Motiv der Muße im Tierleben kehrt in den vorgetragenen Texten öfter wieder. Etwa: "Wie ein kleiner Regenwurm, bei Regen, bei Sturm, mit Ruhe und Gemütlichkeit, hätt' ich für mich 'ne Menge Zeit." Oder (an den sicher auch ziemlich tierlieben Chansonnier Reinhard Mey angelehnt): "Hätt' ich die Wahl, wär' ich mein Hund" - ein Gedanke den leidenschaftliche Frauchen und Herrchen gewiss innig nachvollziehen können; auch wenn unbekehrbare Hundehasser dann am liebsten aufjaulen möchten.

Das nächste Bonmot: "Als verfressenes Krokodil wär' mir die Ruhe fast zu viel." Apropos gefährliches Raubtier: "Als Miezekatz im Wochenendhaus, da wünscht ich mir 'ne Spielzeugmaus!" Es gilt jedoch zu bedenken: "Dieser Platz ist heute gesperrt, denn da ist jetzt Spatzenkonzert! Ein kleiner Spatz versinkt in klaren, ganz besonders zarten Tönen." Musik ab.

Das Publikum spendet nach allen Liedern und Lesungen kräftigen Applaus; die Werkauswahl bewährt sich. Sinniges rund um den Hund kommt immer besonders gut an. Noch einmal zurück zu den Tagen, an denen der hier zitierte Erzähler wünscht, er wär' sein Hund: "Er tut mich beneiden, weil ich derjenige bin von beiden, der die Kühlschranktür alleine aufmachen kann." Dann - da ist sich der lyrische Tierfreund ganz sicher - "wünscht mein Hund, er wäre ich". Braves Viech.

Christian Silvester