Reichertshofen
Explosionsgefahr bestand nie

Beim Gasaustritt in Reichertshofen hatten die Einsatzkräfte alles im Griff

24.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:20 Uhr
Wasser marsch in der Neuburger Straße: Die Freiwillige Feuerwehr Reichertshofen hielt die Fahrbahn nass, um eine Funkenbildung zu verhindern. Auf der rechten Seite des Bildes gut zu sehen: das entweichende Gas. −Foto: Foto: Herrmann

Reichertshofen (DK) Am Donnerstagabend gegen 21 Uhr herrschte in der Neuburger Straße in Reichertshofen wieder idyllische Ruhe. Zwei mit Barken abgegrenzte, mit Sand aufgefüllte Baulöcher waren die letzten Zeugen des Gasaustritts, der den Ort und die Einsatzkräfte über Stunden in Atem gehalten hatte.

Ein Bagger hatte bei Bauarbeiten auf einem privaten Grundstück eine Gasleitung beschädigt. Beim Versuch, das Gas abzusperren, wurde ein sogenannter "Ausbläser" zerstört. Da diese Leitung unter vergleichbar hohem Druck stand (vier bar), entwich unverhältnismäßig viel Gas

Am Tag danach hatte sich die Aufregung gelegt. Dabei hätte es weniger glimpflich ausgehen können. "Gas kann natürlich zu brennen beginnen, wenn eine Zündquelle kommt", erklärt Jürgen Lehner, Kommandant der Reichertshofener Feuerwehr. Ungefährlich sei ein solcher Gasaustritt nie. "Bei vier Volumenprozent in einem geschlossenen Raum besteht schon Explosionsgefahr". "Volumenprozent" bezeichnet das Maß für den Anteil eines Stoffes an einem Gemisch bezogen auf das Volumen.Speziell wurde der Einsatz, so Lehner, weil nicht wie in 99 Prozent der Fälle ein Hausanschluss leck war, sondern eine Hochdruck-Leitung. "Normale Einsätze bei einem Gasleck sind in einer halben Stunde vorbei", sagt Lehner. Am Mittwoch dauert es von der Alarmierung durch die Baufirma, die das Leck verursacht hatte, bis zum Ende des Einsatzes fast fünf Stunden.

"Ein Gasleck bei Bauarbeiten ist meist nicht so schlimm", sagte Bürgermeister Franken gestern. "Aber als ich kurz vor halb vier die Nachricht erhielt, es sind zwei Lecks und es wird evakuiert, bin ich sofort losgeradelt. Schon am Herzog-Heinrich-Platz habe ich das Gas gerochen." Franken ist froh, dass "alles gut gelaufen ist und die Einsatzkräfte alles im Griff" hatten. Die weiträumige Sperre war laut Franken gerechtfertigt: "Das Gewerbegebiet und die B13 liegen recht nah." Es war sogar der Notfallmanager der Bahn gekommen. Bald wurde der Radius des Sperrgebiets auf rund 100 Meter eingegrenzt. Nach letzten Probegasmessungen im angrenzenden Wohngebiet durften die Anwohner gegen 19 Uhr wieder in ihre Häuser. Von der befristeten Evakuierung waren elf Privathäuser und sechs gewerbliche Betriebe betroffen.

Verletzt wurde keiner der Anwohner, nur ein Feuerwehrmann, der wegen des Lärms am Gasleck Gehörprobleme bekam. "Er war beim Arzt, aber gegen Ende des Einsatzes schon wieder da", war Franken zufrieden. In der Mensa wurden übrigens nur drei Personen versorgt - die Angestellten eines Marktes im Gewerbegebiet, die ihre Autos vor dem Einkaufsmarkt geparkt hatten und die Motoren nicht starten durften. Der Rest der evakuierten Personen wurde laut Franken von Nachbarn oder Verwandten aufgenommen.

Der Rathauschef erhielt gestern Vormittag die Information von den Ingolstädter Stadtwerke, dass zwei weitere Ausbläser ausgetauscht werden sollen. Eine war von einem Bauarbeiter beim Versuch, das Gas abzudrehen, dermaßen beschädigt worden. Nur so konnte es auch zu diesem massiven Gasaustritt kommen.

Stadtwerke-Chef Hubert Stockmeier relativierte gestern: "Bei einem Druck von vier bar strömt viel Gas aus einem Leck. Explosionsgefahr besteht bei diesem Gas aber nicht. Es kann sich bei so einem Leck wie in Reichertshofen zwar entzünden, aber ganz sicher nicht explodieren." Und damit es brennen kann, brauche es auch ein bestimmtes Gas-Luft-Gemisch. Daher gab es ein Lob für die Feuerwehr: "Aus unserer Sicht hat die Feuerwehr alle richtig gemacht."

Hätte der Baggerfahrer nicht versucht, den Schieber, der sich dann als Ausbläser herausstellte, zu schließen und den Ausbläser dadurch abgeschert, wäre es ein kleines Gasleck gewesen. Und geblieben, wie so viele. Stockmeier: "Dann hätten wir alle das gar nicht mitbekommen." Der Teil der Gasleitung, die nach dem Absenken des Drucks auf 0,5 bar etwa 15 Meter vor dem Leck zusammengedrückt wurde, um die Gaszufuhr kurzfristig ganz zu stoppen, wird demnächst ausgetauscht. Die Leitungen bestehen aus Kunststoff und halten nach Aussagen von Stockmeier bis zu 16 bar Druck aus. Im Gasnetz existieren noch weitere dieser Ausbläser. Sie werden sukzessive durch neue Modelle ersetzt. Diese sind zusätrzlich verstärkt und können dann, sagt der Stadtwerke-Chef, nicht mehr so einfach über- oder abgedreht werden.

Neben dem Roten Kreuz, der Polizei und der Reichertshofener Wehr waren auch die Feuerwehren aus Baar und aus Ebenhausen im Einsatz. Da ein Reichertshofener Wagen in der Spektion war, schickte die Langenbrucker Feuerwehr ein Fahrzeug - für den Fall, dass ein zusätzlicher Einsatz nötig geworden wäre. Die Feuerwehr aus Freinhausen sperrte die B13 ab.

Oliver Konze