Vohburg
"Das ist unsere Welt"

Von der Tierpflege bis zur Show in Vohburg ist die ganze Familie in den Alltag des Circus' Renz eingebunden

26.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:19 Uhr
  −Foto: Lamprecht

Vohburg (DK) Das Leben ist eine Bühne.

Der Applaus ist das Brot, das darauf verteilt wird. Was wie ein Klischee klingt, ist für Angela und Karl-Heinz wie auch für ihre Kinder Monique, Romina und Tino sowie den gerade einmal fünfjährigen Louis ganz normaler Alltag: Sie sind die fünfte, sechste und siebte Generation des Zirkus-Unternehmens Renz. Dieser war am vergangenen Wochenende in Vohburg zu Gast. Tiere, Akrobatik und Clownerie inklusive, brachte er nicht nur die Augen der kleinen Besucher zum Strahlen.

Los geht der Tag für die Zirkusfamilie stets früh am Morgen: Schon vor sechs Uhr sind die Mitglieder in aller Regel auf den Beinen, und dann heißt es als Erstes, die Tiere zu versorgen. Mit dabei immer Moniques Sohn Louis - in der Manege Miniclown Banane und Lasso schwingender Cowboy in Personalunion sowie stolzer Besitzer des winzigen Pferdes Kleiner Donner. "Wenn wir sagen, Louis, bist du nicht müde, du kannst doch noch ein bisschen schlafen, dann kommt: Nein, Kleiner Donner braucht Futter, und der Hund muss auch spazieren gehen", sagt Angela Renz lachend. "Da ist er nicht zu bremsen, aber so sind Zirkuskinder halt. Wenn sie hinfallen, tut es draußen weh, aber kaum sind sie in der Manege, ist alles vergessen. Das war bei meinen Kindern so, das war bei mir selbst so und das wird wahrscheinlich auch niemals anders sein. "Wie jetzt der Enkel und auch ihre eigenen Kinder ist Angela Renz ein waschechtes Zirkuskind, aufgewachsen zwischen Tieren, Sägemehl und Zuschauern. Hineingewachsen in eine Welt, die irgendwo zwischen einem gut geölten Unternehmen - ja, auch Büroarbeit und Bürokratie gehören zum Zirkusleben - und einer besonderen Art der Kunst angesiedelt ist und die man erlebt haben muss, um sie begreifen zu können. "Das Allerwichtigste für uns", versucht die Chefin zu erklären, "ist die Familie. Ohne die geht bei einem kleinen Zirkus wie unserem gar nichts. Und zu der zählen auch die Tiere dazu. " Die nämlich sind eine der Hauptattraktionen im Zirkus Renz, sind Einnahmequelle und beste Freunde zugleich. "Was wir machen, sind sanfte Dressuren, die sich an natürliches Verhalten anlehnen", erklärt Renz und fügt schmunzelnd hinzu: "Klar klappt auch mal etwas nicht, aber das ist dann halt so. Das sind Zirkustiere und folglich Freigeister so wie wir. "

Wie viel Freigeist noch im Zirkusleben steckt, ist indes eine ganz andere Frage. Oft sind es nämlich ganz handfeste, bürokratische Hürden, die den Zirkusleuten das Leben schwer machen: Standplätze wollen organisiert, Kautionen und Gebühren gezahlt werden. Das Winterquartier gesichert und im Sommer genug Geld verdient werden, um über den spielfreien Winter zu kommen. Und dann gibt es neben vielen anderen Dingen auch noch die Schulpflicht, die für Zirkuskinder freilich genauso gilt wie für alle anderen auch: "Inzwischen", erzählt Angela Renz, "ist das so geregelt, dass die Kinder, also bald auch der Louis, in der Grundschulzeit dort zur Schule gehen, wo der Zirkus gerade ist. Sie haben ein Reisetagebuch, in das genau eingetragen wird, welcher Stoff wann und wo behandelt wurde. So wird sichergestellt, dass da alles passt. Die älteren Kinder bekommen dann einen Laptop und werden fernbeschult. Die Zeit von Internaten, in denen sich, glaube ich, kein Zirkuskind jemals wohlgefühlt hat, ist Gott sei dank vorbei. "

Und wie wird man nun ein Zirkusmensch, wie Angela Renz ihn beschreibt? "Das ist einfach", sagt sie. "Wir kaufen hier ja keine Nummern zu. Wir sind eine Familie, und jeder macht das, was er kann. In der Manege oder wie meine Tochter Romina außerhalb. Wenn wir Kinder bekommen, dann kommen wir mit dem Baby nach Hause in den Wohnwagen und machen unsere Arbeit weiter. Das Baby ist vom ersten Tag an dabei. Im Wohnwagen, im Küchenwagen, im Tierzelt und in der Manege. Das ist unsere Welt, und die lieben wir vom ersten bis zum letzten Tag. "

Susanne Lamprecht