Ingolstadt
"Pi mal Daumen hilft uns nicht weiter"

Finanzreferent Fleckinger fordert vor der heutigen Etatdebatte eine Reform der Baurichtlinien

21.11.2018 | Stand 02.12.2020, 15:11 Uhr
Das wird teuer: Der triste, 1974 bezogene Anbau des Reuchlin-Gymnasiums (r.) wird verschwinden. Doch Abriss und Neubau plus die Sanierung des Altbaus (Baujahr 1893) kosten deutlich mehr als vom Stadtrat genehmigt: statt 28 Millionen mindestens 38 Millionen Euro. In der nächsten Etatdebatte wird darüber ein ernstes Wort zu reden sein. −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) 630,2 Millionen Euro hat die Stadt Ingolstadt im kommenden Jahr zur Verfügung für sämtliche Pflichtaufgaben, laufende Kosten und Investitionen. Ob die Summe des Etats 2019 wohl ausreichen würde, um die Westliche Ringstraße komplett zu untertunneln? So könnte man spaßeshalber fragen. Doch um solche Scherze geht es nicht, wenn die Stadträte heute ab 14 Uhr im Finanzausschuss über den Haushalt 2019 debattieren.

In der öffentlichen Sitzung stellt Finanzreferent Franz Fleckinger - seit 2017 im Amt - den Entwurf des Etats vor, der Anfang Dezember von der Vollversammlung verabschiedet wird. Gerade angesichts der aktuellen Diskussion über teure Bauprojekte steht der Ressortchef vor einer fast unlösbaren Aufgabe: Auf der einen Seite werden in der städtischen Finanzplanung Jahr für Jahr Millionensummen für große Bauvorhaben veranschlagt, auf der anderen schafft es die Verwaltung gar nicht, das Pensum abzuarbeiten. Und was tatsächlich umgesetzt wird, kostet viel mehr als erwartet.

"Wenn am Ende nur 50 Prozent verbaut sind", sagt der Referent, "brauch ich keine Finanzplanung." Alle großen Projekte hätten, was die Kosten angeht, zuletzt "deutlich über den Prognosen" gelegen, so die Kritik des Finanzchefs. "Es ist dringend notwendig, die städtischen Baurichtlinien zu überarbeiten. Wir brauchen eine deutlich bessere Kostenschärfe, so können wir nicht weitermachen." Fleckinger fordert, dass bei gravierenden Kostensteigerungen wie etwa beim Neubau des Kunstmuseums "dem Stadtrat rechtzeitig eine Neukalkulation" vorgelegt werden müsse. Denn: "Pi-mal-Daumen-Kostenschätzungen helfen uns nicht weiter."

Wie weit der Referent heute mit seiner Absicht kommt, "dem Stadtrat glaubwürdige Zahlen vorzulegen", wird die Debatte zeigen. Die Voraussetzungen sind jedenfalls immer noch günstig für größere Investitionen. Im Jahr 2017 mussten die kommunalen Ersparnisse nicht angetastet werden. Ganz im Gegenteil, die Rücklagen wurden sogar auf fast 400 Millionen Euro aufgestockt. Im laufenden Jahr sollten vom Ersparten knapp 150 Millionen entnommen werden, laut Fleckinger sind es voraussichtlich 98 Millionen.

Die erwarteten Einnahmen aus der Gewerbesteuer sind 2019 für Ingolstädter Verhältnisse bescheiden, sie sollen laut Etat bei 62,3 Millionen liegen. Im vergangenen Jahrzehnt war es manchmal um ein Vielfaches mehr. Die Prognosen zur Wirtschaftsentwicklung seien überall "gedämpft", sagt der Finanzchef, der für die nächsten Jahre jeweils Gewerbesteuer knapp unter 100 Millionen einplant. "Jetzt können wir nur hoffen, dass wir diese Steuereinnahmen halten können, meine erste Sorge ist die Gewerbesteuer."

Mehr Freude macht den städtischen Finanzpolitikern der kommunale Anteil an der Einkommensteuer, der unaufhaltsam wächst und 2019 voraussichtlich erstmals die 100-Millionen-Grenze übersteigt. Ebenso kontinuierlich wächst aber auch der Etatposten für die Personalausgaben. Für ihre Belegschaft gibt die Stadt nächstes Jahr 142,3 Millionen aus.

Noch etwas größer ist die Summe, die 2019 für Investitionen veranschlagt ist. So will die Stadt in Bauprojekte, Grundstücks- und Vermögenserwerb alles in allem 158,5 Millionen investieren. Wobei der Grundstückskauf durch das städtische Liegenschaftsamt leicht zurückgefahren werden soll. "Beim Einheimischenmodell tun wir uns schwer", gesteht der Finanzreferent. "Wir haben inzwischen eine Preisstruktur erreicht, da stößt man an Grenzen."

Schulen, Kitas, Kunstmuseum, Kongresszentrum, Straßen - an großen Projekten fehlt es nicht. Bis 2022 seien noch ausreichend Rücklagen vorhanden, um all das zu finanzieren. "Allerdings", so steht es in Fleckingers Papier für den Finanzausschuss, "sind diese dann annähernd vollständig aufgebraucht."

Theaterfreunde, die auf den zügigen Bau der Kammerspiele hoffen, brauchen noch viel Geduld. Da sei wohl nach den bisherigen Erfahrungen frühestens 2020/21 mit einer "realistischen Planreife" zu rechnen, glaubt Fleckinger, geschweige denn mit dem Start der Bauarbeiten oder der Theatersanierung. "Das ist aber nicht außen vor."