Ingolstadt
Das Ding aus dem Kies

Experten erkennen in dem Fund aus einem Baggersee bei Ingolstadt eine 500 Jahre alte Jagdwaffe

07.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:54 Uhr
  −Foto: Hauser/Eberl

Ingolstadt (DK) Beim Baden in einem Baggersee südlich von Ingolstadt hat Hartmut Braun im Sommer eine historische Klinge gefunden. Experten haben das Stück jetzt in Augenschein genommen und Interessantes entdeckt.

Es war vermutlich ein Bagger, der den Fund im August mitsamt einer Schaufel voller Kies vom Grund hob und am Ufer des Baggersees ablegte. Dort fand ihn Braun am nächsten Tag - ein unscheinbares, geknicktes Stück Metall ragte in rund drei Metern Höhe aus einem Geröllhaufen. Als es Braun herausgezogen hatte, war ihm schnell klar, dass es sich um "etwas Historisches" handeln musste. Er verständigte den städtischen Archäologen Gerd Riedel, der die Klinge in Brauns Wohnzimmer erstmals in Augenschein nahm. Der Experte schätzte den Fund auf ein Alter von rund 500 Jahre, ob es sich dabei allerdings tatsächlich um ein Schwert oder doch ein Werkzeug handelt, das war damals noch nicht zu sagen.

Braun übergab dem Archäologen seinen Fund zur genaueren Überprüfung. Riedel zog Tobias Schönauer hinzu. Der Historiker im Bayerischen Armeemuseum in Ingolstadt ist ein Experte für Waffen dieser Art. "Das ist durchaus ein interessanter Fund", sagt der Stadtheimatpfleger und erklärt, dass es sich bei der Klinge eindeutig um eine Jagdwaffe handelt. Das erkennt der Spezialist daran, dass die Klinge unten einschneidig, oben aber zweischneidig ist. Zwei Kerben zwischen den Parierstangen erleichtern die Datierung. Das Schwert ist demnach eine Einzelanfertigung und stammt nicht aus einer Serienproduktion, wie sie später üblich wurde.

Zufälligerweise tagte im Neuen Schloss unlängst die Gesellschaft für Historische Waffen- und Kostümkunde. "Das sind Experten für ganz spezielle Themengebiete", erklärt Schönauer. Er legte die Waffe dem "Guru der Jagdwaffen" vor und der bestätigte Schönauers Vermutungen im Wesentlichen. Demnach stammt das Stück aus dem 16. oder dem 17. Jahrhundert. "Solche Schwerter waren die Vorläufer der Sauspieße oder Saufedern", erklärt Schönauer. Auf der Jagd hielt man sich damit rasende Wildschweine vom Leib oder versetzte ihnen den Todesstoß.

Vielleicht ist die Waffe bei der Jagd in den Donauauen verloren gegangen. Dass sie absichtlich weggeworfen wurde, sei unwahrscheinlich. "Dafür ist ein Schwert viel zu wertvoll gewesen", erklärt Schönauer. Klingen, die nicht mehr zu gebrauchen waren, wurden eingeschmolzen und zu neuen Waffen geschmiedet.

In ständiger Rücksprache mit Hartmut Braun - ihm gehört das Schwert als Finder schließlich - haben die Experten weitere Untersuchungen vorgenommen. Unter anderem haben sie ein Stück der Klinge vorsichtig von Verkrustungen und Rost befreit. Dabei ist eine so genannte Tauschierung aufgetaucht. An einer Stelle ist in die Klinge ein gelbes Metall, vielleicht Messing oder Kupfer, eingearbeitet. Es könnte sein, dass sich die Verzierung über das gesamte Blatt zieht. "Um das herauszufinden, müsste man die Klinge röntgen", erklärt Riedel. Voraussetzung wäre allerdings, dass Hartmut Braun seinen Fund weiter der Wissenschaft überlässt. Er habe zwar einmal daran gedacht, das Schwert im Gartenschuppen aufzuhängen, aber tendiere jetzt doch eher dazu, es Riedel zu überlassen, berichtet der Finder. "Ich freu' mich über den Fund und auch, dass andere daran eine Freude haben", sagt Braun. "Mal sehen, was die Spezialisten noch alles herausfinden."

Johannes Hauser