Oberdolling
Amberger Werke schließen zum Jahresende

Rund 150 Mitarbeiter betroffen

06.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:53 Uhr
Letzte Kontrolle vor dem Verpacken - Mitarbeiterinnen im Amberger Dolli-Werk in Oberdolling sortieren Kartoffeln. −Foto: Horst Richter

Oberdolling (DK) Paukenschlag bei den Amberger Werken in Oberdolling: Das niederländische Unternehmen Aviko, das den Familienbetrieb mit den bayerischen Kartoffelprodukten 2014 in sein Portfolio aufgenommen und 2017 komplett übernommen hatte, hat beschlossen, die gesamten Geschäftsaktivitäten dort bis Ende dieses Jahres einzustellen. Sämtliche rund 150 Mitarbeiter sind betroffen.

Eigentlich wollte Aviko den Standort im Rahmen eines Masterplans für 2017 bis 2019 zu einem "Schwerpunktstandort für Regionalprodukte" machen - vor allem für die Marke "Feldmühle". Im vergangenen und in diesem Jahr seien deshalb "erhebliche Investitionen getätigt und Instandhaltungs- und Organisationsprogramme umgesetzt" worden, wie Aviko-Geschäftsführer Bert-Jan Loman gestern gegenüber unserer Zeitung sagte. Damit sollten die betriebliche Effizienz verbessert, die Produktionsstabilität erhöht und die Reaktivierung der regionalen Feldmühle-Strategie vorbereitet werden.

Trotz dieser Maßnahmen und der "engagierten Bemühungen vieler Beteiligter" seien die erhofften Verbesserungen nicht erreicht worden. Und Loman fügt an: Trotz Extrainvestitionen sei Aviko nach fast zwei Jahren "noch weit weg vom Plan". Der Weg aus den in den Jahren vor der Komplettübernahme angefallenen Verlusten sei nicht geschafft worden. Und auch "hochgerechnet auf 2019" seien die Erwartungen nicht mehr zu erfüllen, weshalb sich Aviko zur Schließung des Standorts entschlossen habe.
Seit Montag seien deshalb alle etwa 150 Mitarbeiter freigestellt. Wegen der "sehr hohen Loyalität gegenüber Aviko" sei aber dennoch am Dienstagmorgen ein "Kernteam" zur Arbeit erschienen, das bis Ende des Jahres anfallende Arbeiten abwickelt.

Mit allen Beteiligten soll nun ein Sozialplan "zur Bewältigung der sozialen Folgen" erarbeitet werden, so eine Aviko-Mitteilung. Dass betroffene Mitarbeiter aus Oberdolling in das dazu nächstgelegene Aviko-Werk nach Rain am Lech wechseln, hält Loman zwar nicht für ausgeschlossen, aber für relativ unwahrscheinlich. Zum einen sei die Entfernung zwischen den beiden Standorten doch relativ groß, zum anderen seien in dem Tiefkühlwerk in Rain andere Fertigkeiten gefragt als in dem Frischkartoffelwerk in Oberdolling, sodass "wohl nicht viele Mitarbeiter" infrage kämen. Aviko wolle aber die betroffenen "Leute nicht fallen lassen". Vielmehr solle mit jedem Mitarbeiter ein individuelles Gespräch geführt werden, denn Aviko wolle die "Leute woanders unterbringen". Dafür sieht Loman auch gute Chancen. Zum einen, weil die Belegschaft sehr gut sei, und zum anderen, weil in der Region praktisch Vollbeschäftigung herrsche und Leute gesucht würden. Im Übrigen würde Aviko natürlich bei der Bezahlung der Mitarbeiter die deutschen Gesetze befolgen.

Nach Informationen unserer Zeitung werden bis Mai 2019 die Gehälter bezahlt, aber die Mitarbeiter dürfen zu Hause bleiben. Als Abfindung soll es die Hälfte eines Monatsgehalts geben.

Dies wollte Loman nicht bestätigen, er werde "keine Aussage über Einzelne" machen, so der Geschäftsführer. Er äußerte sich aber zu den Gebäuden. Aviko wolle das Logistikzentrum mit dem Verwaltungsgebäude, das etwas außerhalb von Oberdolling liegt, ebenso verkaufen wie das Werk selbst, das im Ortszentrum angesiedelt ist.

Zusammenfassend sagte Loman, dass die Entwicklung "tragisch" sei und sich Aviko alles "total anders vorgestellt" habe.

Das geht auch dem Oberdollinger Bürgermeister Josef Lohr nicht anders. "Es trifft uns", sagte er, vor allem wegen der wegfallenden Arbeitsplätze, auch wenn viele Aviko-Mitarbeiter nicht ortsansässig seien. Das "Wichtigste an der Problematik" sei deshalb nun, für die Betroffenen schnellstmöglich neue Stellen zu finden. Er sei "schon geschockt" gewesen, als er die Nachricht von der Schließung bekam, so Lohr. Sie sei "für uns überraschend" gekommen, gerade angesichts der Millioneninvestitionen, die Aviko in den knapp zwei Jahren seit der Komplettübernahme der Amberger-Werke getätigt hatte. Vor Wochen sei von der Entwicklung noch nichts erkennbar gewesen, so der Bürgermeister.

Jetzt sei aber auch die Gemeinde gefordert, in den anstehenden Gesprächen mit der Aviko-Firmenleitung sowie bei einem kurzfristig anberaumten nicht-öffentlichen Treffen des Gemeinderats neue Arbeitsplätze für die Betroffenen, aber auch Lösungen für die freiwerdenden Grundstücke zu finden.

Ignaz Lechermann aus Wackerstein, Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft für Qualitätskartoffeln Ingolstadt, nannte die Entscheidung "einfach traurig", denn "es bricht wieder ein Abnehmer weg". Lechermann meinte aber auch, man müsse jetzt die Entwicklung abwarten: "Wie hart es uns trifft, wird sich erst in den nächsten Jahren herausstellen."

Uwe Ziegler