Ingolstadt
Vom Kindergarten in die Stadtbahn

Neben den kommunalen Pflichtaufgaben gibt sich der Stadtrat auch einer Verkehrsvision hin

12.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:38 Uhr
In der jetzt leeren Wohnanlage der GWG an der Gustav-Adolf-Straße entstehen nach Sanierung und Umbau eine Krippe und ein Kindergarten für rund 300 Kinder. Die Plätze werden dringend benötigt. −Foto: Hauser/Archiv

Ingolstadt (DK) Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am Donnerstag neben den Themen mit großer Brisanz und hohem Debattenbedarf - wie berichtet: mysteriös verschwundene Akten und ein umstrittenes Schulbauprojekt im zweiten Grünring - auch zahlreiche Themen mit weitaus weniger Konfliktpotenzial abgearbeitet. Zwei kommunale Aufgaben ziehen sich leitmotivisch durch die Arbeit des Stadtrats: der Bau von sehr vielen Kindertagesstätten und Schulen samt ihrer Ausstattung. Außerdem ging es um den Wunsch nach mehr Polizisten und einer Stadtbahn.

In Ingolstadt: Der Andrang ist stark, doch jedes Kind bekommt einen Platz in einer Krippe oder einem Kindergarten (wenn auch nicht immer im Wunschhaus), das kann das Amt für Kinderbetreuung versprechen. Die Stadt investiert viel, um das Angebot zu erhöhen. Weitere Kita-Plätze schaffen die Freien Träger Bürgerhilfe, der Verein Atlantik und die Gesellschaft zur Förderung beruflicher und sozialer Integration (gfi); die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt (GWG) kooperiert mit der Bürgerhilfe und der gfi an drei Standorten.

Und weil die Stadt so entschlossen den Kita-Bau vorantreibt, darf man das wohl auch mal selbstbewusst sagen als Politikerin. Allerdings begann die CSU-Fraktionsvorsitzende Patricia Klein ihren Beitrag mit einer kleinen Stichelei: Die Mutter von zwei Kindern dankt der Stadtverwaltung "für ihr flexibles Reagieren". Das sei um so anerkennenswerter, weil es in Bayern "viele Städte gibt, die nicht in der Lage sind, den Bedarf an Kita-Plätzen abzubilden". Man darf vermuten, dass die CSU-Politikerin damit eher SPD-regierte Städte meinte.

Die Pläne, die Fertighäuser an der Gustav-Adolf-Straße in eine riesige Kindertagesstätte mit 300 Plätzen umzuwandeln, wird vom Stadtrat begrüßt, allerdings von Hans Stachel (FW) auch kritisch begleitet. Wie berichtet, hat die GWG die kleinen Reihenhäuser gegenüber der Asam-Mittelschule und der Fronhofer-Realschule als Unterkunft für junge Flüchtlinge geschaffen, die dort selbstständig wohnten. Doch die inzwischen entmietete Anlage muss schon nach zwei Jahren und vielen Problemen mit den Bewohnern saniert werden. Stachel wies darauf hin, dass eine Kita mit rund 300 Kindern (anvisiert sind 96 Krippen- und 196 Kindergartenplätze schon sehr, sehr groß sei. Da gelte es um so mehr darauf zu achten, "dass alle Vorgaben eingehalten werden, vor allem bei den Freiflächen, denn wir wollen keine Kita light". Er bat auch, daran zu denken, "dass das Umfeld nicht vom massiven Publikumsverkehr in Mitleidenschaft gezogen wird", der vor einer Einrichtung mit 300 Kindern zu erwarten sei. Nicht zu vergessen: Rund um die nahe Bezirkssportanlage Südwest (die Heimat der DJK) herrsche schon jetzt Parkplatzmangel.

Kulturreferent Gabriel Engert (sein Referat ist auch für die Kitas zuständig) konnte Stachels Sorgen abschwächen: "Die Regierung muss die Kita genehmigen. Selbstverständlich muss alles den Vorschriften entsprechen! Anders ist das gar nicht denkbar." Parkplatzgerangel zwischen Eltern und Sportlern erwartet Engert nicht, zumindest nicht abends. "Denn dann ist in der Kita niemand mehr."

Die GWG baut die ehemalige Wohnanlage im Zuge der Sanierung komplett um. Die beiden mittleren der zweistöckigen Gebäude werden für die Gemeinschaftsräume der Kinder hergerichtet. Mit dieser Groß-Kita sei die Stadt in der Lage, "die nicht berechen- und planbare Steigerung bei der Kinderzahl aufzufangen", so Engert am Freitag auf Anfrage des DK. Allein die neue Regelung des Kultusministeriums zur Möglichkeit der späteren Einschulung habe der Stadt Ingolstadt kurzfristig 100 Kinder mehr beschert, die mit Plätzen versorgt werden müssen, weil sie ein Jahr länger im Kindergarten bleiben.

Schule Auf der Schanz: Die Schüler, Lehrerinnen und Lehrer machen seit drei Jahren einiges mit: So lange wird auf dem Schulgelände - dem alten Allwetterplatz - eine Turnhalle gebaut. Aber nicht etwa für die Grund- und Mittelschule, sondern für das nahe Reuchlin-Gymnasium; ein ungewöhnlicher, dem Platzmangel in der Altstadt geschuldeter Vorgang. Der Trakt mit den beiden Turnhallen des Reuchlins liegt jetzt in Trümmern, im Neubau, der hier entsteht, ist aber nur noch eine Halle vorgesehen, deshalb muss die zweite extern gebaut werden: Auf der Schanz. Eigentlich sollte der Sportbau auf der kleinen Wiese vor dem Haupteingang der denkmalgeschützten Schule hochgezogen werden, aber dem standen starke Bedenken im Weg. Und weil die Halle nun auf dem Allwetterplatz entsteht (wie es heißt, soll sie noch in diesem Monat fertig sein), kommt der neue Allwetterplatz - denn einen solchen braucht die Schule - auf die Wiese vor dem Schultor.

Die Schulfamilie freue sich auf die neue Sportstätte unter freiem Himmel, berichtete Karl Ettinger (FDP), der mit Schulleitung und Elternbeirat gesprochen hat. Im Verfahren gibt es allerdings eine Änderung: Der Stadtrat zog die Beschlussvorlage zurück und entschied, zwei Gewerke für den kleinen Sportplatz, die teurer geworden sind, beschränkt neu auszuschreiben. Das soll die Kosten senken. Ohne signifikante Zeitverluste, hieß es, könnte der neue Allwetterplatz nach den Sommerferien fertig sein. Auch Simona Rottenkolber (CSU) bat darum, der Schulfamilie unbedingt weit entgegenzukommen, eben weil sie in den vergangenen Jahren einiges mitgemacht hat.

Mehr Polizisten: Heftig war ein Fön aus München über Achim Werner gekommen. Also nicht der Föhn als Schönwetterperiode, sondern ein Gegenwind aus dem von der CSU geführten Innenministerium inklusive Minister höchstpersönlich und auch dem in Polizeifragen außerordentlich versierten Ingolstädter Landtagsabgeordneten Alfred Grob. Werner, bekanntlich ein SPD-Mann, hatte sich erdreistet, das Ministerium zu kritisieren. Das habe seine Zusagen nicht eingehalten, die Schanz überproportional mit zusätzlichen Männern zu versorgen. Die Antwort kam, wie gesagt, heftig via eigener Pressemitteilung. Zusammengefasst: Stimme ja alles nicht.

Nun hörte sich das im Stadtrat doch ganz anders an, als Werner noch einmal ansetzen durfte und seine Kritik wiederholte - mit dem Ziel, eine gemeinsame Forderung des Stadtrats nach mehr Polizisten schriftlich zu formulieren und in Richtung München abzusenden. Werner spreche da schon vieles korrekt an, musste Hans Süßbauer (CSU), selbst einst Kriminalbeamter, konstatieren. Er unterstütze alles, "egal, von wem es kommt", um mehr Köpfe in die Region zu bekommen - und damit auch der Rest der CSU. So ging der Antrag der SPD tatsächlich durch.

Gelegenheit, dem Innenminister auf den Zahn zu fühlen, besteht am Montag, 22. Juli, wenn sich Joachim Herrmann zur Neuauflage der regionalen Sicherheitskonferenz einstellt, wie OB Christian Lösel im Stadtrat als gerade eingetrudelte Neuigkeit verkündete.

Stadtbahn: Ein Sturm der Begeisterung fegte in Person von Dorothea Soffner (UDI) durch den Sitzungssaal, als es um die Frage nach mehr Bahnhalten in der Region und besonders die Idee einer Tram für Ingolstadt ging. "Super, wenn wir das weiter verfolgen", sagte Soffner, die ausdrücklich die von ihr verlassene CSU und auch namentlich Bürgermeister Albert Wittmann lobte. Die Regierungspartei hatte einen eigenen Antrag zur Stadtbahn eingereicht und die Prüfung möglicher Trassen gewünscht. "Es wäre super", freute sich Soffner, "wenn das Thema nicht wahlkampfmäßig zerfleddert wird." Bei möglicher 80-prozentiger Förderung durch den Staat sei das Geld, "das wir gerne mitnehmen sollten".

Nun wird also geprüft. Und der Stadtrat fährt in einigen Wochen zu einer Informationstour nach Regensburg, wo sich die Stadt im vergangenen Jahr schon für den Bau eines Tramnetzes entschieden hat.

Angesichts dieser Entscheidung hat sich die lose zusammengefundene Gruppe engagierter Ingolstädter, die sich - wie berichtet - für die Errichtung einer Tram einsetzen will, entschlossen, ihr Anliegen nicht noch mehr in die Öffentlichkeit zu tragen. Man sei mit der aktuellen Entwicklung zufrieden und werde nun erst einmal abwarten, hieß es auf DK-Anfrage. Die sowohl parteiübergreifende als auch völlig parteiferne Initiative hatte sich in der vergangenen Woche zu einem ersten Koordinationsgespräch getroffen. Die Straßenbahn-Befürworter werden in Kontakt bleiben und aktiv werden, falls die Angelegenheit aus ihrer Sicht nicht mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werde.

Stadtteiltreff Augustinviertel: Auf den Weg gebracht ist nun auch der Stadtteiltreff an der Stollstraße, der an der Stelle der Hausmeisterwohnung der Wilhelm-Ernst-Schule gebaut wird - und zwar wegen der zu erwartenden Förderung nur eingeschossig. Aber der Bau soll statisch so ertüchtigt werden, dass ein zweiter Stock bei Wunsch und Bedarf problemlos draufgesattelt werden kann.

Christian Rehberger, Christian Silvester