Ingolstadt
"Eine echte Vision für Ingolstadt"

SPD sieht auf dem Gelände der Staudinger-Hallen großes städtebauliches Potenzial - "Neue Wohnungen für 13000 Bürger"

14.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:24 Uhr
Ein neuer Stadtteil entlang der Bahnlinie: Wo heute die Staudinger-Hallen stehen, stellt sich die Ingolstädter SPD nach Münchner Vorbild eine betont dichte, nicht zu hohe Bebauung vor. Die auf dieser Grafik weiß gezeichneten Häuser liegen östlich der Gleise. −Foto: Hägel Architekten (Grafik)

Ingolstadt (DK) Im Oktober brach in einer der Staudinger-Lagerhallen beim Hauptbahnhof ein Großbrand aus. Dabei wurden wertvolle Objekte des Deutschen Museums, das hier ein Depot gemietet hat, zum Teil stark beschädigt. Das Feuer richtete wieder den Fokus auf das riesige Areal im Südosten. Die Ingolstädter SPD sieht hier ein "gewaltiges städtebauliches Potenzial in bester Lage". Tausende Wohnungen könnten entstehen. "Eine echte Vision für Ingolstadt!" Am Freitag hat die SPD ihre Gedanken erläutert.

Die Metaphorik innerhalb der Baumeisterzunft ist interessant: Wenn Joachim Hägel, Architekt mit Hang zur SPD, von "Zuckerwürfelarchitektur" spricht (was er gern tut), meint er nichts Reizvolles damit. Sondern ein Würfelchen hier, ein Würfelchen da - locker hingestreut über die Ingolstädter Fluren, auf denen die Räume immer enger werden. So könne es nicht weitergehen, sagt er. Die Stadt Ingolstadt müsse mutiger planen, um den Druck auf den Wohnungs- und Immobilienmarkt spürbar zu senken. Und kompakter bauen. Aber weniger nach oben, wie die Stadtführung es jetzt als neue Devise ausgegeben hat. Sechs Etagen maximal, sagt Hägel. "Denn je höher man baut, desto größere Abstandsflächen sind nötig. Wir brauchen eher eine dichtere Bebauung." Die SPD hat für ihre "Vision" vor allem ein Gelände im Auge: die Staudinger-Hallen.

Hier könnte ein "ganz neuer Stadtteil entstehen", glaubt die SPD-Stadtratsfraktion. Rund elf Hektar wären - entsprechende Eigentumsverhältnisse vorausgesetzt - für Bebauung geeignet, sagt Hägel. Wohnungen und Gewerbe gemischt. Ein Vorbild seien die modernen Gebäude zwischen der Erika-Mann-Straße und den Gleisen kurz vor der Einfahrt in den Hauptbahnhof München. Bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 60 Quadratmetern - der am meisten gefragte Zuschnitt - könnten anstelle der Staudinger-Hallen bis zu 4600 Wohnungen entstehen, haben Hägel und sein Team ausgerechnet. Dringend benötigter Platz für 13000 Bürger. Plus annähernd 100000 Quadratmeter Gewerbeflächen. Die könnten die Grundlage für 1500 neue Arbeitsplätze bieten. Hägel weist zudem auf die "sehr gute Infrastruktur in Ringsee" hin; an der Paul-Wegmann-Halle entstehe bald ein Schulzentrum. Großzügige Grünflächen sind ebenfalls Teil der Überlegungen, die Hägel und seine Genossen bewusst "Vision" nennen, nicht Plan. "Denn wir reden hier über etwas, das sich über 20 Jahre entwickeln würde." Aber man müsse eben jetzt anfangen und vor allem: Sich städtebaulich endlich mal etwas trauen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Werner hat für die Visionen der SPD (die auch das frei werdende Rieter-Gelände sowie das im Wesentlichen von Transport-Beton Ingolstadt besiedelte Weinzierl-Gelände an der Donau miteinbeziehen) den Oberbegriff "Mehr Urbanität für Ingolstadt" gewählt. "Denn wir können nicht so weitermachen wie bisher." Statt konsequent-großstädtisch baue man weiterhin vor allem "großzügige Reihenhäuschen". Ein Problem sei auch, so Werner, "dass Stadtentwicklung und Verkehrsplanung nie Hand in Hand gegangen sind. Man weist in Massen Bauland aus, fragt sich aber nicht, wie die vielen Leute da hinkommen sollen". Dagegen sei die Anbindung des Staudinger-Areals direkt am Hauptbahnhof hervorragend. "Da ist man in sieben Minuten am neuen Audi-Bahnhalt", fügt Robert Bechstädt an. Das könne die Straßen deutlich entlasten. Ein Industriegelände in einer Großstadt, noch dazu in einer so zentralen Lage, "ist heute nicht mehr zeitgemäß".

Man sollte die Staudinger-Hallen aber "innerhalb der Stadt verlegen, damit die Arbeitsplätze und die Gewerbesteuereinnahmen erhalten bleiben", sagt Stadtrat Anton Böhm. Hierbei sei es wichtig, dass die Stadt den Eigentümern entschlossen ein überzeugendes Angebot unterbreite. "Also nicht so, wie es im Fall Transport-Beton gelaufen ist: Einmal kurz nachfragen, ob sie es sich eventuell vorstellen könnten umzusiedeln. Und als die Antwort ,nein' lautete, hat es die Stadt gleich sein lassen."

Veronika Peters hat eine besondere Beziehung zu dem anvisierten Viertel im Südosten: "Ich wurde am Konkordiaweiher Nummer 8 geboren. Der hatte damals noch Wasser. Das ist ein wunderbares Gebiet, dort ist so viel möglich! Deshalb müssen wir jetzt die Diskussion eröffnen und anfangen, zu denken." Wie gesagt: Visionen sind gefragt.
 

Christian Silvester