Ingolstadt
Die Düsseldorfer kommen

Eigentümer des Rietergeländes stellten Pläne im Nordosten vor: Wohnraum für geschätzt 3000 Menschen

06.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:47 Uhr
Protest vor dem TSV-Sportheim: Vertreter der Linken betrachten den Verkauf des Rietergeländes als versäumte Chance der Stadt. −Foto: privat

Ingolstadt (DK) Die Ära der industriellen Produktion auf dem Rietergelände ist zu Ende, ab jetzt haben die Stadtplaner und Investoren auf dem Areal zwischen Römerstraße, Nordpark und Friedrich-Ebert-Straße das Kommando.

Bei ihrer Vorstellung am Dienstag im Bezirksausschuss Nordost versicherten die neuen Eigentümer von der Düsseldorfer Gerch-Gruppe, großen Wert auf die Bürgerbeteiligung zu legen.

Auf viele Fragen von Anwohnern, was die denn künftig in ihrer Nachbarschaft zu erwarten hätten, musste Vorstandschef Mathias Düsterdick jedoch bei der Veranstaltung im Sportheim an der Wirffelstraße eine Antwort schuldig bleiben. "So konkret sind wir noch lange nicht", erwiderte er einer Bürgerin, "ich kann es Ihnen beim besten Willen nicht beantworten. " Düsterdick und zwei Kollegen seines Unternehmens stießen auf beachtliches Interesse bei den Menschen im Nordostviertel, was auch naheliegt, denn der Wandel auf dem rund 15 Hektar großen Gelände betrifft in irgendeiner Form den halben Stadtbezirk.

Die Gerch-Manager sind mit mehreren Projekten deutschlandweit unterwegs, "meistens gemischt genutzte Quartiere", wie Vorstandsmitglied Alexander Pauls sagte. Vergleichbar mit Ingolstadt sei etwa das Deutz-Quartier in Köln. In Nürnberg will die Gerch-Gruppe das ehemalige Quelle-Versandzentrum umwandeln in ein Wohn- und Büroviertel. Ein bereits "fertiges Produkt" des Düsseldorfer Unternehmens sei das Hochhaus IN-Tower am Ingolstädter Nordbahnhof.

Für das ehemalige Rieter- und Bäumler-Areal habe der Stadtrat im Dezember 2018 mehrere Eckpunkte festgelegt: Auf der Basis eines städtebaulichen Wettbewerbs soll der Bebauungsplan aufgestellt werden; der bestehende Grünzug vom Nordpark her wird verlängert durch das neue Quartier zur Friedrich-Ebert-Straße; das bislang abgeriegelte Areal soll insgesamt durchlässiger und mit Wegen erschlossen werden; Wasserturm und denkmalgeschützte Sheddachhallen bleiben erhalten; rund zwei Drittel der Nutzung dienen dem Wohnen, auch sozial gefördertem Wohnungsbau, ein Drittel für Büro, Gewerbe und kleinen Einzelhandel; kein großflächiger Einzelhandel; die zu erwartenden Altlasten werden komplett saniert. Voraussichtlich im ersten Quartal 2020 sollen die Ergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs vorliegen.

Erst dann habe man mit dem geeignetsten Architektenentwurf einen "Klötzchenplan", wie Düsterdick sich ausdrückte, und damit eine Übersicht über die Verteilung der Baumassen und Verkehrswege. "Gibt es eine maximale Bauhöhe? " Die Frage aus dem Publikum beantwortete der Gerch-Chef wie folgt: "Auch das ist Sache des Wettbewerbs, aber ich gehe nicht davon aus, dass es Hochhäuser gibt. " Wieviele Menschen einmal in dem Quartier leben sollen? Nur eine erklärtermaßen "ganz grobe" Schätzung der Investoren: Zwischen 2000 und 3000 werden es wohl sein.

Nach den Worten Düsterdicks bleibt die Gerch-Gruppe "nicht langfristig als Vermieter" tätig. "Wir sind Entwickler, wir verkaufen alles. " Linken-Politikerin Eva Bulling-Schröter, deren Partei das Rietergelände als verpasste Chance der Stadt betrachtet, erkundigte sich nach der Art des vorgesehenen Wohnungsbaus. "Je besser die soziale Durchmischung", erklärte Düsterdick, "desto besser der soziale Friede. " Bei einer weiteren Wortmeldung aus den Reihen der Linken fiel der Begriff der "Heuschrecken", von dem der Gerch-Chef sich aber distanzierte. "Mit Heuschrecken haben wir gar nichts zu tun, aber natürlich wollen wir Geld verdienen. " Zudem würden viele regionale Handwerker und Baufirmen von der Neubebauung des Viertels profitieren.

Anders als die Linken nutzten die Stadtratsmitglieder Christina Hofmann (CSU) und Achim Werner (SPD) die Gelegenheit, um die bisherige Vorgehensweise der Gerch-Gruppe in Sachen Rietergelände zu loben. "Das ist doch eine ganz wunderbare Veranstaltung", sagte Werner ans Publikum gewandt: "Für uns ist ganz wichtig, dass Sie von Anfang an mit im Boot sind. " Hofmann ergänzte: "Wir kümmern uns alle darum, dass eine gute Lösung rauskommt. "

Für ein anderes Thema, das ebenfalls nicht ganz unwichtig ist, blieb im Bezirksausschuss diesmal nur wenig Raum. Auf Antrag von Jochen Semle (Grüne) setzte sich das Gremium für den Erhalt von Flächen im zweiten Grünring ein. "Die Verdichtung ist bei uns gewaltig", sagte er. Anlass für die Forderung sind die Pläne für einen Schulstandort in Oberhaunstadt am Augraben, der jedoch zum Stadtbezirk Nordost gehört. Josef Wittmann (CSU) pflichtete ihm bei : "Das sollte in unserem Bezirk vorgestellt werden. "