Ingolstadt
Das Rote Kreuz war da, Verletzte nicht

"BHP 50" an der Manchinger Straße: 60 Rettungskräfte üben Zeltaufbau für Notfall

23.09.2018 | Stand 02.12.2020, 15:37 Uhr
  −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Rund 50 zum Teil schwer Verletzte nach dem Spiel des FC Ingolstadt 04. Schnelle Hilfe ist nötig, das Rote Kreuz ist gefordert. Retter und Helfer sind schnell an der Manchinger Straße, die Zelte sind in Windeseile einsatzbereit. Gut, dass es sich am Samstagnachmittag um eine Großübung gehandelt hat. Nach der Explosion bei Bayernoil vor exakt drei Wochen genossen die Beteiligten einen ruhigeren Einsatz.

Hektik kam trotz des Szenarios, das sich wegen der Nähe zum Stadion des FC Ingolstadt 04 so oder ähnlich jederzeit ereignen könnte, nicht auf. Das Wetter passte, der großflächige Parkplatz P3 - von der IFG zur Verfügung gestellt - hatte fast etwas Heimeliges. Im Hintergrund übte ein Fahrschüler das Motorradfahren, Autos fuhren stadtein- und stadtauswärts, ein paar wenige Zuschauer sahen zu, geladene Gäste taten es ebenso - berufsbedingt natürlich etwas kritischer. Zum Beispiel Roland Heß, Leiter der Integrierten Leitstelle Ingolstadt (ILS), Günther Griesche, Geschäftsführer des Zweckverbands für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung der Region Ingolstadt, Christian Berberich, ärztlicher Leiter des Rettungsdienst der Region Ingolstadt oder auch Einsatzleiter benachbarter Feuerwehren.

Joachim Steenmann, Leiter des Rettungsdienstes Ingolstadt und BRK-Kreisgeschäftsführer Firat Avutan erklärten, dass der Aufbau vom Samstag exakt dem nach der Bayernoil-Explosion entsprach. Steenmann: "Manche hatten gefragt, ob man nach dem Einsatz vor drei Wochen diese Übung eigentlich abhalten sollte." Aber da Übung bekanntlich den Meister macht, rückten die 60 Rettungskräfte gegen 13 Uhr an. Ein Zelt steht, so sagte ein Beteiligter, "in zehn Minuten, wenn es ein eingespieltes Team ist". Nach 15 Minuten standen fünf Zelte.

Das erste - Sichtungszelt genannt - durchlaufen im Ernstfall alle Verletzten. Hier wird von den Ärzten entschieden, in welches Zelt die Patienten danach kommen. Grün, gelb und rot sind die Farben, die für leichte Verletzungen (Armbruch oder Schnittverletzung), mittlere (Unterschenkelfraktur) und auch für schwere (Bewusstlosigkeit, Schädel-/Bauch- oder Stichverletzung) stehen. Links außen steht ein Zelt mit blauem Schild: "In dieses werden, so hart es klingen mag, die Verletzten gebracht", sagt Steenmann, "die keine Überlebenschance haben." Am Samstag bleibt dieses Zelt aber ebenso leer wie die anderen - von den Einsatzkräften abgesehen, die vor allem eines an diesem Tag sollen: Sie sollen und wollen üben, dass im Notfall der Aufbau der Zelte, die Versorgung der Verletzten, deren Behandlung, die Nachbehandlung und der Transport in die nächsten Krankenhäuser innerhalb einer Stunde möglich sind. Daher heißt der Übungsaufbau "Behandlungsplatz 50". Mimen, also Statisten, die die Verletzten speilen, gibt es am Samstag nicht. "Heute wird nur der Aufbau eines Behandlungsplatz 50 geübt", so Avutan. "Alle vier bis fünf Jahre findet so eine Übung statt, an der Verbände aus mehreren Kreisen zusammenarbeiten."Das BHP 50-Konzept wird übrigens bayernweit angewendet. Das hat den Vorteil, dass bei Katastrophen wie einem schweren Hochwasser oder einer Explosion wie in Vohburg jederzeit Einheiten zum Beispiel aus Landshut oder Erding dazustoßen können. Weil sie sich alle auskennen. Avutan weiß: "Dauert ein Einsatz länger, müssen die Rettungskräfte nach einer bestimmten Zeit ausgewechselt werden."

ILS-Chef Heß ist interessierter Beobachter: "50 Verletzte bei einem Fußballspiel - das passt ins Muster", sagte er und erklärte: "Unser Rechner hat Katastrophenschutz-Sonderpläne, wie auf welches Szenario reagiert wird." Die Pläne blieben am Samstag angesichts der bekannten Lage aber in der Schublade. Die Großübung lief, von Kleinigkeiten abgesehen, problemlos und sauber ab. Nach vier Stunden wurden die Zelte abgebaut, alles in die Fahrzeuge verstaut, und die Helfer starteten verspätet in ein etwas kürzeres Wochenende.