Ingolstadt
Weiterer CSU-Stadtrat vor dem Absprung?

Josef Rottenkolber erwägt, aus CSU-Fraktion auszutreten

17.07.2018 | Stand 02.12.2020, 16:04 Uhr
Will der CSU-Fraktion möglicherweise den Rücken kehren: CSU-Stadtrat Josef Rottenkolber. −Foto: DK-Archiv

Ingolstadt (DK) Steht der Ingolstädter CSU nach dem Fraktionswechsel Dorothea Soffners ein weiterer Absprung bevor? CSU-Stadtrat Josef Rottenkolber bestätigte gestern Informationen unserer Zeitung, dass er erwäge, die Fraktion zu verlassen. Eine endgültige Entscheidung habe er aber noch nicht getroffen, betont er.

Nach der nächsten Stadtratssitzung, spätestens in der Sommerpause, will Rottenkolber, der dem Ingolstädter Stadtrat seit 2008 angehört, ein Gespräch mit Oberbürgermeister Christian Lösel und der CSU-Fraktionsvorsitzenden Patricia Klein führen. „Es kann passieren, dass ich die Fraktion verlasse“, so Rottenkolber. Er sei CSU-Mitglied und gehöre der Stadtratsfraktion auch noch an, betonte er gestern, bestätigte aber auch: „Es hat gewisse Differenzen gegeben.“ Ein konkretes Thema, bei dem es Unstimmigkeiten zwischen ihm und dem Rest der Fraktion gebe, wollte er nicht nennen, machte allerdings auch kein Geheimnis daraus, dass es, wie auch von anderer Seite zu hören war, schon länger brodele. Er fühle sich insgesamt von der Fraktion „zu wenig mitgenommen“, sagte Rottenkolber auf Anfrage.

CSU-Fraktionsvorsitzende Patricia Klein äußerte sich zu dem Thema sehr zurückhaltend. Sie bestätigte, dass Rottenkolber vor seinem Urlaub angekündigt habe, die Fraktion zu verlassen. Es sei vereinbart gewesen, nach dem Urlaub Gespräche zu führen. Deshalb wolle sie die Angelegenheit gegenwärtig nicht bewerten. „Ich warte darauf, dass wir drüber reden. Wir werden uns in Kürze zusammensetzen“, so Klein.

Der 53-jährige CSU-Mann aus dem Stadtteil Mailing-Feldkirchen gehört einer ganzen Reihe von Ausschüssen und Zweckverbänden an. Unter anderem ist Rottenkolber im Aufsichtsrat der Stadtwerke Ingolstadt Freizeitanlagen sowie der BioIN GmbH, außerdem sitzt er im Verwaltungsrat der IFG und im Ältestenrat. Er habe der CSU etwa 200 neue Mitglieder gebracht. „Ich habe gesammelt wie kein anderer.“ Im Stadtrat sei er eher ruhig gewesen, innerhalb der Fraktion habe er jedoch oft und deutlich seine Meinung gesagt − auch gegenüber Oberbürgermeister Christian Lösel. Ein Verhalten, das ihm innerhalb der Fraktion wohl nicht nur Freunde einbrachte.

Die Frage, bei welchen Themen konkret es unterschiedliche Vorstellungen zwischen ihm und der Fraktion gebe oder, ob sich seine Kritik auf den nicht unumstrittenen Führungsstil Lösels beziehe, wollte Rottenkolber im Hinblick auf das noch ausstehende Gespräch nicht beantworten. Dass er das Gefühl habe, bei einer abweichenden Meinung auf wenig Akzeptanz zu stoßen, war aber deutlich herauszuhören. „Ich versuche, aktiv mitzumachen, und die Leute schätzen das“, so Rottenkolber. Bei der Kommunalwahl 2014 hatte er im Stadtteil Mailing auf Listenplatz 20 beachtliche 2697 Stimmen für sich verbuchen können − 600 mehr als Christian Lösel auf Platz 1.

Nun scheint Rottenkolber von der Politik beziehungsweise der Stimmung innerhalb seiner Fraktion zunehmend frustriert. Bis zur Stadtratssitzung am 26. Juli will Rottenkolber nicht an den Fraktionssitzungen teilnehmen. Allein dieses Verhalten zeigt, dass es dem Stadtrat durchaus ernst ist und er im Fall des Falles tatsächlich die Fraktion verlassen wird. Zu einer anderen Fraktion wechseln will er nach eigener Aussage nicht. Sollte es zu einer Trennung kommen, wäre er bis zum Ende der Wahlperiode fraktionslos im Stadtrat. „Bei der nächsten Wahl werde ich definitiv nicht mehr antreten.“ Ohne Rottenkolber würde die CSU-Fraktion nur noch 20 der 50 Stadträte stellen. Bereits mit dem Wechsel Dorothea Soffners zur Fraktion der UDI hat die CSU/FW-Rathauskoalition die Mehrheit im Stadtrat verloren. Nicht nur innerhalb der Stadtratsfraktion scheint es zu gären, auch innerhalb der CSU allgemein. Georg Jehn etwa, der 30 Jahre den Stadtteil Mailing-Feldkirchen für die CSU im Stadtrat vertreten hat, ist mit der derzeitigen Politik der Christsozialen zunehmend unzufrieden. Der Kurs von Innenminister Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder in der Asylpolitik „gefällt mir nicht besonders“. Gerüchten, dass er sich mit dem Gedanken trage, aus der CSU auszutreten, widerspricht Jehn aber vehement. In der Politik gebe es immer wieder mal unterschiedliche Anschauungen. „Dass ist kein Grund, gleich auszutreten.“ Von den Problemen Rottenkolbers innerhalb der CSU-Fraktion hat auch Jehn mitbekommen. Würde er der Fraktion den Rücken kehren, „würde ich das sehr bedauern. Rottenkolber hat bisher den Ort im Stadtrat gut vertreten.“

Ein Kommentar von Thorsten Stark

Nicht zum ersten Mal hadert Stadtrat Josef Rottenkolber mit seiner CSU-Fraktion, demnächst könnte es tatsächlich zum endgültigen Bruch kommen. Es wäre die nächste Neuorientierung innerhalb eines Stadtrates, in dem die Unzufriedenheit seiner Mitglieder auch in den Sitzungen immer wieder zutage tritt. So manche(r) fühlt sich nicht mehr mitgenommen, hält das Tempo, mit dem von Meilenstein zu Meilenstein gesprungen wird, zu hoch, offenbar auch innerhalb der CSU-Fraktion.

Rottenkolber muss sich nun gut überlegen, ob er noch einen Rückzieher macht − denn der nächste Konflikt käme bestimmt. Thorsten Stark