Ingolstadt
Der Krieg geht weiter

Fast vier Jahre lang stand das Neue Schloss, die Residenz des Bayerischen Armeemuseums, nahezu leer.

03.06.2019 | Stand 02.12.2020, 13:49 Uhr
Die spektakuläre Inszenierung einer dramatischen Kampfszene aus dem 30-Jährigen Krieg mit dem aufwendig aus Lindenholz angefertigten Pferd könnte zum neuen Wahrzeichen des Museums werden (im Hintergrund litauische und polnische Soldaten vom Nato-Stützpunkt Ingolstadt). Die Kürassiere, Pappenheimer genannt (unten), sind gute alte Bekannte der Museumsbesucher. −Foto: Hammer, Cornelia, Ingolstadt

Ingolstadt (DK) In dieser Zeit haben zwei Historiker des Hauses die alte Dauerausstellung überarbeitet. Der erste Teil der neuen Schau wurde gestern feierlich eröffnet.

Man könnte fast meinen, der Beginn eines Krieges steht unmittelbar bevor, derart aufgeregt telefonierend läuft das Kabinettsmitglied in der Altstadt umher. 20 Minuten vor der Eröffnung der neuen Dauerausstellung des Bayerischen Armeemuseums stürmt Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) allein über die Theresienstraße. Als er fünf Minuten vor Anbruch der Feierstunde immer noch nicht im Neuen Schloss aufgetaucht ist, ziehen Museumsdirektor Ansgar Reiß und der Landtagsabgeordnete Alfred Grob (CSU) zusammen los, um Sibler zu suchen. Ohne den Minister ist hier keine Schlacht zu schlagen.

Sie finden ihn recht bald zwischen Baumaschinen auf dem Paradeplatz, immer noch engagiert telefonierend. Dann eilt Sibler ins Schloss.

Für die Würdigung der Dauerausstellung nimmt er sich dafür viel Zeit. "Historisch-wissenschaftliche Richtigkeit ist das A und O!", betont Sibler; er hat Geschichte und Deutsch für das Lehramt am Gymnasium studiert und kurz als Lehrer gearbeitet. Die Ausstellung biete "einen neuen, wichtigen Aspekt": Seriös und ansprechend dargestellte Militär- und Sozialgeschichte. Das Armeemuseum in Ingolstadt sei damit "mehr als nur ein Mosaikstein in der bayerischen Museumslandschaft".

Heute kommen noch ein paar Steine dazu. Da eröffnet Ministerpräsident Markus Söder das Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg.

Sibler hebt auch den besonderen Ort des Festakts im Neuen Schloss hervor: Er findet im Durchgang des Feldkirchener Stadttors statt, das von der Burg umgeben ist und erst im vergangenen September nach über 600 Jahren Abgeschiedenheit wieder feierlich zur Stadt hin geöffnet wurde; übrigens von Siblers sehr kurzzeitigen Vorgängerin Marion Kiechle (CSU), im Amt von März bis November 2018.

Es hat eine Weile gedauert, bis das 1879 von König Ludwig II. in München gegründete und 1972 in Ingolstadt neu eröffnete Bayerische Armeemuseum in die Moderne gefunden hat. Zuletzt wirkte es mit seinen teils noch auf der Maschine getippten Erklärtexten arg museal. Aber das ist jetzt Geschichte. Ende 2014 kam die alte Dauerausstellung raus. Seit dem Ende der Landesausstellung "Napoleon und Bayern" im Oktober 2015 stand das Schloss leer (von kleinen Sonderausstellungen abgesehen).

In der Zwischenzeit haben die Kuratoren Daniel Hohrath und Tobias Schönauer (beide sind wissenschaftliche Mitarbeiter des Hauses) alles neu überarbeitet, museumspädagogisch modernisiert und mit Hilfe der Museumswerkstatt sowie externen Kunsthandwerkern um neue Arrangements und eine sehenswerte Inszenierung bereichert. Teil eins der Ausstellung trägt den Titel "Formen des Krieges - 1600 bis 1815". An Teil zwei (bis 1919, dem Ende der bayerischen Armee) wird noch gearbeitet.

Ansgar Reiß dankt allen, die mitgewirkt haben, ausdrücklich auch den Kollegen in der Werkstatt sowie den Leiterinnen der städtischen Museen für die gute Kooperation. Und an alle Gäste gerichtet: "Ich bin gespannt auf ihr Urteil!" Es sei unmöglich und auch nicht das Ziel des Museums "im tiefsten Sinn zu erklären, warum Menschen Krieg führen". Aber man wolle an eine "wechselvolle Geschichte heranführen", orientiert an Fragen wie "Wo kommen wir her? Was sollen wir zeigen?" Die Geschichte biete uns einen "fernen Spiegel", der Fremdartiges und Vertrautes reflektiere.

Den Festvortrag hält Prof. Marian Füssel von der Universität Göttingen. Sein Thema ist die symbolische Ästhetisierung des Krieges im 16. und 17. Jahrhunderte als "Kriegstheater", stark geprägt von höfischen Kreisen. Die Schlachtengemälde aus dieser Zeit, die auch im Armeemuseum zu sehen sind - gewaltige Blutbäder in Öl mit geometrisch geordneten Linien - sollten die Planbarkeit und Überschaubarkeit der Kriegsführung suggerieren. "Eine Fiktion", sagt Füssel. Denn Krieg lasse sich nicht zähmen. Wer durch das Armeemuseum gehe, sollte sich dieser "Macht der Ästhetisierung auf den alten Bildern bewusst sein", und "unseren langen Frieden" seit 1945 um so mehr schätzen.

Von 4. bis 9. Juni 2019 ist der Eintritt in das Neue Schloss wegen der Neueröffnung der Dauerausstellung kostenfrei. Das Bayerische Armeemuseum ist dienstags bis freitags von 9 bis 17.30 Uhr, an Samstagen und Sonntagen von 10 bis 17.30 Uhr sowie an Feiertagen von 10 bis 17.30 Uhr geöffnet. Fällt ein Feiertag auf einen Montag, so ist das Museum geöffnet. Der Eintritt kostet 3,50 Euro (ermäßigt 3 Euro), sonntags 1 Euro. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Eintritt.