Ingolstadt
Flucht über 100 Kilometer

22-Jähriger mit psychischer Erkrankung rast über Autobahn und Bundesstraße

02.04.2019 | Stand 23.09.2023, 6:29 Uhr
Mit weit über 200 Sachen fuhr ein junger Mann am Montagabend der Polizei davon - und gefährdete etliche Verkehrsteilnehmer. −Foto: Eberl

Ingolstadt (DK) Über drei Autobahnen und die B16a ist am Montagabend ein 22-Jähriger mit teilweise weit über 200 Kilometer pro Stunde in seinem Auto gerast und hat andere Verkehrsteilnehmer extrem gefährdet. Er ließ sich auch nicht von mehreren Polizeistreifen, die ihn verfolgten, aufhalten. An seinem Wohnort im Landkreis Pfaffenhofen angekommen, nahm ihn die Polizei schließlich fest. Der junge Mann leidet offenbar an einer akuten psychischen Erkrankung.

Gegen 19 Uhr gingen am Montag die ersten Meldungen bei der Verkehrspolizei Feucht ein, dass sich im Nürnberger Raum ein schwarzer Audi von der A6 kommend auf der A73 (dem Frankenschnellweg) in sehr hoher Geschwindigkeit und die anderen Verkehrsteilnehmer gefährdend Richtung Ingolstadt bewegt. Kurze Zeit später befand sich das Auto schon auf der A9. Mehrere Streifenwagen der mittelfränkischen Polizei hefteten sich an seine Fersen - allerdings in gebührendem Abstand. Ein Fahrzeug war mit Videokamera ausgerüstet. Es filmte die Fahrt - viel mehr war aus Sicht der Polizei nicht möglich. Man habe für solche Situationen die interne Vorgabe, das Fahrzeug nicht zu sehr zu bedrängen und auch mit Blaulicht zurückhaltend umzugehen, erklärte gestern ein Sprecher. Schließlich solle der verfolgte Fahrer nicht noch weiter unter Druck geraten. "Lieber lässt man so einen davonfahren, als dass ein Verkehrsunfall passiert", sagte der Sprecher aus Feucht. Die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer sei das oberste Prinzip.

Denn wie stoppt man ein Fahrzeug, das mit teilweise deutlich über 200 Stundenkilometern über die Autobahn rast? Der Polizei gelang es am Montag nicht. Wie mehrere Beamte bestätigen, gibt es für solche Situationen auch keine speziellen Schulungen. Die Bandbreite an Eingriffsmöglichkeiten ist dabei gering. Da es am Montagabend schon dunkel war, hätte auch ein Helikopter, der in ähnlichen Fällen eingesetzt wird, nicht viel helfen können.

Schon nach wenigen Minuten war der Mann mit seinem Fahrzeug im Zuständigkeitsbereich der Ingolstädter Verkehrspolizei, die auch einen Wagen auf seine Fährte schickte. Nach der Ausfahrt Denkendorf versuchte diese Streife offenbar sogar, das Auto anzuhalten, doch der 22-Jährige zog einfach rechts am Polizeiauto vorbei und setzte seine gefährliche Fahrt fort, auf der er laut Polizei "mehrfach in höchst gefährlicher Weise überholte". "Zum Glück haben alle Verkehrsteilnehmer gut reagiert", sagte dazu ein Sprecher der Ingolstädter Verkehrspolizei.

Bis zur Ausfahrt Ingolstadt-Nord blieb der 22-Jährige auf der Autobahn, dann flüchtete er weiter auf der B16a Richtung Vohburg/Münchsmünster - ohne dass irgendjemand verletzt oder irgendetwas beschädigt wurde. An seinem Wohnort im nördlichen Landkreis Pfaffenhofen beendete er schließlich selbst die Fahrt. Für seine Fahrt über gut 100 Kilometer hatte er weniger als eine halbe Stunde gebraucht.

Als die Beamten ihn an seinem Wohnort in Gewahrsam nehmen wollten, wehrte er sich laut Polizei und bespuckte sie. Doch der Widerstand war vergeblich: Der junge Mann, bei dem eine akute psychische Erkrankung vorliegt, wurde zur Behandlung in die Psychiatrie gebracht. Ein Richter ordnete die Beschlagnahme von Führerschein und Fahrzeug an.

Die Verkehrspolizei sucht nun Zeugen, die am Montagabend unterwegs waren, als der junge Mann auf der Straße war. Sie werden gebeten, sich unter der Telefonnummer (0841) 9343-4410 zu melden.

"Er wollte sicher nicht den Konflikt mit der Polizei", sagte der Sprecher. Die Situation sei mit der psychischen Erkrankung des Mannes zu erklären. "Gottseidank haben wir so etwas nicht allzu häufig." Allerdings waren die Ingolstädter Polizisten erst vergangene Woche an einer ähnlichen Verfolgungsjagd auf der A9 beteiligt gewesen. Da waren drei Personen in einem gestohlenen Fahrzeug von Oberfranken nach Oberbayern geflüchtet. Diese Fahrt, bei der mehrere Dienstfahrzeuge der Polizei beschädigt wurden, endete nördlich von Garching auf einer Landstraße: Kurz nachdem der Fahrer ein ziviles Polizeiauto rammte, blieb das gestohlene Fahrzeug in einem Acker liegen.

 

Thorsten Stark