Ingolstadt
Zumindest die Technik funktioniert

Bund und Länder streiten sich wegen des Digitalpakts - das bleibt nicht ohne Folgen für die Kommunen

12.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:23 Uhr
Erfolgserlebnisse statt Unbehagen - ein Ziel digitaler Bildung. Hier Schülerinnen beim Forscherinnen-Camp der THI 2017. −Foto: Eberl /Archiv

Ingolstadt (DK) Der Dissens zwischen Bund und Ländern über die Förderung der digitalen Bildung in den Schulen - Stichwort Digitalpakt - wirft auch auf der kommunalen Ebene grundsätzliche Fragen auf: Was müssen Städte, Kreise und Gemeinden für die digitale Technik in den Klassenzimmern leisten? Was haben sie bereits alles getan? Wo ist der Freistaat gefordert? Wo hakt es? Dass die Suche nach Antworten so manche Kontroverse aufwirft, sieht man auch in Ingolstadt.

Bund und Länder liefern sich derzeit eine Auseinandersetzung, die für viele Außenstehende schwer zu verstehen ist: Die Bundesregierung möchte mit fünf Milliarden Euro die Ausstattung aller Schulen der Republik mit digitaler Technik verbessern und Fortbildungen für Lehrer auf diesem Terrain finanzieren. Der Bundestag hat dafür am 29. November das Grundgesetz geändert. Doch die Länder wollen am morgigen Freitag im Bundesrat einmütig gegen diese Änderung stimmen, weil sie um ihre Bildungshoheit fürchten; der Geldsegen aus Berlin droht auf ein Konfliktfeld herniederzuprasseln. Die Ministerpräsidenten kritisieren vor allem, dass sie ab dem Jahr 2020 auf jeden Euro, den ihnen der Bund für Bildung überweist, aus der eigenen Landeskasse einen Euro drauflegen müssen. So sieht es die Novellierung der Verfassung vor. Der Digitalpakt wäre davon noch noch betroffen. Aber hier wird Grundsätzliches ausgefochten.

Auf der kommunalen Ebene findet der Dissens Fortsetzung. Die Ingolstädter SPD-Stadtratsfraktion beantragt, wie berichtet, die Stadtverwaltung möge für den Fall, dass Geld aus dem Berliner Digitalpakt nach Ingolstadt fließen sollte, ein Konzept für die Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik erarbeiten. Denn wenn der Bund wirklich zahle, "sollte Ingolstadt in der Lage sein, schnell zu reagieren".

Diese Initiative ist im Rathaus auf dezenten Widerspruch gestoßen. Denn so ein Konzept gebe es bereits, merkt Presseamtsleiter Michael Klarner an. Im April dieses Jahres hat OB-Referent Christian Siebendritt angekündigt, dass die Stadt bis 2020 zusätzlich 3,6 Millionen Euro in die Digitalisierung der Bildungseinrichtungen, Kindertagesstätten und Schulen in Ingolstadt investieren werde. Schon im laufenden Haushaltsjahr werde "knapp eine halbe Million Euro für Neu- und Ersatzbeschaffungen multimedialer Ausstattungen in den Schulen verwendet".

Die EDV-Verkabelung in allen Schulhäusern und Klassenzimmern, der Ausbau des WLAN-Netzes (geplant sind ca. 500 Anschlüsse) sowie die Ausstattung aller 1090 Klassenzimmer mit fest installierten Multimedia-geräten (Beamer, Dokumentenkameras, Whiteboards) sind auf den Weg gebracht. Laut Kulturreferent Gabriel Engert verfügen derzeit rund 900 Klassenzimmer darüber. Außerdem sollen alle Schulen Tablet-PCs erhalten.

Siebendritt spricht von einem Beitrag der Stadt zur "Chancengleichheit im Hinblick auf die Bildungsvoraussetzungen, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern". Engert ergänzt: "Wir brauchen eine IT-Ausstattung, die nicht nur reine Wissensvermittlung ermöglicht, sondern alle Schüler beim Erwerb von Kompetenzen wie Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz unterstützt und sie optimal auf die Anforderungen einer zunehmend digitalisierten Berufswelt vorbereitet."

Im Mai beschloss der Stadtrat, im Zuge der Initiative "Digitales Ingolstadt - Zukunftsfähiges Ingolstadt" die 28 städtischen Kitas mit 56 Laptops, 28 Tablet-PCs und 28 Großbildschirmen auszustatten. Dafür stehen rund 200000 Euro zur Verfügung. Das Votum erfolgte einstimmig, allerdings waren zuvor im Kulturausschuss Bedenken laut geworden: Mancher Stadtrat sieht den Einsatz digitaler Medien für die Bildung von Krippen- und Kindergartenkindern skeptisch; die letzte Debatte hierüber ist gewiss noch nicht geführt worden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Achim Werner äußerte sich gestern auf Anfrage zur Erwiderung des Presseamts auf den Antrag seiner Partei: "Es geht uns darum, dass die Stadt vorbereitet ist, wenn Förderung aus Berlin fließt, und sofort die Anträge stellen kann." Das sei mit dem Antrag der CSU zum 365-Euro-Ticket für Ingolstadt vergleichbar. "Bisher muss die Stadt bei der Digitalisierung noch in Unkenntnis möglicher Förderung des Bundes planen." Man dürfe hier nichts verpassen.

Die ablehnende Reaktion des Presseamts ärgert ihn: "Die SPD hat heuer schon 100 Anträge gestellt - und alle waren nach Ansicht der Stadtspitze Mist" , sagt Werner. "Die sollen jetzt endlich auch mal begründen, was geht. Und nicht immer nur, was angeblich alles nicht geht. Denn sonst können wir bald aufhören, Kommunalpolitik zu machen!"

Für den Digitalpakt-Dissens zwischen Bund und Ländern hat er auch eine Bemerkung übrig: "Typisch deutsch! Da soll viel Geld in die Länder fließen - aber die fürchten um ihre Bildung."

 

Christian Silvester