Ingolstadt
Klartext an der Kasse

Mehr Respekt für Mitarbeiter erbeten: Eine Tankstelle redet Kunden mit Handy am Ohr ins Gewissen

01.07.2019 | Stand 23.09.2023, 7:36 Uhr
Freundlichkeit ist Trumpf: So wie auf diesem Bild sollte es im Idealfall beim Bezahlen an der Tankstelle ablaufen. Einige Kunden telefonieren währenddessen aber lieber. Manche Tankstellenpächter empfinden das mitunter als Unhöflichkeit dem Personal gegenüber. An der Tankstelle Weigl an der Haunwöhrer Straße fordert jetzt ein Schild an der Kasse von diesen Kunden mehr Respekt ein. −Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) Das Mobiltelefon ist aus dem Alltag kaum mehr wegzudenken.

So sehr die schnelle Kommunikation zu jeder Zeit und an (fast) jedem Ort das Leben auch erleichtern mag - es gibt Situationen, wo die Benutzung des Handys als störend empfunden wird, weil die gebotene Höflichkeit im Umgang miteinander leidet. Gemeint ist das Gespräch von Angesicht zu Angesicht, im konkreten Fall an der Kasse einer Tankstelle.

Das Tanken an sich gehört sicherlich nicht zu den Aufgaben, die Autofahrer leidenschaftlich gern erledigen. Insofern ist es nachvollziehbar, dass manch einer den lästigen Tankvorgang und die damit verbundenen Verpflichtungen, wie etwa das Bezahlen, möglichst rasch hinter sich bringen will. Vielleicht auch, weil es gerade pressiert oder an der Zapfsäule in der Schlange länger gewartet werden muss. Was auch immer die Gründe dafür sind, dass an der Kasse manch einer sein Talent fürs Multitasking entdeckt und das Telefonieren und Bezahlen quasi simultan erledigen will - an der freien Tankstelle Weigl an der Haunwöhrer Straße haben sich die Inhaber zu dem für sie leidigen Thema nun Gedanken gemacht. Wer dort an die Kasse tritt, dessen Blick fällt auf ein im Thekenbereich platziertes Hinweisschild. Damit werden die "verehrten Kunden", wie es dort heißt, höflich aufgefordert, während des Bedienvorgangs das Telefonieren mit dem Handy aus Respekt dem Personal gegenüber sein zu lassen.


Es gehe schon damit los, dass Kunden während des Tankens telefonierten, was ja an der zapfsäule aus Sicherheitsgründen untersagt sei, heißt es seitens der Weigls. "Die Leute kommen herein, mit dem Handy am Ohr und telefonieren. Das manchmal so laut, dass an der Theke keiner mehr ein Wort versteht. Dann fällt an der Kasse womöglich der Geldbeutel herunter, Münzen kullern über den Boden und werden aufgesammelt. Die Leute sind abgelenkt. Einige wissen dann nicht mehr, an welcher Säule sie getankt haben. Das alles passiert gerade dann, wenn viel los ist", berichtet die Eigentümerfamilie. Oft werde beim Telefonieren auch nur gestikuliert, etwa, wenn der Kunde Zigaretten kaufen möchte und vage auf seine Marke im Regal deutet, ohne ein Wort zu sagen. Andere würden einfach nur das Geld auf den Tresen legen und schweigen. "Das ist respektlos dem Personal gegenüber. So viel Zeit sollte einfach sein, dass gesagt wird, was man möchte", so die Inhaber.

Abgesehen davon, dass diese umständliche Prozedur den Bezahlvorgang weiter unnötig verlängern dürfte (was die Kunden ja offenbar vermeiden wollen) - der nonverbale Zahlvorgang birgt auch die Gefahr, dass Fehler unterlaufen. "Die Leute machen sich darüber aber keine Gedanken. Sie sehen nur, dass ihnen etwas untersagt werden soll", so die Familie. Die Weigls betonen jedoch, dass es ihnen in erster Linie um den respektvollen Umgang miteinander gehe. "Es ist nicht böse gemeint", versichern sie. Die Maßnahme trägt offenbar Früchte. "Das bringt etwas", sagt eine Kassenmitarbeiterin. "Wir bekommen Zuspruch von anderen Kunden, und ich erlebe es auch, dass die Leute ihr Handy weglegen, sobald sie das Schild gesehen haben. "

Mit dem Problem sind die Weigls nicht allein. "Das kommt vor, aber man will die Kunden ja nicht vergraulen", sagt Markus Spiess, Pächter der Tankstelle Total an der Manchinger Straße. Gibt sich der Kunde wortkarg, weil er lieber telefoniert, seien die Mitarbeiter angehalten, so lange nachzufragen, bis sie eine klare Antwort erhalten, was er wünscht. "Wenn nichts kommt, dann muss das Handy auch mal zur Seite gelegt werden. Das hat einfach etwas mit Anstand zu tun", so Spiess. Auch Kassierer seien Menschen, die korrekt behandelt werden möchten, so seine Auffassung. "Schließlich sind auch unsere Angestellten angehalten, immer freundlich zu sein. " Mitarbeiterin Michaela Feustel bestätigt: "Es gibt Kunden, die zeigen nur mit den Fingern, an welcher Säule sie getankt haben. Das hat schon etwas mit Respekt und Höflichkeit zu tun. " Nicht desto trotz sei die Zahl derer, die so vorgehen, gering.

An anderen Tankstellen sieht man das Problem nicht so eng, wie Nachfragen ergeben. Das komme vor, heißt es da mit einem Schulterzucken. Andere wiederum scheinen die wortlose Kommunikation an der Kasse generell nicht persönlich zu nehmen. "Das ist kein neues Thema, es gibt Schlimmeres", findet eine Tankstellenpächterin, die anonym bleiben möchte. Respektlos behandelt fühle sich in ihrem Team deswegen niemand. "Wenn einer schweigt, dann bediene ich einfach erst den Nächsten in der Reihe", sagt sie und räumt ein, es sei auch ihr schon passiert, dass sie an einem Schalter telefoniere, wenn es wichtig sei. "Ich finde das zwar unhöflich, aber mich persönlich stört das nicht. Andere regen sich da schon mehr auf", heißt es an einer Tankstelle im Ingolstädter Süden von einer Mitarbeiterin. Ein Problem seien auch Motorradfahrer, die ihren Helm auflassen. "Das dürfen sie eigentlich nicht", sagt die Frau. "Das passiert ständig, und es ist unverschämt", klagt die Mitarbeiterin einer weiteren Tankstelle. Vorwiegend handele es sich um jüngere Kunden, mittlerweile aber auch ältere. "Wenn gerade viel los ist, weise ich die Kunden schon darauf hin, das Telefonieren sein zu lassen", sagt sie. Dann bekomme sie ein überraschtes und freundliches "Entschuldigung" zu hören.
 

Michael Brandl