Vohburg
Uniper-Werkleiter unter Beschuss

Oliver Schwadtke stellt im Vohburger Stadtrat die Pläne um Block 6 vor und muss sich Einiges anhören

16.01.2019 | Stand 02.12.2020, 14:50 Uhr
Voll besetzter Rathaussaal: In der Stadtratssitzung mit dem Hauptthema Uniper mussten sogar zusätzliche Stühle aufgestellt werden. Die Diskussion lockte viele Irschinger und Vohburger an. Vorne rechts (mit dem Rücken zur Kamera) Bürgermeister Martin Schmid, Dritter von rechts Uniper-Werkleiter Oliver Schwadtke. −Foto: Konze

Vohburg (DK) "Das war sicher eine der längsten Diskussionen im Stadtrat", resümierte Bürgermeister Martin Schmid (SPD) am Dienstagabend in der Vohburger Sitzung nach Tagesordnungspunkt 1. Aber das Thema war es auch wert, von allen Seiten beleuchtet, konstruktiv und manchmal auch emotional diskutiert zu werden. Es ging um das Irschinger Kraftwerk und Block 6, der bis 2022 gebaut werden und dann ans Netz gehen soll.

"Wir brauchen das nicht, wir brauchen null, wir wollen das nicht." Es klang fast schon wie ein Hilfeschrei, was Werner Ludsteck, Stadtrat der Aktiven Vohburger (AV), sagte. "Mit den Blöcken vier und fünf wurden doch Millionen in den Sand gesetzt. Zahlen das wir als Stromzahler?", fragte Bianca Amann (AV). Peter Schärringer (AV) legte noch eins drauf: "Wir leben hier, und Sie bieten uns, fast wie auf einem Basar, ein bisschen was an. Was ist mit Emissionen, das gehört doch dazu zur ganzen Wahrheit." Am Ende fragte er noch, was denn wäre, wenn die Menschen nicht mehr nach Vohburg ziehen wollten, weil sie hier von Großemittenten umgeben sind.



Spätestens da wusste Oliver Schwadtke, Werkleiter von Uniper, was auf ihn an diesem Abend zukommt. Nachdem Ernst Müller (FW) von "fünf vor zwölf" bei der Energiewende sprach und meinte, "wir müssen wieder herhalten. Ich finde es nicht gut, dass wir wieder dran glauben müssen", wurde es für Schwadtke weniger heftig. Sabine Brunnhuber (SPD) fragte, warum Irsching diesen Block 6 bekomme. "Weil im Bieterwettbewerb der Günstigste den Zuschlag erhält. Uniper hat die besten Rahmen- und Einspeisebedingungen geboten. Am Ende hat der Preis entschieden."

Zu Beginn der Sitzung hatte Schwadtke im voll besetzten Sitzungssaal Stadträten und Zuhörern alles Wichtige rund um Block 6 erzählt. Er veranschaulichte mit Grafiken, welche Energiemenge fehlt, wenn 2022 das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet wird, zeigte auch, welchen Anteil die Kohlekraftwerke noch am Strommix haben. "Wenn Atom- und Kohlestrom versiegen, werden die Blöcke vier und fünf in Irsching in die Versorgungslücke stoßen und wieder am Netz und nicht mehr nur Reservekraftwerk sein." Denn, auch das zeigte Schwadtke anhand einer Grafik, die regenerativen Energien können das derzeit nicht auffangen. Am 10. Januar zum Beispiel trug "grüne" Energie nur zu einem Viertel zum benötigten Strom bei, am 13. Januar war es genau umgekehrt. "Wegen solcher Schwankungen brauchen wir diese neuen netztechnischen Betriebsmittel wie Block 6", betonte Schwadtke. Für den Standort Irsching sprechen laut Werkleiter das kompetente Personal, die Infrastruktur, die 380-KV-Netzanbindung und eben der vorhandene Platz auf dem Gelände für Block 6.

Der Werkleiter erklärte auf Amanns Frage, dass Uniper alles zahle und nichts auf Stromkunden umgelegt werde. "Das ist kein Millionengrab." Und: "Den Stillstand der Blöcke vier und fünf haben wir nicht verschuldet." Genehmigt sei noch gar nichts, so Schwadtke. Uniper habe den Zuschlag erhalten, und es wurde seither nur bei der Regierung angefragt, was für ein Genehmigungsverfahren es sein wird. "Block 6 wird nicht so einfach hingebaut, es wird ein öffentliches Genehmigungsverfahren geben."

Bürgermeister Schmid moderierte die mitunter gegensätzlichen Meinungen, so gut es ging, stellte sich aber auch auf die Seite seiner Vohburger: "Ich verstehe, dass in der Bevölkerung nicht nur ,Hurra' geschrien wird." Er sagte auch: "Wir werden einem solchen Vorhaben nicht zustimmen, wenn es keine Umgehungsstraße gibt." Hier konnte Schwadtke aber trumpfen (siehe Kasten). Schmid betonte, er verstehe Unruhe und auch Unverständnis in der Bevölkerung darüber, dass die Blöcke vier und fünf nicht laufen, aber ein sechster gebaut werden müsse. "Es ist doch bekannt, dass Block fünf einer der effizientesten der Welt ist." Schwadtke erklärte, dass bestehende Anlagen bei der Ausschreibung nicht zugelassen waren. Das Bieterverfahren war übrigens streng geheim. Daher konnten Schwadtke oder Uniper die Bevölkerung oder auch den Stadtrat nicht vorab informieren. Dies war dem Werkleiter auch vorgehalten worden. Amann: "Sind wir schon vor vollendete Tatsachen gestellt?"

Oliver Rechenauer (SPD) erkannte, dass eine Notwendigkeit für Block 6 bestehe, Konrad Pflügl (CSU) sagte, er verstehe die Bedenken der Irschinger, fordert aber einen Dialog in der nahen Zukunft. "Wenn Block 6 in zehn Jahren wie von Herrn Schwadtke gesagt auf maximal 1000 Betriebsstunden kommt, sind die Emissionen überschaubar." Es sei sicher schwierig, das Projekt aufzuhalten. Man solle daher zusammenarbeiten, damit am Ende etwas Gutes herauskomme. Amann forderte, wenn es so weit komme, solle die Belastung der Bürger so gering wie möglich ausfallen und die Sicherheit so hoch wie möglich.

Schmid lobte nach der Diskussion Schwadtke, der sich wacker geschlagen und vieles detailliert dargestellt habe. Schwadtke gab zu, er habe nicht erwartet, mit offenen Armen empfangen zu werden.Eine Straße als "Präsent"Vohburg (ok) Uniper-Werkleiter Oliver Schwadtke hatte in die Stadtratssitzung ein "Geschenk" mitgebracht. Eine Skizze, die mehrere Straßen zeigt, von denen eine als Umgehungsstraße gebaut werden könnte. "So würde die Ortsbebauung umgangen", sagte Schwadtke. Der Werkleiter spielte den Ball Bürgermeister Martin Schmid (SPD) zu: "Die Stadt Vohburg ist eingeladen, das Projekt mit- und weiterzuentwickeln. " Mit dem Ziel, die Straße möglichst schnell zu bauen. "Das können wir nur gemeinsam realisieren. "

Der Rathauschef verband diesen Ansatz gleich mit einer Bitte: "Können Sie die Gasölbevorratung nicht solange hinauszögern, bis die Straße gebaut ist? Dann wäre kein Irschinger Bürger von den Lkw-Fahrten betroffen. " Schwadtke erklärte, die Befüllung solle eh erst Ende 2019 beginnen. Die Forderung, die Bevorratung erst zu starten, wenn die Straße gebaut sei, sieht Schwadtke als "Herausforderung". Er sei gerne bereit, zu diskutieren und im kleineren Kreis auch tiefer in die Gesetze einzutauchen.

Das "Geschenk" kam aber nicht bei allen gut an, viele sahen es als Versuch, die Gemüter zu beruhigen. Schwadtke: "Was haben Sie denn gedacht, was ich noch mitbringen könnte? " Er gab zu, von den überwiegend negativen Reaktionen im Gremium "enttäuscht" zu sein, er habe sich vor allem in Bezug auf die angedachte Umgehungsstraße positivere Reaktionen gewünscht.

Xaver Dietz (CSU), der Block 6 "nicht so dramatisch" sieht, fragte Schwadtke, ob er es gern sähe, wenn bei ihm Zuhause jeden Tag Lkw vor seinem Fenster vorbeiführen. Er mahnte aber auch mehr Miteinander an: Man solle den anderen so behandeln, wie man selber behandelt werden wolle. Vielleicht sei es so möglich, eine Win-win-Situation zu finden, für beide Seiten das Beste herauszuholen.

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