Ingolstadt
Mit Axt und Messer zur Beschwerdestelle

52-jähriger Staatenloser löst Polizeieinsatz am Alten Rathaus aus - Festnahme ohne Widerstand

26.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:07 Uhr
Einsatz vor dem alten Rathaus in Ingolstadt −Foto: Eberl, Stefan, Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Aufregende Minuten für Bedienstete der Stadtverwaltung im Alten Rathaus: Ein aufgebrachter Mann hat dort am Freitagmorgen die beiden Beschwerdemanager des Hauptamtes mit einer Axt und einem Messer bedroht und so einen größeren Polizeieinsatz ausgelöst.

Zum Glück war der Spuk schon kurz  darauf vorbei; der  Täter ließ sich  vor dem Gebäude widerstandslos  festnehmen. Es ist auch niemand zu Schaden gekommen.

Mehrere urplötzlich auf dem Rathausplatz aufkreuzende Streifenwagen ließen Passanten um kurz nach 9 Uhr nichts Gutes ahnen – da war offenbar Gefahr im Verzug. Tatsächlich war aus dem Alten Rathaus um 9.05 Uhr ein Notruf in der Einsatzzentrale eingegangen, der auf einen drohenden Gewaltakt hindeutete: Ein 52-jähriger Mann hatte nach späterer Auskunft des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord den Beschwerdemanager und seinen Mitarbeiter in ihrem Büro bedroht. Wie die Polizei schreibt, soll er sich dort  „lautstark empört über einen Stilllegungsbescheid für sein Fahrzeug“ gezeigt und eine Rücknahme dieser Entscheidung gefordert haben.  Es blieb aber offenbar  bei einer Drohgebärde.  Axt und Messer wurden zum Glück nicht weiter eingesetzt.

Bei  seiner Festnahme hatte der   52-Jährige  die Tatwaffen allerdings nicht mehr bei sich. Da davon auszugehen war, dass er sie irgendwo im Rathaus oder in der Nähe versteckt hatte, wurden Rathausplatz und   Räume des Verwaltungsgebäudes abgesucht. Axt und Messer fanden sich dann auf einer Toilette. 
Bei dem Täter handelt es sich nicht um einen deutschen Staatsbürger. Der Mann, der in der Vergangenheit bereits mehrfach bei der Verwaltung in Erscheinung getreten sein soll, ist nach Auskunft der Polizei staatenlos.        Zu  etwaigen Vorstrafen und zur ursprünglichen Herkunft des 52-Jährigen war  am Freitag  im Polizeipräsidium nichts bekannt. Er soll aber in Ingolstadt gemeldet sein, was sich auch durch die Zuständigkeit der Stadt für die  Fahrzeugstilllegung erklärt. Der mutmaßliche Täter  blieb in Polizeigewahrsam und soll auf Anordnung der Staatsanwaltschaft an diesem Samstag dem Haftrichter vorgeführt werden. 

Laut Polizei wurde am Samstag gegen den 52-Jährigen Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr angeordnet. Die Ermittlungen dauern an.

Stadtdirektor Hans Meier,  vormals  lange Chef des Hauptamtes und auch in seiner neuen Funktion  unter anderem für das städtische Beschwerdemanagement zuständig, mochte bei  DK-Anfrage am Freitag nicht näher auf  Einzelheiten des  Vorfalls eingehen.  Er erklärte aber, dass es sich um einen völlig unerwarteten „Auftritt“ des Störenfrieds gehandelt habe. Der Besuch sei nicht angekündigt  gewesen. 

 Der Beschwerdemanager der Stadt und sein  Mitarbeiter haben ihr Büro im Erdgeschoss des Alten Rathauses, praktisch unmittelbar rechts hinter dem Eingangsbereich. Das soll Bürgernähe vermitteln.   Direkter Publikumsverkehr ist hier während der Geschäftszeiten der Verwaltung durchaus üblich – allerdings meistens  nach Vereinbarung.  Durch ihre  „Frontstellung“ sind  die Mitarbeiter der Beschwerdestelle  zwangsläufig auch ein Puffer der Verwaltung, der manche durch strittige Themen  ausgelöste Aufwallungen aushalten muss. Dass Besucher Gewalt androhen, ist aber die absolute Ausnahme.

Am Freitagmorgen ging der Betrieb der Verwaltung nach Abzug der Polizei übrigens wie gewohnt weiter. 
Seinerzeit hatte ein bewaffneter  Geiselnehmer Bürgermeister Sepp Mißlbeck und seine Sekretärin sowie den damaligen Beschwerdemanager für mehrere Stunden in seiner Gewalt gehabt. Die dramatische Lage war erst durch  den  spektakulären Zugriff eines Sondereinsatzkommandos der Polizei geklärt  worden.  Der Täter war dabei  angeschossen und später in einem Prozess vor dem Landgericht zu einer Haftstrafe von gut acht  Jahren verurteilt worden. Die Verwaltung hatte ihre Lehren aus dem Vorfall gezogen und mehr  Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Laut Stadtdirektor Meier beschäftigt sich seither eine interne Arbeitsgruppe mit Gefahrenabwehr und Alarmierungswegen. Zu den  Einzelheiten soll aber nichts bekannt werden. 

Restloser Schutz  vor  unliebsamen Zwischenfällen ist offensichtlich ohnehin  nicht möglich. Das hatte sich auch im November 2017  bei der Geiselnahme im Pfaffenhofener Landratsamt gezeigt. Hier hatte sich der Täter ebenfalls einer Sekretärin bemächtigt, um Druck in einer Familiensache auszuüben. Er gab schließlich auf und wurde später ebenfalls verurteilt.